Natalie Brosch wird die Partei in Rheinland-Pfalz zusammen mit Stefan Glander führen. Die Wahl war nötig geworden, weil die bisherige Co-Landesvorsitzende Melanie Wery-Sims im August aus der Partei ausgetreten war.
Brosch sagte dem SWR, linke Politik sei für sie menschliche Politik. Die Grundbedürfnisse des Sozialismus wie Gerechtigkeit und Freiheit müssten wieder mehr in den Fokus gerückt werden. In ihrer Bewerbungsrede hatte sich Brosch kämpferisch gezeigt.
Der Protest gegen die hohen Energiepreise müsse auf die Straße. Es könne nicht sein, dass es immer mehr Tafeln in Deutschland gebe, Reiche aber nicht angemessen besteuert würden. Der Parteitag forderte die Landesregierung auf, einen Nothilfefonds zu schaffen für Menschen, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.
Linke beschließen anti-sexistischen Konsens
Beschlossen wurde auch eine sogenannte Richtlinie für einen anti-sexistischen Konsens in der Linken Rheinland-Pfalz. Diese sieht zum Beispiel vor, eine Anlaufstelle einzurichten und die Kreisverbände zu schulen. Die Landespartei hatte zuletzt mit dem Thema Sexismus Schlagzeilen produziert. Gegen den Kreisvorsitzenden im Rhein-Hunsrück-Kreis läuft ein Ausschlussverfahren wegen wiederholter sexistischer Äußerungen gegen Frauen. Außerdem hatte es im Landesvorstand einen Sexismus-Fall gegeben.
Der Parteitag verlief für Linken-Verhältnisse ungewöhnlich konfliktfrei. Zur Aussprache über den Bericht des Vorstands zum Beispiel gab es keine einzige Wortmeldung. Die neue Vorsitzende Natalie Brosch wertete den ruhigen Parteitag positiv: Dies zeige die Arbeit, die man im vergangenen Jahr geleistet habe.
Wissler ruft die Linken zum Zusammenhalt auf
Die Co-Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler, hatte zuvor auf dem Landesparteitag vor einer Spaltung der Linken gewarnt. Wissler sagte, die Partei sei in einer schwierigen Situation. Wenn die Linke es als Partei "verkacke", dann habe sie es möglicherweise auf viele Jahre und auf Jahrzehnte "verkackt" und zwar nicht nur als Partei, sondern als gesellschaftliche Linke insgesamt. Es müsse Schluss sein mit irgendwelchem Spaltungsgerede, forderte Wissler. Niemand habe das Recht, die Partei infrage zu stellen. Verschiedene Strömungen müssten Platz haben in der Linken. Vielfalt dürfe am Ende aber auch nicht zur Wählerverwirrung führen.
Wissler nannte Sahra Wagenknecht nicht beim Namen, aber die Warnung war offensichtlich auf sie gemünzt. Wagenknecht hatte mit einer Bundestagsrede zu den Russland-Sanktionen auch intern heftige Kritik ausgelöst. Der Bundesregierung hatte Wagenknecht im Bundestag mit Blick auf die westlichen Sanktionen gegen Russland vorgeworfen, "einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen". In den Debatten danach war bei den Linken auch von Spaltung und Zerfall die Rede.
Fünf Kreisverbände schicken keine Delegierten
Statt der rund 130 möglichen Delegierten waren nur etwa 90 Linke zum Parteitag nach Mainz-Finthen gekommen. Fünf Kreisverbände hatten nach Angaben eines Parteisprechers im Vorfeld keine Delegierten bestimmt. Die Plätze blieben leer. Seit Jahresanfang ist der Mitgliederstand der rheinland-pfälzischen Linken um 211 gesunken - auf aktuell 1.593. Die rheinland-pfälzische Linke ist nicht im Landtag vertreten. Seit vergangenem Jahr stellt die Landespartei mit Alexander Ulrich nur noch einen Bundestagsabgeordneten.
Linden: Zweifel an Regierungsfähigkeit der Linken
Der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden bezweifelt, dass die Linke in ihrem jetzigen Zustand auf Landes- oder Bundesebene regierungsfähig ist. "Wenn man in der Außenpolitik einen solchen Schlingerkurs fährt und sich nicht eindeutig zu einem russischen Angriffs- und Vernichtungskrieg äußern kann, dann wird es die Partei sehr schwer haben, im Westen überhaupt noch in irgendeinen Landtag zu kommen."