Am ersten September sind einige Alten- und Pflegeheime in Rheinland-Pfalz teurer geworden. Zum einen, weil Pflegende seit September mehr Lohn bekommen. Das wurde lange gefordert und im Tariftreuegesetz nun umgesetzt. Zum anderen zahlen viele Heimbewohner und ihre Familien nun mehr, weil allgemein die Kosten für Lebensmittel und Energie gestiegen sind.
Vielerorts müssen die Bewohnerinnen und Bewohner dafür pro Tag 1,40 Euro mehr bezahlen: 90 Cent mehr für die Unterkunft und 50 Cent für die Verpflegung. Also Mehrkosten von rund 42 Euro im Monat. Die Pflegegesellschaft Rheinland-Pfalz teilte dem SWR mit, dass damit jedoch lediglich die inflationsbedingten Kostensteigerungen für Energie und Lebensmittel, die bisher angefallen sind, aufgefangen würden.
Energiepreise steigen um bis zu 600 Prozent
Allerdings bezweifelt der Leiter des Wormser Senioren- und Pflegezentrums Burkhardhaus des Caritasverbandes, dass die Erhöhung von 1,40 Euro auf längere Sicht ausreicht, um die steigenden Kosten zu decken. Sebastian Rutten von der Pflegegesellschaft beobachtet bereits jetzt, dass in Einrichtungen Energiepreissteigerungen von 500 bis 600 Prozent zu verzeichnen seien. Dies hänge aber noch davon ab, wann die Verträge der Einrichtungen und eventuelle Preisbindungen auslaufen, sagte er dem SWR. Die Pflegegesellschaft sei bereits mit den Pflegekassen in Gesprächen darüber, wie derartige, erhebliche Energiepreiserhöhungen umzusetzen sind. "Tatsache ist, dass Einrichtungen die Preisentwicklungen im Bereich der Lebensmittel und vor allem der Energie nicht ohne Refinanzierung tragen können", so Rutten.
Nicht nur die Kosten für die Bewohner würden weiter steigen, sondern ebenso die Kosten für die Einrichtung selbst. Dabei liegt der Eigenanteil, den Bewohner von Pflegeheimen in Rheinland-Pfalz zu leisten haben, schon jetzt über dem Bundesdurchschnitt. Weitere Preiserhöhungen dürften viele Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen in Not bringen.
Energie-Rettungsschirm für Pflegeheime?
Ein Vertreter der Dernbacher Gruppe Katharina Kasper, die mehrere Heime in Rheinland-Pfalz unterhält, fürchtet, dass die Einrichtungen die Preise irgendwann nicht mehr in vollem Umfang weitergeben können, weil sie zu hoch sind. Der Leiter der Moseltal Seniorenresidenz in Koblenz erwartet daher vom Bund einen "Energie-Rettungsschirm" für Einrichtungen wie seine. Würde hier analog zum Corona-Rettungsschirm nichts passieren, werde es nach seiner Einschätzung in Deutschland keine Einrichtung geben, die das wirtschaftlich tragen könne.
RLP soll für gerechte Kompensation sorgen
Auch die Pflegegesellschaft fordert von der Politik eine gerechte Kompensation für die Heime, ohne dass diese ihre Bewohner zusätzlich belasten müssen. Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein hätten im Bundesrat bereits einen Vorstoß für ein entsprechendes Gesetz gemacht. "Wir fordern auch das Land Rheinland-Pfalz auf, sich solchen Anliegen anzuschließen."
Aus dem Sozialministerium heißt es dazu auf Nachfrage, dass sich "die Landesregierung auf Bundesebene für zielgerichtete Maßnahmen zur Entlastung der Bewohnerinnen und Bewohner" einsetze, etwa durch eine Anpassung der Leistungen der Pflegekassen. Außerdem enthielten die Entlastungspakete der Bundesregierung bereits eine Reihe von Maßnahmen, um Bürgerinnen und Bürger von steigenden Energiekosten zu entlasten. Könnten die Pflegekosten nicht aus eigener Kraft getragen werden, springe die Sozialhilfe ein.
Angst, dass Einrichtungen den Pflegeplatz kündigen, weil der Bewohner oder die Bewohnerin nicht mehr zahlungsfähig ist, sollte nach Angaben der Pflegegesellschaft niemand haben. Die Einrichtungen seien sich ihrer hohen Verantwortung für die Bewohner bewusst. "Sofern es zu Ausfällen aufgrund von Zahlungsunfähigkeiten der Bewohner kommt, die nicht durch einen anderen öffentlichen Kostenträger (Sozialhilfe) kompensiert werden, fordern wir von der Politik einen Ausgleich." Keine Einrichtung habe ein Interesse daran, Bewohnern ihren Pflegeplatz zu kündigen.
Rheinland-Pfalz will zudem prüfen lassen, ob die derzeitigen Regelungen des speziellen Kündigungsschutzes für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) des Bundes ausreichend sind.