Bunte Coronaviren für die verschiedenen Varianten. (Foto: IMAGO, Christian Ohde)

Direkt die nächste Welle?

Warum die Corona-Zahlen in RLP wieder steigen und welche Folgen das hat

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Seit rund einer Woche steigen die Infektionszahlen in Rheinland-Pfalz wieder an. Dabei waren die Zahlen zuvor lange Zeit rückläufig. Steuern wir direkt in die nächste Corona-Welle?

Mitte Februar begannen die Fallzahlen in Rheinland-Pfalz deutlich zu sinken. Seit März scheint dieser Trend jedoch gebrochen. Seit Tagen steigen die Infektionszahlen wieder. Es scheint, als würde der Corona-Pandemie wegen des Krieges in der Ukraine kaum noch Beachtung geschenkt. Dabei ist die Pandemie noch nicht vorbei - im Gegenteil.

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Warum steigt die Inzidenz wieder?

"Dass die Infektionszahlen nach den Winterferien wieder ansteigen, ist keine Überraschung", sagt Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). Das sei von den Modellierern so auch prognostiziert gewesen. Nach dem Urlaub würden sich viele Menschen testen lassen.

Einen weiteren Grund für den schnellen Anstieg, könnte die wohl noch leichter übertragbare Omikron-Untervariante BA.2 darstellen, erklärt Pascal Kiss aus der SWR-Wissenschaftsredaktion. Man wisse auch aus anderen Ländern, dass diese noch ansteckender sei. Ihr Anteil an den Neuinfektionen nimmt weiter zu und könnte die Omikron-Welle laut Experten verlängern.

Gesundheitsminister Hoch gibt zu bedenken: "Entscheidend ist, nicht ausschließlich auf die Infektionszahlen, sondern vor allem auch auf die Auslastung des Gesundheitssystems zu schauen".

Wie ausgelastet sind unsere Kliniken?

Im Vergleich zu vorherigen Wellen sei der Anteil an Intensivpatienten deutlich geringer, sagt Andreas Wermter, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz. Die Kliniken im Land würden sich bereits seit Wochen mit verschiedenen Maßnahmen auf den zu erwartenden Anstieg der Fallzahlen vorbereiten. Sie entwickelten Konzepte mit teils drastischen Maßnahmen, wie dem Verschieben planbarer Eingriffe oder einem Besuchsverbot.

"Viel problematischer als die steigenden Corona-Zahlen ist jedoch der Ausfall von Personal", sagt Wermter. Durch Quarantänevorgaben oder fehlende Kinderbetreuung würden viele Fachkräfte fehlen. Daher sei es wichtig, dass weiterhin verlässliche Strukturen, wie Kitas und Schulen, zur Verfügung stehen.

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Hoffnung auf einen entspannten Sommer gebe es nicht. Das Personal sei nach mehr als zwei Jahren im Pandemie-Modus ausgelaugt und habe Erholung dringend nötig. Gleichzeitig werde es vermutlich wieder einen Anstieg der Fallzahlen geben, da bisher verschobene Behandlungen nachgeholt werden. "Ein Regelbetrieb wie vor der Pandemie ist auch in den kommenden Monaten nicht zu erwarten." Die Belastung der Beschäftigten bleibe nach wie vor hoch und könne sich durch die Auswirkungen der sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht noch verstärken, fürchtet Wermter. Aktuelle Zahlen zur Auslastung der Krankenhäuser gibt es hier.

Was erwartet uns im Sommer?

Die bereits erwähnte Omikron-Variante ist problematisch für den Sommer, gibt SWR-Redakteur Kiss zu bedenken. Im Vergleich zum vergangenen Sommer sei sie ungefähr bis zu 200 Prozent ansteckender. So werde uns Corona wohl auch bei wärmeren Temperaturen erhalten bleiben. Virologe Christian Drosten geht ebenfalls von einem nicht infektionsfreien Sommer aus. Ihm zufolge liegt das hauptsächlich am unzureichenden Impffortschritt und der weiterhin hohen Infektionstätigkeit.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte zuletzt sogar vor einer Sommerwelle bei den Neuinfektionen. Die Fachleute gingen laut Kiss nicht mehr davon aus, dass es im Sommer in den Kliniken noch einmal zu einem Problem käme. Wenn überhaupt, könne es im Herbst und Winter wieder zu einer wirklich spürbaren Welle kommen.

Kann man sich auf die aktuellen Zahlen verlassen?

Immer wieder ist von Meldeverzug und einer Dunkelziffer bei den Corona-Zahlen die Rede. Fakt ist: Die Gesundheitsämter verfolgen nicht mehr alle Kontakte. Zugleich fällt derzeit weiter mehr als jeder zweite PCR-Test positiv aus. Diese Quote sei relativ gleich geblieben und zuletzt auch wieder gestiegen, bestätigt Pascal Kiss. Je höher die sogenannte Positivrate ist, desto größer dürfte die Zahl der unerkannten Infektionen sein. Die Fallzahlen in Kombination mit den Daten zur Auslastung in den Kliniken würden jedoch weiterhin eine sichere Beurteilung der Lage ermöglichen.

Die Hospitalisierungsrate zeigt an, wie viele Menschen sich gerade mit einer Corona-Erkrankung in den Einrichtungen befinden. Doch sie hat eine Schwäche, gibt Gesundheitsminister Hoch zu bedenken. "Wir stellen fest, dass 50 Prozent von denen, die aktuell als infiziert entdeckt werden, wegen einer anderen Behandlung im Krankenhaus sind." Beispielsweise werde jemand mit einem Beinbruch eingeliefert und der darauffolgende Corona-Test sei dann positiv. Man erfahre durch die Hospitalisierungsrate also wie viele Menschen mit einer Infektion im Krankenhaus sind - doch das heißt nicht, dass sie auch wegen der Corona-Erkrankung dort sind.

Bringt der neue Impfstoff von Novavax eine Wende?

Seit dem 28. Februar kann man sich in Rheinland-Pfalz auch mit dem neu zugelassenen proteinbasierten Impfstoff von Novavax impfen lassen. Er wird in einem herkömmlichen Verfahren hergestellt, das dem der Grippe-Impfstoffe ähnelt. Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium gab am Mittwoch rund 16.200 Novavax-Registrierungen im Land bekannt. Zu diesem Zeitpunkt wurden laut Robert-Koch-Institut (RKI) bundesweit 4.672 Impfungen verabreicht. "Ein Großteil der Menschen im Land hat sich bereits mit einem der anderen vier Impfstoffe impfen lassen", erklärt Hoch. Daher wurde auch kein großer Schub für die Impfquote erwartet. Dennoch trage der Novavax-Impfstoff zu einer weiteren Immunisierung in der Bevölkerung bei.

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SWR