Die rheinland-pfälzische Polizei hat eingeräumt, die Hubschrauber-Videos aus der Flutnacht im Ahrtal zu spät dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe übermittelt zu haben. Das teilte das Innenministerium mit. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Eibner-Pressefoto | Joerg Niebergall/Eibner-Pressefo)

Ermittlungen nach Flutkatastrophe

Polizei gesteht zu späte Vorlage der Flut-Videos aus dem Ahrtal ein

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Die rheinland-pfälzische Polizei hat eingeräumt, die Hubschrauber-Videos aus der Flutnacht im Ahrtal zu spät dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe übermittelt zu haben. Das teilte das Innenministerium mit.

"Es ist einzuräumen, dass die Polizei bezüglich der Videos gegenüber dem Untersuchungsausschuss schon vor dem Beweisbeschluss vom 29. August 2022 vorlagepflichtig gewesen wäre," so die beiden zuständigen Polizeipräsidenten in einer Mitteilung des Innenministeriums. Bereits am Dienstag hatte das Ministerium das späte Auftauchen der Videos mit einer Art Missverständnis zwischen dem Polizeipräsidium Koblenz und der Hubschrauberstaffel erklärt.

Beide Stellen hätten deswegen zunächst gemeldet, dass keine Videos vorlägen, als vor etwa einem Jahr erstmals Akten angefordert wurden. Erst nachdem der Untersuchungsausschuss weiteres Beweismaterial bestellte, übergab die Polizei die Videos dem Innenministerium. Dort - so das Ministerium - habe man die Videos am 9. September 2022 erhalten und vorher nichts von deren Existenz gewusst.

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Ministerium: Lewentz wollte sich keinen Vorteil verschaffen

In der Mitteilung steht auch, warum Innenminister Roger Lewentz (SPD) die Videos erst im Untersuchungsausschuss zum ersten Mal gesehen habe. Lewentz hat demnach zwar gewusst, dass die Videos im Ministerium vorliegen. Er habe sich aber entschieden, diese nicht anzusehen, um sich keinen unzulässigen Vorteil im Vorfeld seiner Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss am vergangenen Freitag zu verschaffen.

Denn für Untersuchungsausschüsse sei vorgesehen, dass Zeugen die Durchsicht von Unterlagen nur zur Auffrischung ihrer Erinnerungen dienen solle. Die Zeugen sollten sich darauf beschränken, das wiederzugeben, was sie selbst wahrgenommen haben. Da das bei den Videos nicht der Fall gewesen sei, habe Lewentz sie vor der Sitzung auch nicht angeschaut, so das Ministerium.

CDU: Polizei soll für Versagen des Innenministers herhalten

Die CDU wertet die Mitteilung des Innenministeriums als Ablenkungsmanöver. "Jetzt soll die Polizei für das Versagen des Innenministers am Flutabend herhalten. Dahinter steht ein unanständiger Versuch, von der eigenen Schuld abzulenken", so CDU-Fraktionschef Christian Baldauf. Lewentz habe damals alle nötigen Informationen gehabt, um eine Katastrophe historischen Ausmaßes zu erkennen. So habe der Minister von einstürzenden Häusern und Menschen, die um ihr Leben kämpften, gewusst - aber nicht gehandelt.

Aus Sicht der Freien Wähler erklärt die Stellungnahme des Innenministeriums weiterhin nicht, warum es dazu kam, dass die Polizeipräsidien falsche Angaben zu den Videos gemacht haben.

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Wieso stellte Polizei Videos nicht direkt zur Verfügung?

Nach Angaben der Freien Wähler stellt sich unter anderem die Frage, warum die Staatsanwaltschaft die Videos nicht direkt von der Polizei zur Verfügung gestellt bekam und diese nun anfordern musste - über ein Jahr nach der Ahr-Flut. "Schließlich ist die Polizei Koblenz Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaft", so Stephan Wefelscheid, der rechtspolitische Sprecher der Freien Wähler. Dabei stehe es gerade nicht im Ermessen der Polizei darüber zu befinden, was wesentliche Unterlagen sind und was nicht. Von Justizminister Herbert Mertin (FDP) erwarten die Freien Wähler Auskunft darüber, wieso die Videos nicht bei der Staatsanwaltschaft ankamen.

Staatsanwaltschaft prüft Ausweitung der Ermittlungen

Kurz nach der Flutkatastrophe hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Es gibt laut der Behörde Anhaltspunkte dafür, dass "Warnungen verspätet und unzureichend waren und Evakuierungen möglicherweise zu spät und unzureichend angeordnet wurden". Bisher richten sich die Ermittlungen gegen den früheren Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, (CDU) und einen weiteren Verdächtigen. Geprüft werde nun, ob die Ermittlungen aufgrund der Videos womöglich ausgeweitet werden müssten, so die Staatsanwaltschaft.

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Im Untersuchungsausschuss des Landtags wird voraussichtlich kommenden Freitag entschieden, ob die Hubschrauber-Videos öffentlich gezeigt werden dürfen. Derzeit prüft das Innenministerium, ob sie dafür technisch so bearbeitet werden können, dass die Persönlichkeitsrechte der Menschen geschützt bleiben, die auf den Aufnahmen zu sehen sind.

Nach Ansicht der Opposition bringen die Aufnahmen die Darstellung von Innenministers Roger Lewentz (SPD) ins Wanken, wonach der Kreis Ahrweiler am Flutabend nicht als Einsatzschwerpunkt zu erkennen gewesen sei. Laut Lewentz gab es damals kein "belastbares" Lagebild.

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