Bei strahlendem Sonnenschein und kalten sieben Grad kraxelt Biowinzer Clemens Busch über kargen Schieferboden in seinem Weinberg in der Weinlage Pündericher Marienburg. An den Reben des Steilhangs stehen seine Lesehelferinnen und Lesehelfer. Seit zwei Wochen ernten sie bereits Trauben. Die werden in diesem Jahr ganz genau unter die Lupe genommen.
Denn zwischen den goldgelben Beeren und denen mit der gewollten Botrytis, der sogenannten Edelfäule, die dem Wein einen besonderen Geschmack verleiht, finden sich auch immer wieder schwarze, teils vertrocknete Beeren. Die Früchte wurden von der Schwarzfäule befallen, einem Pilz, den vor allem Biowinzerinnen und Biowinzer an der Mosel gut kennen, sagt der 64-Jährige.
Die Schwarzfäule sorge für bitteren Geschmack, den niemand im Wein haben will. Die Beeren müssen also akribisch aus der Traube herausgeschnitten werden, bevor sie im Eimer landen und später dann weiterverarbeitet werden.
Falscher Mehltau ist ein weiteres Problem
Es ist nicht das einzige Problem in diesem Jahr. Viel Regen und warme Temperaturen brachten noch eine weitere Krankheit in die Weinberge der Biowinzer: den falschen Mehltau. Er sei in diesem Jahr so schlimm gewesen wie seit dreißig Jahren nicht mehr, sagt Busch.
"Wenn die Beeren vom falschen Mehltau befallen werden, werden sie sehr locker, vertrocknen und fallen raus."
Biowinzer können nur bedingt reagieren
Zwar dürften Biowinzerinnen und Biowinzer ihre Reben mit pflanzlichen Mitteln und in geringen Mengen auch mit Schwefel und Kupfer behandeln. Das sei aber nur in einem engen Zeitfenster möglich. Damit das Spritzen helfe, müsse es kurz vor der Infektion erfolgen, erklärt Clemens Busch. Wer wie Clemens Busch 18 Hektar teils im Steilhang bewirtschaftet, hatte da wenig Chancen. Die Zeit war einfach zu kurz. Für einige Weinberge kam jede Hilfe zu spät.
"Natürlich schiebt man irgendwann Frust. Wenn ich durch einen Weinberg laufe, in dem fast 80 Prozent Verlust sind, dann lasse ich das meine Mitarbeiter machen und fahre in einen anderen Wingert. Ich möchte das Elend dann nicht sehen."

"Man weiß, was die Trauben in diesem Weinberg für einen Wein erzeugen können. Dass man dieses Erlebnis, diesen Wein zu probieren, nächstes Jahr nicht hat, tut einem schon oft weh."
Clemens Busch ist seit 1984 im Geschäft
Clemens Busch hat seinen Job als Biowinzer bislang trotzdem nicht bereut. Er betreibt seit 1984 ökologischen Weinbau und hat gelernt, mit den Launen der Natur zu leben.

Dass es nach mehreren guten Ernten in den vergangenen Jahren auch mal eine weniger gute Ernte gebe, das sei zu erwarten gewesen, sagt der 64-Jährige. "Wir haben die letzten Jahre so schön geerntet und haben auch trockene Sommer gehabt, die uns den Pflanzenschutz sehr leicht gemacht haben. Dass irgendwann mal ein Jahrgang kommt, der nicht so gut läuft, damit muss man rechnen. Das ist für mich auch arbeiten mit der Natur."
Der Geschmack der Trauben ist gut
Doch nicht alles ist schlecht im Jahr 2021. Es gibt einen Lichtblick: den Geschmack der Trauben. Der erinnert den Biowinzer an den Jahrgang 2010, der bis heute einen guten Ruf hat.
"Wir haben eine tolle Säure und eine wunderschöne Frucht. Und da freue ich mich. Wenn es schon weniger gibt, dann soll es wenigstens gut werden. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg."
Biowinzer hofft auf nächstes Jahr
Für die verbleibenden Tage der Riesling-Lese hofft Clemens Busch nun auf ruhiges, trockenes Herbstwetter. Danach, so sagt er, freut er sich auf das Ende des Herbstes. Wenn er den neuen Jahrgang begleiten und irgendwann auch probieren kann.