Jürgen Larisch läuft durch das Herzstück des Katastrophenschutzzentrums in Bitburg. Hier ist alles für den Ernstfall gerichtet. Zahlreiche mit Telefonen und Computern ausgestattete Arbeitsplätze, Whiteboards, Beamer, sogar Namensschilder stehen hier rund um die Uhr bereit. Nebenan sind Räume für Konferenzen, Büros und sogar eine Fernmeldezentrale.
Einsatzbeginn ohne Verzögerung
Der Brand- und Katatstrophenschutzinspekteur ist stolz auf das Gebäude. Denn wenn im Eifelkreis Bitburg-Prüm eine Katastrophe passiert, können Vertreter von Feuerwehr, Polizei, Hilfsorganisationen und Kreisverwaltung hier ohne Vorlaufzeit ihre Arbeit aufnehmen und regeln, wie und wo am effektivsten geholfen werden kann.
"Das Katastrophenschutzzentrum verhindert keine Katastrophe, gibt uns aber die Möglichkeit, besser auf solche Dinge zu reagieren."

Prägende Erinnerungen an Juli-Flut
Dass sich das Zentrum bewährt hat, zeigt die Flutkatastrophe vom Juli 2021. Wenn Jürgen Larisch daran zurückdenkt, wirkt er angespannt.
"Wir haben uns vorbereitet, aber wir hatten auch Glück. Je nachdem, wie stark uns das Unwetter getroffen hätte, hätte es auch hier Tote geben können."
Grenzen wurden sichtbar
Trotz aller Vorbereitungen sei die Einsatzleitung in der Flutnacht im Juli 2021 an ihre Grenzen gekommen. Personell und was die Ausstattung betrifft. Was ihn bis heute belastet: Ein Vorfall, bei dem THW- und Feuerwehrkollegen selbst in Gefahr gerieten, nachdem sie Menschen aus einem Haus vor den Fluten gerettet hatten.
Stundenlang hätten die Kollegen um ihr Leben fürchtend auf einem Autodach gesessen. In der Einsatzleitung habe man damals nur sporadischen Funkkontakt gehabt. Ein Hubschrauber zur Rettung konnte trotz aller Bemühungen nicht gefunden werden. Eine harte Belastungsprobe für alle Beteiligten.
"Da haben wir gesehen, wie wir solchen Naturgewalten ausgesetzt sind."
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Kommunikation ist das A und O
Um so eine Situation möglichst gut zu handhaben, müssen mehrere Dinge funktionieren, erklärt Larisch. Egal ob Waldbrand, Stromausfall oder eben eine Unwetterkatastrophe wie im Juli 2021: Die Kommunikation vom Lagezentrum zu den Helfern draußen sei das Wichtigste. Und die müsse aufrecht erhalten werden, komme was wolle.
Den Digitalfunk hält Larisch beispielsweise nicht für krisensicher. Das Problem dabei: Weil es unzählige Digitalfunkmasten im Eifelkreis gebe, sei es unmöglich, diese bei einem Stromausfall extern mit Strom zu versorgen. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm setzte man deshalb nicht nur auf den Digitalfunk, sondern auch auf den "alten" Analogfunk. Analogfunkmasten gebe es nur sechs. Diese könnten die Feuerwehren mit ihren Notstromaggregaten betreiben, sodass dadurch auch bei Stromausfall ein Austausch möglich sei.
Um im Notfall auf der sicheren Seite zu sein, plane der Kreis außerdem eine Satelliten-gestützte Kommunikation einzuführen. Die konnte bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr durch die Bundeswehr gestellt werden.
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Kreisverwaltung muss zwingend mit ins Boot
Bewährt habe sich vergangenes Jahr auch der sogenannte Verwaltungsstab in der Einsatzleitung. Landrat und Mitarbeiter der Kreisverwaltung waren im Katastrophenschutzzentrum vor Ort. Sie konnten nicht nur schnell Entscheidungen der Einsatzleitung absegnen, sondern auch aktiv unterstützen. Beispielsweise wenn es darum ging, Kontakt zu Baufirmen herzustellen und Bagger zu besorgen, um möglicherweise Schwemmgut unter Brücken zu entfernen.
Außerdem bildeten die Vertreter der Kreisverwaltung eine wichtige Brücke zwischen Orts-, Stadt- und Verbandsgemeindebürgermeistern und der Einsatzleitung. Die Bürgermeister könnten über einen zentralen Ansprechpartner beispielsweise melden, welche Hilfe sie benötigen. Diese Informationen könnten so gebündelt in der Einsatzleitung besprochen und verarbeitet werden.
Verbesserte Ausstattung notwendig
Um im Allgemeinen auf Großlagen besser vorbereitet zu sein, ist für Jürgen Larisch jedoch eins klar: Die Ausstattung der Feuerwehren müsse schnell verbessert werden. Von Sandsackfüllmaschinen über Schläuche bis hin zu Pumpen und Notstromaggregaten. All das müsse stets in ausreichender Form vorhanden sein. Zwar habe sich bei der Ausstattung in den vergangenen Jahren schon einiges getan, dennoch gebe es Schwachstellen.
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Geländegängige Fahrzeuge nötig
Zum Beispiel beim Thema "geländegängige Fahrzeuge". Die, so zeigte es die Flutkatastrophe, seien unerlässlich, um durch überflutete Straßen zu fahren. Sie eigneten sich aber auch, um unwegsames Gelände wie beispielsweise Waldflächen durchqueren zu können. Doch es gibt ein Problem.
Das Gewicht dieser Fahrzeuge entspricht samt Ladung nicht mehr den derzeit im Gesetz verankerten Vorschriften. Die Folge: Kommunen, die sich ein solches Fahrzeug anschafften, erhielten keine finanzielle Förderung vom Land, während ein normales Fahrzeug weiter gefördert werde. Verwaltungsbürokratie, die bei Larisch und seinen Kollegen für Unverständnis sorgt.
Schulungen für ehrenamtliche Retter erforderlich
Und auch, was das Thema Ausbildung betrifft, sei noch Luft nach oben. Denn die Helferinnen und Helfer arbeiten überwiegend ehrenamtlich. Um im Ernstfall effektiv helfen zu können, müssten sie aber auch richtig geschult sein. Jürgen Larisch wünscht sich für seine Leute insbesondere mehr Lehrgänge darüber, wie man in Großschadenslagen und bei bestimmten Gefährdungslagen, wie beispielsweise Waldbränden, vorgeht. Denn gerade die werden im Zuge des Klimawandels immer häufiger auftreten, ist sich der Fachmann sicher.
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Was Warnmeldungen und Co. betrifft, ist Jürgen Larisch froh, dass mit dem Sirenenförderprogramm von Land und Bund nun auch die Anzahl der Sirenen weiter ausgebaut wird. Ein Mix aus Sirenen, Lautsprecherdurchsagen der Feuerwehr sowie die Warn-Apps Katwarn und Nina sei eine sinnvolle Methode, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, wenn es brenzlig werde.
Panik vermeiden
Auch wenn viele Leute verständlicherweise mittlerweile bei Gewitter- und Unwetterwarnungen sensibel reagieren, der Brand- und Katatstrophenschutzinspekteur rät dazu, nicht gleich in Panik zu verfallen, denn nicht jedes Sommergewitter sei ein Unwetter.
Bei allem Unheil, das Katastrophen wie die Juli-Flut 2021 mit sich brächten, habe sich eins jedoch deutlich gezeigt: Dass es noch jede Menge Hilfsbereitschaft gibt.
"Bei der Juli-Flut war ich froh, in der Eifel zu sein. Hier gab es mehr spontane Helfer als Gaffer."
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Zusammenhalt der Menschen ist da
Wie sich die Leute damals gegenseitig geholfen haben, ob beim Aufräumen oder wenn es darum ging, Nahrungsmittel, Kleidung oder auch Bagger zu beschaffen, beeindruckt Jürgen Larisch bis heute nachhaltig.
Deshalb hat er auch das Gefühl, dass er sich bei der nächsten Großlage auf die Hilfsorganisationen, die politischen Entscheidungsträger aber eben auch Unternehmen und Bevölkerung verlassen kann. Und all das lässt den Brand- und Katastrophenschutzinspekteur etwas entspannter in die Zukunft schauen.