Worum ging es am Mittwoch im Stadtrat?
Was wird Bischof Bernhard Stein vorgeworfen?
Was sagt das Bistum Trier dazu?
Was sagen die Fraktionen im Stadtrat?
Wann könnte der Bischof-Stein-Platz umbenannt werden?
Erste Ergebnisse zur Rolle Bischof Steins im Herbst
Erste Ergebnisse zur Rolle Bischof Steins will die unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier im Herbst vorlegen. Das sagte der Vorsitzende der Kommission, der Jurist Gerhard Robbers, in der Stadtratssitzung.
Neben Robbers wurden zwei weitere Experten in der Sitzung gehört, die ihre Einschätzung zur Rolle Bischof Steins bei der Ahndung von sexuellem Missbrauch in seiner Amtszeit abgaben: Der Kriminologe Christian Pfeiffer und der Historiker und Sprecher der Betroffenen-Initiative MissBiT, Thomas Schnitzler. Einen entsprechenden Antrag hatten Bündnis90/Die Grünen, SPD, Linke und "Die Fraktion" gestellt.
Die Aussagen der drei Experten sollten dem Stadtrat bei einer späteren Entscheidung helfen, ob der Bischof-Stein-Platz umbenannt werden soll - und ob Bischof Stein die Ehrenbürgerwürde entzogen wird, hieß es von den vier Fraktionen.

Bischof Stein soll Missbrauchsfälle vertuscht haben
Bischof Stein soll mehrere Missbrauchstäter gedeckt haben. Zum ersten Mal hatte die Betroffenen-Initiative MissBiT im Februar 2020 brisante Dokumente vorgelegt. Das Bistum hatte den Opfern Zugang zu den Akten gewährt.
Es geht dabei unter anderem um den Pfarrer Alfred S., der in der Vulkaneifel bei Dutzenden von Kindern sexuell übergriffig geworden sein soll. Der damalige Offizial informierte Bischof Stein, dass ein Priester wiederholt "unzüchtige Handlungen an einem Jungen vorgenommen und dies auch zugegeben habe." Weiter schrieb er: "Es scheint mir untragbar, dass die genannten Verfehlungen ungesühnt bleiben."

Priester wurde in andere Pfarrei versetzt
Der Priester wurde aber nicht bestraft. Das zeigen Dokumente, die dem SWR vorliegen. Bischof Stein versetzte den Priester demnach in eine andere Pfarrei. Alfred S. missbrauchte weiter. Mehr als 20 Opfer soll es gegeben haben. Einer von ihnen ist Thomas Schnitzler von der Opfer-Vereinigung MissBiT.
"Es ist unerträglich, dass ein Platz nach ihm benannt wird."
Die Versetzung von Alfred S. war offenbar kein Einzelfall. "Nach unseren Erkenntnissen ist Bischof Stein massiv verstrickt in den Missbrauch seiner Amtszeit", so Thomas Schnitzler. "Wir haben allein 43 Täter ausfindig gemacht, die von ihm hätten kontrolliert werden müssen."
Bistum Trier: Diskussion um Umbenennung verfrüht
Man kenne die Dokumente und die Vorwürfe gegen Bischof Stein, heißt es vom Bistum. Eine unabhängige Aufarbeitungskommission werde die Rolle von Stein und anderen im Missbrauchsskandal beurteilen. Die Kommission hat im Sommer vergangenen Jahres ihre Arbeit aufgenommen.
Das Bistum hielt bislang die Diskussion um die Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes für verfrüht. "Bischof Stein kann sich nicht mehr dazu äußern", so der amtierende Bischof Stephan Ackermann in einem SWR-Interview im Januar 2021. "Man sollte sich wirklich Zeit nehmen, um möglichst viel Aufklärung zu betreiben", so Ackermann.
Grüne wollen schnelle Entscheidung im Stadtrat
Die Grünen als stärkste Fraktion im Stadtrat hatten bereits vor einem Jahr einen Antrag gestellt, den Bischof-Stein-Platz umzubenennen. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Es solle zunächst das Ergebnis der unabhängigen Aufarbeitungskommission abgewartet werden, hieß es damals.
"So lange wollen wir nicht mehr warten", so Grünen-Stadtrat Johannes Wiegel. "Man sollte den Opfern früher entgegenkommen und Genugtuung verschaffen." Mit der Experten-Anhörung am Mittwoch im Stadtrat erhoffen sich die Grünen, dass sich "die Skepsis oder der Vorbehalt bei dem ein oder anderen Stadtratsmitglied auflöst" und eine Mehrheit für eine Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes in der nächsten Stadtratssitzung im März zustande kommt.
"Die Politik ist in der Verantwortung, den Opfern ein Stück weit Gerechtigkeit zu verschaffen, wenn es die Kirche nicht tut."
Andere Fraktionen im Stadtrat noch uneins
In der CDU-Fraktion gab es vor der Sitzung noch keine klare Meinung dazu, ob der Bischof-Stein-Patz umbenannt werden soll. Die Fraktion wolle in der Anhörung im Stadtrat erfahren, "wie weit die Arbeit der Aufarbeitungskommission fortgeschritten ist", so Thorsten Wollscheid, Vorsitzender der CDU Trier.
"Es ist interessant zu wissen, welche Erkenntnisse die Kommission schon gesammelt hat und wie lange sich diese Arbeit noch hinzieht." Die CDU wolle erst einmal "die Fakten haben" und sich dann ein Bild machen. Die CDU-Fraktion will sich jetzt - nach der Experten-Anhörung - beraten.
Ob der Bischof-Stein-Platz umbenannt wird oder nicht, sollte keine parteipolitische Frage sein, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Sven Teuber. Jedes Stadtratsmitglied müsse sich individuell mit dieser Frage auseinandersetzen.
"Ich persönlich erhoffe mir nicht allzu viel Neues von der Experten-Anhörung im Stadtrat."
Seine Meinung dazu stehe fest: "Wenn sich abzeichnet, dass das noch mehrere Jahre dauert, halte ich es für nicht angemessen, dass man das noch länger hinauszögert."
Wenn die Grünen in der nächsten Stadtratssitzung im März erneut einen Antrag stellen, den Bischof-Stein-Platz umzubenennen, "dann wird es sicherlich eine große Unterstützung auch aus der SPD geben", so Teuber.
Missbrauchs-Skandal im Bistum Trier MissBit: Bischof nimmt es mit zügiger Aufarbeitung nicht ernst
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission will zunächst eine Studie in Auftrag geben, die alle Missbrauchsfälle erfasst. Eine Opferinitiative befürchtet langwieriges Verfahren.
Die AfD-Fraktion werde sich "mit kritischen Fragen in die Anhörung einbringen", so Fraktions-Chef Michael Frisch vor der Sitzung. Inwieweit neue Erkenntnisse gewonnen werden können, müsse sich erst zeigen. "Auf jeden Fall ist es uns wichtig, dass es zu keiner vorschnellen Verurteilung kommt, ohne dass vorher alle Fakten auf den Tisch gelegt und beide Seiten umfassend gehört worden sind."
Die AfD ist gegen eine Entscheidung über die Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes, solange nicht die innerkirchlichen Ermittlungen abgeschlossen sind. "Vorher dürfte es nicht möglich sein, sich ein wirklich fundiertes Urteil in dieser wichtigen Frage zu bilden", so Frisch.
"Dass der Bischof-Stein-Platz umbenannt werden muss, ist nur eine Frage der Zeit. Die Fakten liegen auf dem Tisch", so Marc-Bernhard Gleißner von den Linken. Das habe seine Partei auch bereits vor einem Jahr gesagt. Der Rat solle dann "relativ zügig" erneut über eine Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes abstimmen.
Die UBT-Fraktion werde nach der Anhörung im Stadtrat am Mittwoch eine Entscheidung treffen "bezüglich der Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes", so Ratsmitglied Christiane Probst vor der Sitzung. Noch gebe es keine Entscheidung in dieser Frage. "Wir hätten uns erhofft, dass die Aufarbeitungskommission zu einem schnelleren Ergebnis kommt", so Probst.
"Ich glaube nicht, dass da ein großer Mehrwert entstehen wird", so FDP-Fraktions-Chef Tobias Schneider mit Blick auf die Experten-Anhörung. "Die Informationen liegen auf dem Tisch."
"Es gibt Wichtigeres im Stadtrat zu diskutieren als eine Platzumbenennung."
Die FDP habe einen Kriterien-Katalog vorgeschlagen, nach dem die Stadt bei der Umbenennung oder Benennung von Straßen und Plätzen künftig vorgehen sollte. So könnten solche Dinge beschleunigt werden. "Leider ist da bislang nichts passiert", so Schneider. Wie sich die FDP-Fraktion bei einer erneuten Abstimmung zur Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes verhalten werde, könne er noch nicht sagen, so Schneider.
Von der Fraktion "Die Fraktion" im Stadtrat liegt trotz schriftlicher Anfrage des SWR bislang keine Stellungnahme vor.
Im März soll Stadtrat erneut abstimmen
Die Fraktionen im Stadtrat werden die Ergebnisse zunächst bewerten, so ein Sprecher der Stadt. Anträge auf Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes und Entzug der Ehrenbürgerwürde kämen möglicherweise in der nächsten Stadtratssitzung im März auf die Tagesordnung. Die Grünen haben bereits angekündigt, erneut einen solchen Antrag zu stellen.