Rechtsstreit um Rennstrecke

EuGH: Nürburgring-Verkauf muss neu geprüft werden

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Im Rechtsstreit um den Verkauf des Nürburgrings hat der Europäische Gerichtshof Zweifel an der Diskriminierungsfreiheit des Bieterverfahrens geäußert. Die EU-Kommission hätte dieses förmlich prüfen müssen, so das Gericht.

Wenn sich die Zweifel des EuGH bestätigen, würde sich das zugunsten der beiden Kläger, dem Verein "Ja zum Nürburgring" und dem US-Unternehmen Nexovation, auswirken. Sie wollten die Strecke selbst erwerben, kamen aber nicht zum Zuge. Den Zuschlag für die Anlage erhielt der Autozulieferer Capricorn für rund 77 Millionen Euro. Wenn das Bieterverfahren nicht frei von Diskriminierung war - Capricorn also ohne sachlichen Grund den Zuschlag erhielt - läge darin eine unzulässige staatliche Beihilfe.

Fehlendes Prüfverfahren beim Nürburgring-Verkauf

Es habe "Anlass zu Bedenken" gegeben, die die EU-Kommission hätten veranlassen müssen, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, teilte der Europäische Gerichtshof am Donnerstag mit. Dieses Prüfverfahren müsse nun nachgeholt werden. Der Beschluss der EU-Kommission von 2014 wurde damit für nichtig erklärt. Die damalige Prüfung hatte ergeben, dass das Bieterverfahren beim Verkauf offen, transparent und diskriminierungsfrei und der Preis marktgerecht gewesen seien.

Europäischer Gerichtshof in Luxemburg (Foto: dpa Bildfunk, Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa)
Im Streit um den Verkauf des Nürburgrings sind die Kläger bis vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gezogen. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

EuGH: Zu Unrecht von gedeckter Finanzierung ausgegangen

Das sehen die obersten europäischen Richter anders: Der Fehler sei gewesen, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Kaufangebot von Capricorn von einer Bank garantiert gewesen sei. "Dieser Fehler lässt Zweifel an der Diskriminierungsfreiheit des Bietverfahrens aufkommen", so das Gericht. Das höhere Angebot von Nexovation sei wegen fehlenden Finanzierungsnachweises ausgeschlossen worden.

Somit war der Nürburgring günstiger als möglich verkauft worden. Ob und inwiefern der Verkauf "mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe" verbunden war, müsse die EU-Kommission nun erneut prüfen, so das EuGH. Zu welchem Ergebnis und zu welchen Auswirkungen ein neues Prüfverfahren führt, steht noch nicht fest.

"Das Verkaufsverfahren ist nun endgültig als Farce entlarvt."

Der Vorsitzende des Vereins "Ja zum Nürburgring", Dieter Weidenbrück, äußerte sich zur Erklärung des europäischen Gerichtshofs und sah darin eine Bestätigung seiner Kritik am Verfahren. Es sei für den Verein nicht nachvollziehbar, "warum erst die letzte Instanz bemüht werden musste, um die offensichtlich unzureichende Finanzierungslage der Käufer korrekt einzuordnen. Das Verkaufsverfahren ist nun endgültig als Farce entlarvt." Weidenbrück setzt nun Hoffnung in das neue Prüfverfahren: Bei der neuen Prüfung der EU-Kommission dürfte es kaum möglich sein, die damalige Finanzierung als gesichert und somit den Verkaufsprozess als fair und EU-konform einzuordnen.

Nexovation hofft auf neues Bieterverfahren für Nürburgring

Das klagende US-Unternehmen Nexovation begrüßte über einen beauftragten Beihilferechtsexperten die "klaren Worte" der EU-Richter. Komme die EU-Kommission bei ihrer neuen Prüfung zum Ergebnis, "dass der Erwerber den Ring nicht zu Marktkonditionen erworben hat und damit rechtswidrig staatliche Beihilfen geflossen sind, ist der alte Kaufvertrag nichtig. Dann muss es ein neues Bieterverfahren geben".

Die CDU-Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag sprach von Ansatzpunkten des höchsten EU-Gerichts, dass es 2014 beim Verkauf des Nürburgrings nicht mit rechten Dingen zugegangen sei und Steuergeld verschwendet worden sein könnte.

Landesregierung: Verkaufsvorgang war Sache des Insolvenzverwalters

Das rheinland-pfälzische Finanzministerium erklärte, dass der Verkaufsvorgang selbst nicht durch das Land, sondern durch einen Insolvenzverwalter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgt sei. "Ob und wie sich die Aufforderung des Gerichtshofs an die Kommission auf den Verkaufsvorgang im Insolvenzverfahren und den Erwerber auswirkt, bleibt abzuwarten."

Der Verein "Ja zum Nürburgring" erklärte, sein Ziel sei es, die Rennstrecke womöglich über eine Stiftung der Öffentlichkeit noch mehr zugänglich zu machen. Es sei wichtig, die "Zukunft des automobilen Kulturguts und den Zugang für den Breitensport langfristig sicherzustellen". Ein Investor sei nur auf die Gewinnerträge der Anlage aus.

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SWR