Ein Regionalzug steht im Bahnhof des Ortes im Wasser (Aufnahme mit einer Drohne). Der Strom viel aus und die Bahn blieb am Mittwoch (14.07.2021) liegen. Der Ort ist vom Hochwasser der Kyll überflute (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Schmitt)

Nach der Flutkatastrophe

So soll der Hochwasserschutz in RLP verbessert werden

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Die rheinland-pfälzische Landesregierung will Lehren aus der Flutkatastrophe ziehen und den Hochwasserschutz neu aufstellen. Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) hat dazu einen Sieben-Punkte-Plan vorgelegt.

Das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 sei nicht vorhersehbar gewesen, sagte die für Hochwasserschutz zuständige Umweltministerin. Die Erkenntnisse aus der Ahr-Flut hätten es dennoch nötig gemacht, die Aufstellung der Behörden bei der Hochwasservorhersage und der Hochwasservorsorge für das ganze Land zu überprüfen, so Eder. Das Ergebnis sei der Sieben-Punkte-Plan. Er sei "eine Weichenstellung, die festlegt, in welche Richtung wir in den kommenden Jahren arbeiten wollen", sagte die Ministerin.

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Hochwasserwarnungen sollen verständlicher werden

In Zukunft sollen Warnungen vor Hochwasser "unmissverständlich" formuliert werden, heißt es beispielsweise in dem Plan. Entsprechende Warntexte des Hochwassermeldedienstes werden demnach mit Expertinnen und Experten für Risikokommunikation erarbeitet. Bei der Aufarbeitung der Flutkatastrophe im Ahrtal war deutlich geworden, dass Warnmeldungen zum Teil nur schwer verständlich waren. Vor allem für Bürgerinnen und Bürger war es schwierig, zu erkennen, welche Gefahren für sie drohen und wie sie sich verhalten sollten.

Um Warnmeldungen zu optimieren, soll auch die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und der Hochwasservorhersagezentrale in Rheinland-Pfalz intensiviert werden. Ziel sei es, dass Warnkriterien besser aufeinander abgestimmt und möglichst einheitlich dargestellt werden, so die Ministerin.

Online-Angebot mit Hochwasserinformationen für Bürger wird ausgebaut

Für Bürgerinnen und Bürger soll insgesamt ein verbessertes, digitales Informationsangebot geschaffen werden - mit frei verfügbaren Informationen zur Hochwasser- und Starkregengefährdung, die ohne Fachwissen zu verstehen sind. Dazu sollen Angaben gehören, mit welchen potenziellen Überflutungstiefen an den betroffenen Orten zu rechnen ist.

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Verbesserungen sind auch für die Internetseite des Hochwassermeldedienstes geplant. Nach Angaben des Ministeriums werden hier Pegel-Warnungen und Warngebiete künftig auf einer gemeinsamen Karte erkennbar sein. Damit die Menschen die jeweiligen Hochwasserlage besser einordnen können, soll neben den gemessenen und vorhergesagten Wasserständen auch angegeben werden, wie diese Daten statistisch einzuordnen sind.

Ministerium will Stabilität der Pegel verbessern

Bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 sind laut Umweltministerium 19 Pegel zerstört oder beschädigt worden. Als Konsequenz wird nun überprüft, ob die Pegelstandorte sicherer gebaut werden müssen. Denkbar sei auch, dass für Extrem-Hochwasser der Bau eines zweiten, zusätzlichen Pegels erforderlich ist, um die Sicherheit der Hochwassermessungen zu gewährleisten. Für die Übertragung der gemessenen Daten wird zudem eine unabhängige Satellitenkommunikation geprüft. Die Datenübertragung per Telefon- und Mobilfunknetze war bei der Ahr-Flut vielerorts ausgefallen.

Durch den Klimawandel werde es zukünftig häufiger Extremwetterereignisse geben, sagte Ministerin Eder: "Auch wenn ein möglichst weitgehender Schutz unser Wunsch ist, muss man sich dennoch ehrlich eingestehen, dass es trotz der besten Vorsorge keine absolute Sicherheit gibt. Wir wollen und dürfen hier keine trügerische Sicherheit vermitteln." Was früher alle 100 Jahre aufgetreten sei, könne eine Generation nun mehrmals treffen - zumal die Erderwärmung weiter voranschreite.

Krisenforscher Roselieb: "Das ist kein großer Wurf"

Kritik an den Plänen der Landesregierung kam umgehend vom Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel, Frank Roselieb. "Das liest sich eher wie eine Absichtserklärung", sagte er im SWR-Interview. In dem Plan stehe sicher vieles Richtige drin, aber das Ganze sei sehr vage geblieben. Dies sein kein großer Wurf.

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Konkret kritisierte Roselieb, dass das Ministerium noch sehr stark auf der örtlichen Ebene denke. Katastrophen seien aber überörtliche Situationen, die man bewältigen muss. Dies sehe man an Begriffen wie "Wasserwehr" oder "Hochwasser-Partnerschaft", was sehr nach kommunalen Einrichtungen klinge. Auch seien die Warnmeldungen bei der Flutkatastrophe nicht das Problem gewesen. Das zuständige Landesamt habe seinen Dienst gut gemacht, "das Problem war der Umgang mit den Warnungen".

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