Lauterbach zufolge ist das Medikament sehr vielversprechend, weil es einen schweren Verlauf von Covid deutlich abschwächen könne - wenn es früh verabreicht werde. Vor allem Hochrisiko-Patienten sollen damit besser geschützt werden können.
Lauterbach rechnet damit, die Intensivstationen auf diese Weise entlasten zu können. Durch eine Kombination von immer wirksameren Impfstoffen und Behandlungsmöglichkeiten werde Covid-19 zu einer Krankheit, die ihren Schrecken verlieren werde, so Lauterbach. Ihm sei es lieber, diesen Kampf so zu führen, als die Schulen schließen zu müssen.
Kassen-Chef fordert Aufarbeitung der Pandemie
Die US-Arzneimittelbehörde (FDA) hatte kurz vor Weihnachten eine Notfallzulassung für "Paxlovid" ausgesprochen. In der EU ist "Paxlovid" noch nicht offiziell zugelassen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte aber auch eine Notfallzulassung für das Mittel in Deutschland an.
Was für ein Medikament ist "Paxlovid" ?
"Paxlovid" - das sind Tabletten. Sie bestehen aus zwei Wirkstoffen, die verhindern sollen, dass sich das Virus am Anfang der Infektion stark ausbreiten kann. Dabei werde ein Enzym vom Coronavirus gehemmt, beziehungsweise gestört, so Pascal Kiss aus der SWR-Wissenschaftsredaktion. Dieses Enzym sei für das Coronavirus wichtig, um sich in den menschlichen Zellen zu vermehren. Verwende man das Medikament, so könne sich das Virus nur noch sehr eingeschränkt vermehren.
Die Nebenwirkungen seien bisher überschaubar, so Kiss. Probanden von bisherigen Studien berichteten über Durchfall, Bluthochdruck und Muskelschmerzen als mögliche Nebenwirkungen. Bei manchen sei der Geschmacksinn eingeschränkt gewesen. Wobei das möglicherweise auch an der Coronavirus-Infektion selbst gelegen haben könnte.
Patienten nehmen nach Angaben des Herstellers Pfizer über fünf Tage zwei Mal täglich jeweils drei Tabletten ein. Alle Tabletten sind demnach in einer Packung, welche einem Behandlungszyklus entspricht. Laut Pascal Kiss kann man die Tabletten auch zuhause einnehmen, Patienten müssten nicht unbedingt ins Krankenhaus.
Wer soll mit "Paxlovid" behandelt werden?
Mit dem Medikament sollen positiv getestete Corona-Patienten ab zwölf Jahren mit milden bis mittleren Symptomen und einem großen Risiko für eine Verschlimmerung der Erkrankung behandelt werden - so hatte es die FDA geschrieben. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hatte sich vor kurzem zu dem Medikament geäußert und mitgeteilt, mit "Paxlovid" könnten erwachsene Patienten behandelt werden, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigten - und die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf hätten.
Ersetzt das Medikament die Impfung?
Das Medikament kann eine Impfung nicht ersetzen, es kann auch nicht prophylaktisch, also zum Schutz vor einer Infektion, eingenommen werden. Pascal Kiss sagt, damit das Medikament wirke, müsse die Pille in den ersten Tagen nach der Infektion genommen werden, beispielsweise, wenn sich leichte Symptome zeigten.
Allerdings sei vielen Betroffenen zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Die Schwäche solcher Medikamente sei, dass sie in den ersten fünf Tagen nach Symptombeginn gegeben werden müssten - nur dann könne das Virus bei seiner Vermehrung im Körper noch entscheidend gestört werden.
Medikamente für bereits Schwerkranke gebe es leider noch nicht, so Kiss. Doch werde das Medikament rechtzeitig genommen, habe es eine hohe Wirkung. Einer Pfizer-Zwischenanalyse von Testergebnissen zufolge hat das Risiko von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen bei Covid-19-Patienten mit dem Medikament um 89 Prozent gesenkt werden können.
Medikamente wie "Paxlovid" gelten unter Experten als eine Säule der Coronavirus-Bekämpfung. Sie seien aber im Vergleich zu vorbeugenden Impfungen deutlich teurer und in der Anwendung oft komplizierter. Vor der Zulassung seien sie bei weniger Menschen getestet worden als die Impfstoffe - die zudem seit Monaten weltweit milliardenfach verabreicht und parallel weiter überwacht werden.
Ab wann kann das Medikament in Deutschland eingesetzt werden?
Es ist noch nicht klar, ab wann das Medikament in Deutschland eingesetzt wird. Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums bestätigte, sollen zumindest noch im Januar die ersten Lieferungen des neuen Covid-Medikaments in Deutschland eintreffen. Der Einsatz wird sich dann aber sehr wahrscheinlich auf Risikopatienten begrenzen, so Wissenschaftsredakteur Pascal Kiss. Wann hier eine Entscheidung komme, sei noch unklar.