Das ehemalige Bischöfliche Internat ist heute nicht mehr als eine Ruine, verborgen hinter wucherndem Unkraut. (Foto: SWR)

Aufarbeitung am früheren Gerolsteiner Internat

Bistum Trier legt Abschlussbericht zum Missbrauch am Albertinum vor

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Das Bistum Trier stellt am Freitag die Ergebnisse einer Studie zur Gewalt am Eifeler Internat Albertinum vor. Doch was dürfen Betroffene von diesem Abschlussbericht erwarten?

"Der Knast" - das war der Name, den die Schüler seinerzeit dem Albertinum gaben. Denn wie ein Gefängnis soll sich das Leben in dem früheren Bischöflichen Internat in Gerolstein angefühlt haben.

Von dem Gebäude ist heute nicht mehr übrig als eine Ruine. Die kirchliche Einrichtung ist seit 1983 geschlossen. Das, was die Jungen dort erlebt haben, prägt aber noch heute ihr Leben.

Betroffener: "Ein Ort des Leidens"

Marzellus Boos hat zusammen mit seinem Bruder neun Jahre hier verbracht: "Und sowohl er als auch ich haben diesen Ort als einen Ort des Leidens erlebt."

Die beiden Männer haben dort nicht nur ihre "Kindheit und ihre Jugend verloren", wie Boos sagt. Sein Bruder habe an das Albertinum auch sein Leben verloren. Wegen seiner traumatischen Erfahrungen im Internat habe er Suizid begangen, sagt Boos.

Bistum veröffentlicht 2020 einen Zwischenbericht

Gewalt, Demütigungen und auch sexuelle Übergriffe sind damals an der Tagesordnung gewesen. Das geht bereits aus einem Zwischenbericht zur Aufklärung der Vorfälle hervor, den das Bistum Trier im Herbst 2020 veröffentlicht hat.

25 mutmaßliche Betroffene kommen darin zu Wort. Sie erzählen von drakonischen Strafen, von physischem, psychischem und sexuellem Missbrauch.

Einzelhaft und Prügel für kleinste Vergehen

Schon für kleinste "Vergehen" seien die Schützlinge einzeln eingesperrt worden oder mit den Fäusten oder Stöcken verprügelt. Auch Übergriffe, etwa in den Duschen oder beim Schwimmen in der Kyll habe es gegeben.

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Marzellus Boos kann Hunderte solcher Geschichten erzählen. Eine geht so: Er kam einmal fünf Minuten zu spät zu Kaffee und Kuchen. Da habe der Direktor ihn "zehn bis fünfzehn Mal" ins Gesicht geschlagen, "vor versammelter Mannschaft". "Das sind Erlebnisse", sagt er "die vergisst man nicht."

Aufarbeitung erst nach Jahrzehnten

Dennoch mussten der pensionierte Lehrer und viele weitere Betroffene jahrzehntelang auf eine Aufarbeitung warten. Denn erst nach Medienberichten hatte das Bistum Trier 2019 die zwei Wissenschaftlerinnen Claudia Bundschuh und Bettina Janssen damit beauftragt.

Die Veröffentlichung des Abschlussberichtes verzögerte sich dann wegen der Corona-Pandemie mehrfach um Monate. Nun soll er am Freitag im ERA Conference Centre in Trier vorgestellt werden.

Betroffene fordern Wiedergutmachung

Was die Betroffenen davon zu erwarten haben? Marzellus Boos jedenfalls stört sich schon am Titel "Abschlussbericht", denn die Aufarbeitung der Vorfälle stehe doch auch nach der Untersuchung erst am Anfang: "Das solche Dinge einfach nur ad acta gelegt werden, das kann nicht hingenommen werden."

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Stattdessen fordert er, dass die Kirche und auch der Bischof sich die Schuld eingestehen und auf eine echte Wiedergutmachung hinarbeite.

Wer zu Unrecht im Gefängnis sitze, bekomme von einem zivilen Gericht auch 75 Euro pro Tag in Gewahrsam zugesprochen, sagt Boos. Und auch das Albertinum sei ja ein "Knast" gewesen.

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