Seltene Blumen, Tiere und Sandsteppenrasen: Es könnten die letzten ihrer Art sein in einem Naturschutzgebiet zwischen Mainz und Ingelheim, befürchten Naturschützer. Denn mittendrin soll auf einer alten Freizeitanlage der IBM eine neue Reitanlage mit 100 Pferden, Galoppierbahn und öffentlicher Gastronomie entstehen.
Der Ingelheimer Stadtrat hat beschlossen, die Öffentlichkeit bei der Aufstellung eines Bebauungsplans zu beteiligen. In der Bevölkerung und bei den Naturschutzverbänden formiert sich Widerstand gegen das Bauvorhaben.
Onlinepetition soll Großreitanlage in Naturschutzgebiet verhindern
Aus Protest hat sich eine Bürgerinitiative mit dem sprechenden Namen "Rettet die Uhlerborner Dünen" gegründet. Zusammen will man gegen den geplanten Bau im Naturschutzgebiet kämpfen. Knapp 1.500 Menschen unterstützen außerdem die Onlinepetition mit dem Titel "Nein zur Reitanlage - Ja zum Schutz der Uhlerborner Flugsandlandschaft!". Sie ist an den Ingelheimer Oberbürgermeister gerichtet.

Eine der Initiatorinnen ist die Biologin Elke Entenmann. Sie ist sauer und sagt: "Jetzt soll eine Reitanlage darauf kommen mit einem völlig anderen Nutzungskonzept. Das ist ein Wirtschaftsbetrieb, der finanzorientiert ist, und kein Freizeitclub, der ehrenamtlich betrieben wird."
Das hat der Investor geplant
Doch worum geht es genau? Um ein 5,4 Hektar großes ehemaliges Sport- und Freizeitgelände des IBM-Klubs in Uhlerborn: ein Sondergebiet mit Bestandsschutz - mitten im Naturschutzgebiet. 2012 hat es der Mainzer Investor Wolfram Richter gekauft.

Richters Plan: Er möchte seinen wenige Kilometer entfernten Reiterhof im Gewerbegebiet Budenheimer Weg auf das Gelände umziehen und vergrößern - von derzeit 70 auf 100 Pferde. Mit neuen Reithallen, Stallungen, einer Galoppierbahn und Restaurant. "Eine Reitanlage, eben für Freizeit-, Sport- und Hobbyreiter. Im Prinzip nur 20 Prozent größer als unsere jetzige", so der Investor.
Investor Richter: Mehr Natur als momentan
"Diese ganzen versiegelten Flächen, die großen Sportplätze, werden ja alle dann rückgebaut, viele Wege und asphaltierte Flächen, die Parkplätze brauchen wir nicht mehr in dieser Anzahl. Also, es wird mehr Natur sein als momentan", sagt Richter.
Trotz dieser Beteuerungen ist auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen die Großreitanlage. Für Sabine Yacoub, Landesvorsitzende des BUND Rheinland-Pfalz, ist vor allem die intensive Nutzung mit 100 Pferden das Problem.
Pferdeäpfel als Problem?
"Da habe ich Kot, Pferdeäpfel, das sind Stickstoff-Einträge, die sich - gerade wenn es sehr trocken ist - in das Gebiet ausbreiten können. Auch wenn die Pferde reiten, müssen die ja irgendwo hinmachen", sagt Yacoub.
Das Besondere an dem Gebiet sei laut Yacoub, dass es extrem stickstoffempfindlich sei und der Pferdekot zu einer Verschlechterung des Zustandes führen würde.
BUND: Fehler schon vor dem Verkauf gemacht
Aus Sicht des BUND hätte das Freizeitgelände schon nach dem Abzug von IBM in das umliegende Naturschutzgebiet integriert werden müssen. Dafür wäre jedoch eine Änderung des Flächennutzungsplans vor dem Verkauf notwendig gewesen.
Doch dazu kam es nicht. 2019 entschied sich die Gemeinde, mit dem Investor in die Planung einzusteigen. Daran hält sich nun die Stadt Ingelheim und hat ein Bebauungsplanverfahren gestartet.
Bereits 80 Einwände gegen die geplante Großreitanlage
Ingelheims Oberbürgermeister Ralf Claus (SPD) sagt: "Jetzt prüfen wir das ab. Es wird auf jeden Fall diesen Konflikt mit dem Naturschutzgebiet geben und es wird sich im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zeigen, ob es dafür notwendige Ausgleichsmaßnahmen geben kann oder es eben auch gar nicht möglich ist, den Bebauungsplan tatsächlich zu realisieren."
Seit Juni sind bei der Stadt Ingelheim rund 80 Einwände gegen die geplante Großreitanlage eingegangen. Das alles hätte beispielsweise verhindert werden können, wenn das Land frühzeitig reagiert und das Gelände von der IBM gekauft hätte.
Bürgerinitiative hofft auf Korrektur
Nun setzt die Bürgerinitiative darauf, dass der Stadtrat von Ingelheim das aus ihrer Sicht Versäumte korrigiert: "Wir fordern die Stadt auf, alle unsere Stellungnahmen ernsthaft zu prüfen, zur Kenntnis zu nehmen und dann zu der Erkenntnis zu kommen, dass es nicht funktioniert, hier eine Reitanlage zu genehmigen", sagt Elke Entenmann.