Die Zahl der Corona-Infizierten in Rheinland-Pfalz steigt unaufhörlich und ist so hoch wie nie zuvor. Mehrere Zehntausend sind gerade wissentlich oder unwissentlich infiziert. Das macht sich auch in den Krankenhäusern im Land bemerkbar. Dort werden immer mehr Patienten und Patientinnen positiv getestet, die eigentlich wegen anderer Krankheiten behandelt werden. Nun stellt sich die Frage, ob diese Menschen bei der Hospitalisierungsinzidenz mitgezählt werden sollen oder nicht.
Die Idee der Hospitalisierungsinzidenz
Die aktuellen Zahlen
Die aktuelle Situation in den Kliniken
Die Versorgung von Corona-positiven Patienten und Patientinnen
Rückschlüsse auf die Hospitalisierungsinzidenz
Die Bewertung der Politik
Das Fazit
Die Idee der Hospitalisierungsinzidenz
Jeder Patient, der wegen einer Covid-19-Erkrankung in eine Klinik kommt oder dort positiv auf das Coronavirus getestet wird, ist meldepflichtig. Die Hospitalisierungsinzidenz zeigt auf, wie viele Menschen in den vergangenen sieben Tagen eingeliefert und im selben Zeitraum positiv getestet wurden. Sie wurde eingeführt, um die Entwicklung der schweren Erkrankungen zu beobachten, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu erkennen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Klinikbetrieb aufrecht erhalten und die medizinische Versorgung gewährleistet werden können. Da nun immer häufiger Menschen erst in den Krankenhäusern positiv getestet werden, steigt die Hospitalisierungsinzidenz aktuell stark an, zeigt aber nicht an, ob die Patientinnen und Patienten an Covid-19 erkrankt sind oder nur mit Corona infiziert.
Die aktuellen Zahlen
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat am Freitag, 28.1.2022 eine Hospitalisierungsinzidenz von 4,5 für Rheinland-Pfalz gemeldet. Darin sind Nachmeldungen noch nicht berücksichtigt. Das heißt, fast fünf von 100.000 Menschen im Land liegen mindestens mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus.
Im Gegensatz dazu unterscheidet der Wochenbericht des rheinland-pfälzischen Landesuntersuchungsamts (LUA) Patienten, die mit einer Infektion oder wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus liegen. Mit Stand 26.1.2022 meldet das LUA, dass in den vergangenen sieben Tagen 213 Menschen mit einer nachgewiesenen Corona-Infektion in die Krankenhäuser eingeliefert wurden. Davon wurden aber nur 75 aufgrund ihrer Covid-19-Erkrankung stationär aufgenommen. Was bedeutet, dass 138 Menschen wegen anderer Krankheiten aufgenommen wurden, gleichzeitig aber auch eine Corona-Infektion haben. Die Hospitalisierungsinzidenz bei denjenigen, die wegen Covid-19 behandelt werden, liegt somit bei 1,8, also knapp zwei von 100.000 Patienten und Patientinnen werden wegen Covid-19 behandelt.
Die aktuelle Situation in den Kliniken
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier merken die Verantwortlichen, dass die hohe Zahl an Infizierten in der Bevölkerung sich auch bei den Patienten und Patientinnen niederschlägt: "Die Anzahl der Corona-Patienten auf der Normalstation steigt an. Die Patienten kommen aber teils mit anderen Erkrankungen ins Krankenhaus und werden positiv getestet", sagt Tim Piepho, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin. Gleichzeitig sei die Zahl der aufgrund von Covid-19 intensivmedizinisch behandelten Menschen deutlich gesunken. Ähnlich sieht es im Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein in Koblenz und der Unimedizin Mainz aus.
Im Klinikum Ludwigshafen stellt sich die Situation etwas anders dar. Das momentane Sicherheitskonzept sehe vor, dass Corona-positive Patienten vor ambulanter/stationärer Behandlung aussortiert werden. "Positive Testergebnisse führen dann dazu, dass die Behandlung der betreffenden Patienten - falls medizinisch vertretbar - auf einen späteren Zeitpunkt nach der Infektion verschoben wird." Somit hätte die Klinik "keine Patienten, die Corona als 'Begleiterkrankung' mitbringen". Das gelte jedoch nicht für Notfallpatienten, die auch mit einer Corona-Infektion behandelt werden würden. Wie viele das sind, dazu macht das Klinikum keine Angaben.
Die Versorgung von Corona-positiven Patienten und Patientinnen
Fast alle angefragten Klinikverbünde teilten dem SWR mit, dass Corona-positive Patienten und Patientinnen einen erheblichen Mehraufwand bedeuteten. "Die Behandlung von Corona-Patientinnen und -Patienten erfordert ein hohes Maß an medizinischer und pflegerischer Expertise sowie die strikte Einhaltung umfangreicher Hygienemaßnahmen zum Schutz unserer Mitarbeitenden und übrigen Patienten und Patientinnen", teilt die Universität Mainz mit. Doktor Piepho aus Trier bewertet die Lage ähnlich. Unabhängig davon, ob Menschen wegen einer Covid-Erkrankung oder mit einer Corona-Infektion behandelt würden, sei der Pflegeaufwand bei positiv getesteten Menschen fast immer gleich hoch.
Im Klinikum Ludwigshafen ist die Situation hingegen relativ entspannt. Von dort heißt es: "Entgegen der Prognosen sind die Zahlen momentan fast unspektakulär stabil." Aktuell seien 23 Patienten wegen Covid-19 bei ihnen in Behandlung, davon sechs auf Intensivstation. "Wir versorgen alle Covid-Fälle auf einer eigenen Covid-Station, so dass die anderen Bereiche in unserem Haus ihrer 'normalen' Arbeit nachgehen können ohne den Mehraufwand der Covid-Versorgung mittragen zu müssen."
Rückschlüsse auf die Hospitalisierungsinzidenz
Nun stellt sich die Frage, ob alle Menschen, die positiv auf Corona getestet wurden, in die Inzidenz einfließen sollten, wenn der Sinn der Hospitalisierungsinzidenz darin liegt, den Betrieb in den Kliniken zu gewährleisten. Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein und die Unimedizin Mainz sprechen von einem "erheblichen Mehraufwand" aller positiv Getesteten. Für das Gemeinschaftsklinikum sei daher die absolute Zahl relevant, auch wenn die Hauptdiagnose, die zur stationären Behandlung geführt habe, eine abweichende sei. Daher spreche man sich dafür aus, alle Menschen die positiv getestet sind, in die Statistik aufzunehmen.
Die Bewertung der Politik
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums teilt die Auffassung der Kliniken in Mainz und Koblenz: Patienten, die mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus lägen, erforderten den gleichen Personalaufwand wie Patienten, die wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert worden seien. Deshalb sei es sinnvoll, solche Patienten in der Hospitalisierungsinzidenz zu berücksichtigen. Da diese ein Gradmesser für die Belastung der Krankenhäuser durch Corona sei.
Das Fazit
Wenn also der ursprüngliche Zweck der Hospitalisierungsinzidenz - die Überlastung der Klinikmitarbeitenden zu verhindern - in den Fokus genommen werden soll, bietet es sich an, alle Corona-positiven Patienten und Patientinnen abzubilden. Denn es geht nicht nur um die medizinische Versorgung, sondern vor allem auch um die Pflege der Menschen, die aufwändiger ist und dadurch fast überall eine deutliche Mehrbelastung der Klinikmitarbeitenden verursachen. Wenn es jedoch um die Covid-19-Erkrankung nach einer Infektion geht, dann kann die Inzidenz des LUA, aufgeschlüsselt nach Corona-Infizierten und Covid-19-Erkrankten, herangezogen werden.