In der Kita "Unteres Münstertal" in Münsterappel (Donnersbergkreis) sitzt eine kleine Gruppe Kinder um einen bunten "sprechenden Wochenplan". Gemeinsam schauen sie sich alles an: Wie heißt welcher Wochentag, wann gibt es was zu essen und wann hat die Kita zu? Unterstützt werden sie dabei von Sprach-Fachkraft Kerrit Lücke.
Redeanreize für Kinder schaffen, Kita-Team schulen
Sie ist im Rahmen des Bundesprogramms "Sprach-Kitas" mit 19,5 Stunden in der Kita angestellt. Mithilfe des Wochenplans sollen Sprachanreize geschaffen werden, erklärt sie. "Da kommen die Kinder ins Gespräch miteinander," sagt sie im Gespräch mit dem SWR-Politikmagazin Zur Sache Rheinland-Pfalz. Lücke kümmert sich um alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita, ihre Aufgaben gehen aber auch darüber hinaus. Sie holt Informationen aus Fortbildungen ein und schult Kolleginnen und Kollegen: "Es ist nicht meine erste Aufgabe, mit den Kindern zu arbeiten, sondern Impulse ins Team zu bringen, um die Qualität der Arbeit fortlaufend zu verbessern."
Diese Zeit habe man im Kita-Alltag sonst nicht, sagt Lücke. "Das macht es auch so wertvoll." Doch nach jahrelanger Förderung steht das Programm "Sprach-Kitas" jetzt zum Ende des Jahres vor dem Aus, die Finanzierung der Sprach-Fachkräfte fällt damit weg. Eine Entscheidung, die die Kitas sehr kritisch sehen. Auch die Leiterin der Kita "Unteres Münstertal", Nina Windecker, kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: "Das bedeutet, dass Expertise wegfällt. Das bedeutet, dass die ganze Netzwerkarbeit, die Struktur, die aufgebaut wurde, das alles nicht mehr da ist", kritisiert sie. "Das ist ein Riesenverlust für uns und die Kinder", sagt Windecker. "Wir appellieren an die Politik, dass das Programm in dieser oder einer anderen Form weitergeführt wird."
Fachverband: Sehr erfolgreiches Programm
Auch der Kita-Fachkräfteverband Rheinland-Pfalz kritisiert die Entscheidung. "Das Programm war sehr erfolgreich", sagt die Vorsitzende Claudia Theobald. Rund zehn Prozent der Kitas im Land hätten daran teilgenommen. "Die Kinder haben sehr durch die zusätzlichen Kräfte profitiert. Darüber sind sich alle einig."
Sprache geschehe durch Interaktion. "Und da wir große Gruppen haben und wenig Personal, ist es einfach nicht möglich, mit jedem Kind so zu interagieren, dass die Sprache gut gefördert werden kann." Da seien die Sprach-Kitas mit den zusätzlichen Kräften klar im Vorteil gewesen. Für Theobald liegt der Schlüssel vor allem in der personellen Ausstattung der Kitas. "Das Land könnte diesen Erfolg sehen und lernen, dass mehr Personal in den Kitas nötig ist, um zum Beispiel gut alltagsintegrierte Sprachförderung machen zu können."
Hubig: RLP mit Sprachbeauftragten gut gerüstet
Auch Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) bedauert die Entscheidung aus Berlin. "Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass der Bund dieses Programm auch über das Jahr hinaus führt." Im Moment gebe es noch Verhandlungen zwischen Bund und Ländern darüber, die Förderung ein halbes Jahr länger laufen zu lassen. "Ich würde mich freuen, wenn sich der Bund dazu durchringen könnte, es nicht nur ein halbes Jahr, sondern noch länger aufzusetzen", sagt Hubig. Sollte dies nicht der Fall sein, sei Rheinland-Pfalz jedoch gut gerüstet, um mit der Situation umzugehen.
So sei in Rheinland-Pfalz festgeschrieben, dass es in jeder Kita Sprachförderung geben soll. Dazu sei ein Sprachbeauftragter oder eine Sprachbeauftragte in jeder Kita vorgesehen. So hätten die Träger der Einrichtungen die Möglichkeit, die bisherigen Sprach-Förderkräfte zu übernehmen und auf freie Stellen zu setzen. Das Sprachprogramm des Bundes habe nur einzelne Kitas gefördert, in Rheinland-Pfalz werde die Sprachförderung dagegen strukturell in allen Kitas verankert.
Verband: Zu wenig Zeit im Alltag
Das Modell der Sprachbeauftragten sieht der Kita-Fachkräfteverband jedoch kritisch. Integrierte Sprachförderung sei dem Land Rheinland-Pfalz zwar wichtig. "Aber das nützt alles nichts, wenn im Alltag keine Zeit ist, diese Dinge umzusetzen", so die Vorsitzende Theobald. Für die Beauftragten seien keine zusätzlichen Stunden eingeplant. "Selbst wenn wir weitergebildete Sprachförderbeauftragte haben in den Kitas, dann nützt das nichts, wenn die Fachkräfte keine Zeit haben oder zu wenig Zeit haben, um mit den Kindern zu sprechen und zu interagieren."
Ähnlich sieht das Konzept auch die Sprach-Fachkraft Kerrit Lücke. Sie kann in ihrer Einrichtung jetzt eine andere Stelle übernehmen und wird zukünftig wohl die Sprachbeauftragte werden. In der jetzigen Form könne sie ihre Aufgaben dann jedoch nicht weiterführen. "Das muss nebenbei laufen. Das kann nicht die Qualität haben wie das Bundesprogramm", sagt sie.