Harald Michels (Foto: SWR)

Harald Michels hört nach 26 Jahren auf

Eine Ära geht zu Ende: Triers "Corona-Erklärer" geht in Rente

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Andrea Meisberger

Harald Michels ist ab kommenden Freitag nicht mehr Chef des Gesundheitsamtes Trier. Im SWR-Interview schaut er zurück - auch auf die Corona-Pandemie.

SWR Aktuell: Nach 26 Jahren als Chef des Gesundheitsamtes gehen Sie in den Ruhestand. Was werden Sie am meisten vermissen?

Harald Michels: Mich hat das immer sehr berührt, für meine Mitarbeiter da zu sein und auch von ihren persönlichen Schicksalen etwas zu erfahren und ihnen zu helfen, wenn es mir möglich war. Und ich habe mich immer für sie eingesetzt und versucht, sie voranzubringen.

Ihnen auch zu helfen, wenn es auch mal gesundheitliche Probleme bei ihnen selbst oder im familiären Umfeld gab. Einfach ihnen das Gefühl zu geben, auch in solchen Situationen für sie da zu sein. Und das menschliche Miteinander, das die Arbeit hier im Gesundheitsamt besonders gemacht hat, das wird mir fehlen.

Harald Michels Gesundheitsamt Trier (Foto: SWR)
Harald Michels legt nach 26 Jahren sein Amt als Chef des Gesundheitsamtes nieder und geht in Pension. Insgesamt verbrachte er 37 Jahre im Gesundheitsamt an den Standorten Wittlich, Prüm und Trier.

SWR Aktuell: Gibt es etwas, von dem Sie sagen, dass Sie froh sind, dass sie das nicht mehr machen müssen?

Michels: Schwierig geworden ist es, Fachpersonal zu bekommen. Wir finden nicht mehr das Personal, das wir benötigen. Und das ständige Ausschreiben und das wieder keinen Erfolg haben. Das macht einen mürbe und auch unzufrieden. Wenn dann plötzlich alle aus Altersgründen weggebrochen sind, dann ist es sehr schwierig, den Laden am Laufen zu halten.

SWR Aktuell: Sie sprechen schon den Personalmangel an. Den haben Sie ja immer wieder betont. Auch, dass die Infrastruktur schlecht war. Hat sich das geändert?

Michels: Trotz der Schwierigkeiten Personal zu finden, ist die Personallage besser geworden. Wir bekommen in den nächsten Jahren noch viel Geld. Wir können personell weiter aufrüsten und auch digital können wir uns besser aufstellen. Dazu haben wir auch schon ein Konzept erarbeitet. Wir wollen moderner werden.

SWR Aktuell: 1985 haben Sie beim damals noch staatlichen Gesundheitsamt Trier angefangen. Weitere Stationen waren Prüm und Wittlich, bis Sie schließlich 1996 als Chef im Gesundheitsamt Trier angefangen haben. Was waren die größten Herausforderungen für Sie in dieser Zeit?

Michels: Als ich 1985 angefangen habe, hatten wir die ersten Menschen, die sich mit AIDS infiziert hatten. Daraufhin haben wir im August angefangen, erste HIV-Untersuchungen anzubieten. Und ich kann mich daran erinnern, dass ich drei Personen hatte, die positiv waren und die auch schon Symptome hatten. Diese habe ich auch einige Zeit weiter dann betreut.

"Ich musste dann leider miterleben, dass alle drei gestorben sind. Das hat mich sehr betroffen gemacht."

Auch der Balkankrieg hat mich sehr betroffen gemacht. Ich war damals in Wittlich im Gesundheitsamt und habe in Traben-Trarbach die ersten Flüchtlinge untersucht, die aus dem Balkankrieg hier nach Rheinland-Pfalz kamen. Diese Menschen haben von Gräueltaten erzählt. Sie waren schwerst psychisch traumatisiert.

SWR Aktuell: Die Corona-Pandemie war ja auch für das Gesundheitsamt Trier eine große Herausforderung. Wie haben Sie das als Chef des Gesundheitsamtes erlebt, als es vor zweieinhalb Jahren losging?

Michels: Wir hatten damals lauter Fieberfälle in einer Aufnahme für Asylbegehrende, sodass ich gesagt habe, dass wir ein Lagezentrum einrichten müssen. Denn das waren so viele Fälle. Mit Hilfe unserer EDV-Abteilung wurde dann ein Lagezentrum eingerichtet. Unsere Forderungen nach viel Personal wurden ernst genommen, sodass wir schnell aufrüsten konnten.

Ich habe damals gesagt, dass ich Geld brauche, um Schutzsachen zu kaufen. Und wir waren ganz früh dabei, Sachen zu beschaffen, sodass wir noch was bekommen haben. Ich hatte noch Masken bei mir im Keller gefunden, die noch gut waren. Die hab ich dann in Arztpraxen usw. verteilt. So ist bei uns die Pandemie am Anfang sehr glimpflich verlaufen.

SWR Aktuell: In wie weit hat Sie das Amt als Chef des Gesundheitsamtes geprägt?

Michels: Es hat mich schon persönlich sehr geprägt. Vor allem die vielen Schicksale, die ich hier gesehen habe. Und mir war immer eins wichtig: Die Bürgerinnen und Bürger stehen im Mittelpunkt unserer Tätigkeit. Ich habe immer zu unseren Mitarbeitern immer gesagt:

"Wir werden von den Steuern der Bürgerinnen und Bürger bezahlt, also müssen wir auch für sie da sein."

Wir versuchen die Menschen immer mitzunehmen und das ist etwas, was auch in Zukunft beibehalten werden sollte.

SWR Aktuell: Was machen Sie nun, wenn Sie im Ruhestand sind?

Michels: Meine Frau und meine Kinder sind in den letzten Jahren zu kurz gekommen. In der Pandemie war ich jedes Wochenende immer im Büro. Bis auf die letzten paar Wochen, da hat sich die Lage etwas entspannt. Aber ansonsten war immer Samstags und Sonntags ein Lagebericht fällig, wo ich Daten von den Mitarbeitenden zusammenfügen musste und mit dem Lagezentrum in Kontakt war. Jedes Wochenende und jeden Feiertag.

"Da ist die Familie viel zu kurz gekommen. Ich kann meiner Frau nur danken, dass sie das so mitgemacht hat."

Sie hat es verdient, dass wir jetzt mal wieder gemeinsam Urlaub machen können mit unserem Hund. Da freue ich mich drauf.

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