Auch im Sortiment des Marktes für Bedürftige: Marmelade. (Foto: SWR, Andreas Neubrech)

Hilfe für Bedürftige

Freiwillige verschenken in Wörrstadt Lebensmittel

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Andreas Neubrech
Andreas Neubrech (Foto: SWR)

Seit zwei Wochen gibt es in Wörrstadt einen Markt für Bedürftige. Ehrenamtliche Helfer verschenken dort drei mal pro Woche Lebensmittel. Die Nachfrage ist größer als erwartet.

Von außen sieht er aus wie ein normaler Lebensmittelladen. Die Regale sind gefüllt mit frischem Salat, Marmelade, Käse. Doch es gibt einen Unterschied: In diesem Markt für Bedürftige im rheinhessischen Wörrstadt werden die Produkte nicht verkauft, sondern verschenkt.

Einkauf soll Bedürftigen über die nächsten Tage helfen

Drei mal pro Woche öffnet der Markt für je zwei Stunden. Kunden, die kommen, erhalten eine Tüte. Diese können sie mit Dingen des täglichen Bedarfs füllen. "Wichtig ist uns dabei, dass beispielsweise keine zehn Packungen Nudeln genommen werden, sondern immer nur eine", erklärt Sabine Stengel, eine der freiwilligen Helferinnen.

Ist die Tüte gefüllt, ist der Einkauf für diesen Tag beendet. Stengel schätzt den Wert des Inhalts pro Tüte auf 20 bis 25 Euro. "Das ist genug, damit die Menschen die nächsten Tage über die Runde kommen."

Gefüllte Regale im Markt für Bedürftige. (Foto: SWR, Andreas Neubrech)
Gefüllte Regale im Markt für Bedürftige.

Bedient wird, wer sich für bedürftig hält. Behördliche Nachweise sind nicht nötig. Das Stichwort lautet hier: Vertrauen. "Es gibt mittlerweile ja auch Menschen, die arbeiten und sich trotzdem nichts mehr oder nur noch wenig zu essen leisten können. Die hätten gar keinen solchen Nachweis", erklärt Stengel.

Im Großen und Ganzen würden sie mit diesem System gute Erfahrungen machen. Auch wenn es bereits zu einem Hausverbot gekommen sei: "Eine Frau wollte sich bei uns Lebensmittel holen, von der wir genau wissen, dass sie nicht bedürftig ist."

Nachfrage nach Lebensmitteln größer als erwartet

Etwa 30 Kunden kommen pro Öffnungstag, schätzt der Gründer des Projekts, Thomas Schmand. Einerseits freut es ihn, dass die Hilfe so gut ankommt. Andererseits ist die Nachfrage deutlich höher, als das ehrenamtliche Team gedacht hatte. "Wenn das so bleibt, brauchen wir monatlich 6.000 Euro, um genügend Lebensmittel nachzukaufen."

Denn anders als beispielsweise die Tafel, erhält der Markt für Bedürftige laut Schmand keine Lebensmittelspenden von Supermärkten. Das Projekt finanziere sich ausschließlich über Geldspenden. Damit würden sie einkaufen gehen, wo es gerade am günstigsten sei. Nun werde das Geld knapp.

Thomas Schmand, der Gründer des Marktes für Bedürftige, lädt frisch gekaufte Lebensmittel aus. (Foto: SWR, Andreas Neubrech)
Thomas Schmand, der Gründer des Marktes für Bedürftige, hilft beim Ausladen der nachgekauften Lebensmittel und Befüllen der Regale.

Helfer brauchen weitere Spenden, um Lebensmittel zu kaufen

"Momentan ist noch nicht absehbar, wie wir das Projekt weiter finanzieren sollen", so Schmand. Die Spendenbereitschaft sei zum Start zwar riesig, "aber irgendwann verschwimmt das immer mehr. Das ist das Traurige daran." Die etwa 15 Freiwilligen wollten nun versuchen, weitere Firmen zu Spenden zu bewegen.

Die Idee zu dem Projekt war ihm Anfang Oktober gekommen. "Ich habe im Fernsehen Menschen gesehen, die geweint haben, weil sie nicht wussten, wie sie sich noch Lebensmittel leisten sollen. Da habe ich spontan beschlossen, etwas zu machen." Zwei Wochen danach eröffnete er den Markt für Bedürftige, der gerade in der Anfangsphase nach dem Motto "learning by doing" funktioniere.

Keine finanzielle Hilfe von der Stadt Wörrstadt

Finanzielle Hilfe von der Stadt Wörrstadt wird es wohl keine geben. Bürgermeister Ingo Kleinfelder sagte dem SWR, ein solches Engagement sei für Wörrstadt zwar wichtig. "Aber eine Spende für den Markt wäre eine freiwillige Leistung, die bei unserer momentanen Kassenlage nicht drin ist. Das würde uns die Aufsichtsbehörde verbieten."

"Meiner Familie und mir geht es gut. Über diesen Weg kann ich etwas zurückgeben."

Immerhin: Um die Ladenmiete muss sich das Team keine Gedanken machen. Die Immobilie gehört Schmand. Der Bauunternehmer stellt den Verkaufsraum nach eigenen Aussagen kostenlos zur Verfügung: "Ich habe hier mehrere Immobilien. Meiner Familie und mir geht es gut. Über diesen Weg kann ich etwas zurückgeben."

Die Bedürftigen sind dankbar. "Manche von ihnen haben Tränen in den Augen, wenn sie Lebensmittel bekommen", schildert Stengel. Eine der Kundinnen ist Rita. Für sie ist das Angebot eine große Erleichterung: "Da die Lebensmittel so teuer geworden sind, kann ja keiner mehr einkaufen gehen. Da geht man für 20 Euro einkaufen und hat kaum was im Wagen."

Öffnungszeiten

Der Markt für Bedürftige befindet sich in der Friedrich-Ebert-Straße 26 in Wörrstadt. Geöffnet ist er montags und mittwochs von 16 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 12 Uhr.

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