Anstatt zu kündigen, haben sie unbezahlten Sonderurlaub beantragt und der wurde ihnen auch gewährt. In seinem Bericht 2022 sagt der Rechnungshof: Das ist rechtswidrig. Die Beamten hätten in den Ruhestand versetzt werden müssen. Die Konstruktion mit dem Sonderurlaub führt laut Prüfbehörde dazu, dass die Beamten im Alter eine höhere Pension erhalten. Einer dieser Beamten ist nach SWR-Recherchen der ehemalige Staatssekretär des Gesundheitsministeriums, Alexander Wilhelm (SPD).
Finanzlage von Städten und Kommunen Rechnungshof: RLP hat höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Länder
Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz hat am Dienstag seinen jährlichen Bericht zur Finanzlage von Städten, Gemeinden und Kreisen vorgestellt. Demnach haben die Städte, Gemeinden und Landkreise in Rheinland-Pfalz die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer.
Wilhelm war seit 2018 Staatssekretär - also ranghöchster Beamter - im rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium. Nach der Landtagswahl gab das Ministerium im Mai 2021 bekannt, dass Wilhelm als Geschäftsführer zum Landeskrankenhaus nach Andernach wechselt. Auf SWR-Anfrage teilte das Ministerium damals mit, dass Wilhelm nicht in den Ruhestand versetzt werde, sondern für seine Arbeit als Geschäftsführer des Landeskrankenhauses für fünf Jahre beurlaubt werde und in dieser Zeit kein Geld vom Land bekomme.
Umstrittene Konstruktion führt zu höheren Pensionsansprüchen
Diese Konstruktion bedeutet im Fall von Wilhelm: Als Geschäftsführer des Landeskrankenhauses bekommt er im Vergleich zu seiner Arbeit als Staatssekretär rund 80.000 Euro mehr pro Jahr, nämlich ein Jahresgehalt von mehr als 240.000 Euro (Quelle: Beteiligungsbericht des Landes: Grundvergütung + erfolgsabhängige Vergütung, die in den vergangenen Jahren immer gezahlt wurde). Da das Land ihn nur beurlaubt, bleibt er weiterhin Beamter des Ministeriums. In einem solchen Fall erhöhen sich laut Rechnungshof die Pensionsansprüche gegenüber dem Land, obwohl derjenige nicht mehr als Staatssekretär arbeitet.
Mögliche Mehrausgaben von bis zu einer Million Euro pro Person
Um wie viel Euro sich die Alterspension bei Wilhelm erhöht, ist unklar. Der Rechnungshof kommt bei den von ihm geprüften Fällen zu dem Ergebnis: Dass die Staatssekretäre nicht in den Ruhestand versetzt, sondern beurlaubt wurden, führe in einem Fall dazu, dass die Person im Alter bis zu 49.000 Euro mehr Pension erhalte - und zwar pro Jahr. Je nachdem wie alt diese Person wird, sind das für den Steuerzahler allein in diesem Fall Mehrausgaben von voraussichtlich mehr als einer Millionen Euro, die nach Ansicht des Rechnungshofes vermeidbar sind.
Der Präsident des Landesrechnungshofs, Jörg Berres, sagte dem SWR: Es entstehe der Eindruck, dass es bei diesen Konstruktionen vor allem darum gehe, den Betroffenen die höheren Pensionsansprüche als Beamte zu erhalten.
Drei Ministerien gewährten Sonderurlaube von bis zu 10 Jahren
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass insgesamt drei Ministerien mehreren Staatssekretären auf ihre eigenen Anträge hin Sonderurlaube von bis zu zehn Jahren oder sogar unbefristet gewährt haben. In allen Fällen geht der Rechnungshof davon aus, dass diese Art der Freistellung rechtswidrig war.
Die Ministerien sehen das anders. Laut Bericht des Rechnungshofs argumentieren sie unter anderem: Eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei in keinem Fall möglich gewesen. Dazu muss man wissen: Eine Ruhestandsversetzung von Staatssekretären setzt nach Beamtenrecht voraus, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn gestört sein muss. Die Ministerien sagen aber, das Vertrauensverhältnis habe bei allen Betroffenen "uneingeschränkt fortbestanden". Zudem führen die Ministerien an, dass in allen Fällen die Absicht bestehe, dass die jeweiligen Staatssekretäre wieder in ihr Amt zurückkehren.
Rechnungshof zweifelt an Darstellung der Ministerien
Der Rechnungshof glaubt das aber nicht. Er hat festgestellt, dass die Ministerien in allen Fällen den Betroffenen schriftlich mitgeteilt haben, dass sie mit ihrer Beurlaubung aus dem Amt als Staatssekretär "ausscheiden" würden. Zudem seien in den Haushaltsplänen weder Leerstellen noch Planstellen für die Rückkehr der Betroffenen vorgesehen. Und: Wenn es sich tatsächlich um eine Freistellung auf Zeit handeln würde, dann müsste die Abwesenheit der Betroffenen mit einem Vertreter überbrückt werden. Laut Rechnungshof ist den jeweiligen Nachfolgern das Amt aber nicht nur für eine "Zwischenzeit", sondern unbefristet übertragen worden.
Der Rechnungshof fordert deshalb zu prüfen, die sogenannten Sonderurlaube zurückzunehmen und darüber nachzudenken, die Betroffenen doch in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
Landesregierung bestätigt: Drei hohe Beamte beurlaubt worden
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat dem SWR bestätigt, dass sie drei ranghohe Beamte beurlaubt hat, damit diese extern in Unternehmen arbeiten können. Alle drei Beamte sind von der SPD. Statt ihnen zu kündigen, wurde den drei ranghohen Beamten sogenannter Sonderurlaub gewährt, um in Unternehmen zu arbeiten, an denen das Land Rheinland-Pfalz beteiligt ist. Einer von ihnen ist, wie oben bereits erwähnt, der ehemalige Staatssekretär des Gesundheitsministeriums, Alexander Wilhelm. Außerdem handelt es sich den Angaben zufolge um den ehemaligen Staatssekretär im Innenministerium, Jürgen Häfner, der bis heute Geschäftsführer der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH ist. Der dritte Betroffene ist der Ex-Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Salvatore Barbaro, der beurlaubt wurde, um eine Vertretungsprofessur an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität anzutreten.