Krise am Energiemarkt

Welle von starken Strom- und Gaspreiserhöhungen in RLP angelaufen

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Götz Kohlmann

Mehrere Energieversorger in Rheinland-Pfalz haben zum 1. August die Strom- beziehungsweise Gaspreise erhöht. Dazu gehören der Koblenzer Energieversorger evm und die Ludwigshafener TWL.

Teils fallen die Erhöhungen drastisch aus. Bei weiteren Unternehmen stehen sie erst noch bevor. Die Versorger hatten die Erhöhungen ihren Kunden bereits vor Wochen angekündigt. Sie reagieren damit auf die weltweit stark gestiegene Nachfrage nach Energie, das verknappte Angebot und die dadurch historisch hohen Beschaffungspreise.

Entscheidend verstärkt wird die kritische Situation durch den Krieg in der Ukraine und die gedrosselte Gaszufuhr aus Russland. Hier ein Überblick, welche Pläne ausgewählte Energieversorger im Land haben:

In einer Mitteilung der Koblenzer evm heißt es, zum 1. August ändere sich ihr Strompreis von 30,25 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 35,90 Cent. Der Grundpreis erhöht sich auf 15,90 Euro pro Monat. Der Erdgaspreis ändert sich von 8,10 Cent pro kWh auf 14,90 Cent pro kWh; der Grundpreis erhöht sich auf 18,90 Euro pro Monat. Für einen gewöhnlichen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von rund 3.500 kWh Strom ergeben sich daraus Mehrkosten von rund 21 Euro im Monat. Bei einem Jahresverbrauch von durchschnittlich 15.000 kWh Erdgas sind es rund 91 Euro im Monat mehr. Es handelt sich jeweils um Bruttopreise inklusive Mehrwertsteuer.

Als einer der ersten Energielieferanten in der Pfalz erhöhen auch die Technischen Werke Ludwigshafen (TWL) ab dem 1. August den Preis für Erdgas und Strom. Die TWL teilten mit, es sei unumgänglich, die rasant gestiegenen Gas-Beschaffungspreise an die Kunden weiterzugeben.

Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Verbrauch von 18.000 Kilowattstunden pro Jahr müsse mit monatlichen Mehrkosten von etwa 75 Euro rechnen, so die TWL. Beim Strom falle die Preiserhöhung moderater aus: Hier seien im Schnitt 4 Euro mehr im Monat fällig.

Preisanpassung bei E.ON von fast 50 Prozent mehr

Beim Münchner Versorger E.ON werden die Preise in der Erdgas-Grundversorgung in Rheinland-Pfalz zum 1. August ebenfalls erhöht. Bisher gelte in dem Bundesland in der Grundversorgung für einen beispielhaften Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 18.000 Kilowattstunden (kWh) Erdgas ein Arbeitspreis von 8,662 Cent brutto pro kWh, ab dem 1. August 2022 betrage dieser 13,497 Cent pro kWh. Der Grundpreis bleibe unverändert. Das entspreche für den beispielhaften Verbrauch insgesamt einer Anpassung von etwas über 48 Prozent. Die massiven Steigerungen bei den Beschaffungspreisen für Energie würden sich leider zwangsläufig stark auf die Endkundenpreise niederschlagen, teilte ein E.ON-Sprecher dem SWR mit.

Auch der Grundversorger OIE aus Idar-Oberstein erhöht zum 1. August die Preise für Strom und Gas. Die OIE versorgt fast alle Gemeinden im Kreis Birkenfeld und einige Gemeinden im Kreis Kusel. Beim Strom entspreche die Erhöhung für einen beispielhaften Haushalt etwa fünf Prozent. Beim Erdgas betrage die Anpassung etwa 34 Prozent.

Andere Versorger wollen spätestens ab Januar 2023 die Preise erhöhen

Die Stadtwerke Trier teilten auf SWR-Anfrage mit, sie rechneten derzeit mit einer Erhöhung des Strompreises um 30 und des Erdgas-Preises um 50 Prozent. Der Zeitpunkt der Anpassung stehe noch nicht fest.

Die Stadtwerke Speyer, die Pfalzwerke und Pfalzgas erwarten Preissteigerungen erst für Anfang 2023. Diese werden sehr deutlich ausfallen: In Zukunft wird bei Pfalzgas das Gas um 40 Prozent teurer werden. Und ein Ende der Preisspirale sei nicht absehbar, so ein Sprecher. Von den Pfalzwerken hieß es, bereits in den vergangenen Monaten seien bei Gas-Kunden Anpassungen der Abschläge vorgenommen worden. Beim Strom erwarte man eine Preiserhöhung im kommenden Jahr.

Die Stadtwerke Speyer empfehlen ihren Kunden, ihre monatlichen Abschlagszahlungen für Gas und Strom bereits jetzt zu erhöhen. So könnten hohe Nachzahlungen aufgrund der hohen Gaspreise besser vermieden werden. Wie viel Mehrkosten auf die Verbraucher zukommen, können die Stadtwerke Speyer noch nicht beziffern. Sie raten den Kunden, für Erhöhungen vorzusorgen.

Versorger empfehlen Kunden: Abschläge schon jetzt freiwillig erhöhen

Auch die Stadtwerke in Grünstadt raten den Kunden vorzusorgen: durch das Sparen von Strom und Gas und durch freiwillige höhere Abschläge. Außerdem könnten Nachzahlungen zur Not auch in Raten beglichen werden.

Eine weitere Empfehlung der Versorger neben der freiwilligen Abschlagserhöhung lautet: Die Kunden sollten jeden Monat Geld in der Höhe der Abschlagszahlung zusätzlich zurückzulegen, um gewappnet zu sein.

Kunden der Stadtwerke Bad Kreuznach müssen im laufenden Jahr noch nicht mit deutlichen Preiserhöhungen bei Strom und Gas rechnen. Zum 1. September sollen die Preise nur leicht angehoben werden. Im kommenden Jahr werde es dann aber deutlich teurer, sagte jüngst Geschäftsführer Christoph Nath dem SWR.

Von den Stadtwerken Kaiserslautern hieß es, es sei unrealistisch, dass es über den Herbst hinaus gelinge, die Strompreise weiter konstant zu halten. Zuverlässige Prognosen über die mögliche Höhe einer Anpassung könne man derzeit nicht geben. Man versuche alles, um die Kosten für die Kunden abzufedern. Beim Gas werde die von der Bundesregierung angekündigte Umlage eine Preiserhöhung zur Folge haben. Zuletzt habe man die Gaspreise am 1. Juli moderat um rund einen Cent pro kWh erhöht.

Ab Oktober kommt voraussichtlich die Gasumlage hinzu

Im Herbst kommt durch ein neues Bundesgesetz eine Gasumlage auf die Verbraucher zu. Sie wird eingeführt, weil die Energiekonzerne wegen der gedrosselten Liefermenge aus Russland teures Gas auf dem Weltmarkt kaufen müssen. Mit der Umlage können die Unternehmen ihre Mehrkosten an die Kunden weitergeben. Nur so sei die Gasversorgung auch im kommenden Winter aufrecht zu erhalten, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Menschen, die durch die Gasumlage in Schwierigkeiten geraten, finanziell entlasten. Habeck sagte am Donnerstag, man arbeite mit Hochdruck an sozialen Ausgleichsmöglichkeiten. Habeck rechnet mit jährlichen Mehrkosten von einigen hundert bis zu 1.000 Euro.

Die Landesregierung will zusammen mit dem Bund dazu beitragen, soziale Härten abzumildern. Die Teilnehmer eines Runden Tisches mit Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbänden erwarteten eine länger andauernde Phase der Gasknappheit. Der Bund müsse dafür sorgen, dass das nächste Entlastungspaket vor allem Rentnerinnen und Rentnern, Studierenden und Menschen mit geringem Einkommen zugute komme, so der Tenor der Runde.

Die Beratung für einen möglichst sparsamen Energieverbrauch in privaten Haushalten wird ausgebaut. 600.000 Euro stellt das Land dafür bereit. Es gehe darum, in jedem Haushalt zu schauen, an welcher Stellschraube noch etwas getan werden könne, etwa die Heizung sinnvoll einzustellen oder Elektrogeräte abzuschalten und nicht im Standby-Betrieb zu lassen. "Wenn es uns gelingen würde, in Privathaushalten zehn Prozent des Energieverbrauchs einzusparen, dann wäre viel erreicht", sagte Energieministerin Katrin Eder (Grüne).

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wird mit zusätzlichen 300.000 Euro unterstützt. Damit soll unter anderem die Energie-Hotline ausgebaut werden, bei der es zuletzt wegen des starken Andrangs zu langen Wartezeiten kam.

Auf der Seite der Verbraucherzentrale gibt es einen Energiepreis-Rechner. Dort lässt sich überprüfen, was in Prozentwerten genannte Preissteigerungen konkret in Euro bedeuten und auf welche zusätzlichen Kosten man sich einstellen muss.

Verzweifelte Kundenanrufe in der Hotline

Der Pressesprecher der Koblenzer evm, Marcelo Peerenboom, berichtet im Gespräch mit dem SWR, kurz nachdem die Briefe zur Erhöhung der Preise verschickt worden seien, habe es einen Ansturm an ihrer Hotline und in den Kundenzentren gegeben. Am Montag danach seien es knapp 4.000 Anrufe gewesen. Das sei dann aber bald abgeflacht. In den vergangenen Tagen sei es relativ ruhig gewesen. Auffallend an der Hotline sei: die Gespräche dauerten deutlich länger als gewöhnlich, um ein Drittel länger, im Schnitt 6,5 Minuten.

Viele fragten, ob sie den Tarif wechseln könnten. Doch es gebe derzeit keine günstigeren Tarife, so Peerenbom. Die angekündigte Gasumlage sei noch einmal ein "Schlag ins Kontor". Dazu gebe es nun auch die ersten besorgten Anrufe. Es sei eine schwierige Situation für die Mitarbeiter, da sie nichts anbieten könnten. Teils seien die Menschen verzweifelt und schütteten ihr Herz aus. Das sei auch für die Mitarbeiter belastend, insbesondere für jüngere. Für sie gebe es nun eigene Schulungsprogramme und auch das Angebot einer psychologischen Beratung. Alle seien ja in einer "Krisenblase".

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