Nach Veröffentlichung der Flut-Videos

Opposition fordert Rücktritt von Lewentz - Dreyer lehnt ab

Stand

Die Videos aus der Flutnacht im Ahrtal sorgen weiter für heftige Diskussionen. Die beiden größten Oppositionsparteien im Landtag sehen die Ministerpräsidentin am Zug. Die steht hinter Innenminister Lewentz.

In der Diskussion um die erst kürzlich aufgetauchten Polizeihubschrauber-Videos aus der Flutnacht im Ahrtal wird der Ruf der Opposition nach einem Rücktritt von Innenminister Roger Lewentz (SPD) lauter. Trete der Sozialdemokrat nicht von sich aus zurück, müsse Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ihn entlassen, forderten die beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU und AfD im rheinland-pfälzischen Landtag, Christian Baldauf und Michael Frisch, am Mittwoch.

Dreyer stellt sich hinter Lewentz

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer lehnt die von der Opposition geforderte Entlassung ihres Innenministers wegen der Flutvideos ab. Die Staatskanzlei teilte dem SWR mit, die Ministerpräsidentin vertraue dem Innenminister. Lewentz habe zu den Vorgängen rund um die Flutvideos ausführlich Stellung genommen - gemeinsam mit dem Innenministerium und den zuständigen Polizeipräsidenten.

Auch Lewentz sieht keinen Grund für einen Rücktritt

Lewentz selbst hatte zuvor einen Rücktritt im Zusammenhang mit den überraschend aufgetauchten Polizeivideos aus der Flutnacht abgelehnt. Lewentz sagte im SWR, er habe die Videos des Polizeihubschraubers in der Flutnacht nicht gesehen. Ihm hätten in der Nacht lediglich vier Bilder einer Handykamera aus dem Hubschrauber vorgelegen - diese Bilder hätten ein sehr starkes Hochwasser gezeigt - sie seien aber statisch gewesen.

Opposition kontra Lewentz

Die Opposition im Mainzer Landtag hatte auch am Mittwoch Lewentz massiv kritisiert. Wer solche Polizeivideos nicht als Handlungsaufforderung begreife, sei fehl am Platz, erklärte Baldauf. Lewentz habe alles Vertrauen verspielt.

Frisch erklärte, unabhängig davon, was Lewentz in der Flutnacht von den Videos gewusst habe oder nicht, sei sicher, dass sein Polizeiapparat am Abend des 14. Juli 2021 ein klares Lagebild der historischen Flutkatastrophe gehabt habe. Auf Basis dieser Erkenntnisse hätten die Menschen gewarnt und viele Todesopfer am Unterlauf der Ahr vermieden werden können.

Auch der Obmann der Freien Wähler im Landtags-Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe, Stephan Wefelscheid, kritisierte Lewentz scharf. Dessen Einschätzung, dass diese Videos nicht als Beleg für eine Katastrophe angesehen werden könnten, sei nicht nachvollziehbar.

Polizei-Videos befeuern Rücktritts-Debatte

Das Innenministerium hatte am Dienstag in Mainz Journalisten drei Videos gezeigt. Menschen und Hinweise auf bestimmte Häuser waren zuvor verpixelt worden. Die Filme zeigen Aufnahmen von den Ahr-Dörfern Mayschoß bis Schuld zwischen 22:14 Uhr und 22:43 Uhr in der Flutnacht auf den 15. Juli 2021. Ganze Landstriche stehen unter Wasser.

Befragung der Helikopter-Besatzung

Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte mit, dass Ermittler damit begonnen haben, die Besatzung der Polizeihubschrauber zu befragen. Seit Dienstag seien Angehörige der in Winningen an der Mosel stationierten Hubschrauber-Staffel gehört worden, darunter auch ein Pilot.

Feuerwehrverband verteidigt Lewentz

Der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes, Frank Hachemer, sagte, die einseitige Beschäftigung mit den Videoaufnahmen verschleiere die komplexe Lage in der Flutnacht. Hätte man versucht, das gesamte Ahrtal zu evakuieren, hätte dies wegen überlasteter Straßen und einer möglichen Massenpanik noch zu weitaus mehr Todesfällen führen können.

Hachemer äußerte darüber hinaus den Verdacht, dass der damalige Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), sich gegenüber Lewentz als souveräner Krisenmanager habe darstellen wollen. In der Einsatzzentrale des Kreises habe Pföhler womöglich gezielt den Eindruck erwecken wollen, alles im Griff zu haben.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt bereits seit mehr als einem Jahr gegen den ehemaligen Landrat und einen weiteren Verdächtigen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Pföhler wies die Vorwürfe stets zurück.

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Der Präsident des Landesfeuerwehrverbands geht davon aus, dass eine Evakuierung des Ahrtals in der Flutnacht zu mehr Toten geführt hätte. Er verteidigt damit den in der Kritik stehenden Innenminister Lewentz. Andere Experten sehen das nicht so.

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