Es war am Silvestertag 1973, als die damaligen Stadtratsmitglieder in Mainz ihr nagelneues Rathaus mit einer feierlichen Sitzung einweihten. Seitdem wurden dort Tausende von Entscheidungen für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger getroffen. Immer wieder gab es auch hochemotionale Debatten, nicht zuletzt über die Zukunft des Gebäudes selbst.
Von Beginn an etablierte sich das Mainzer Rathaus nicht nur als Ort, in dem Politik gemacht wurde, sondern auch als Kultur- und Bildungsstätte. Es gab unzählige Ausstellungen, Konzerte und Lesungen, wie etwa die Reihe "Universität im Rathaus", bei der Wissenschaftler öffentliche Vorlesungen hielten.
Außerdem trugen sich jede Menge Prominente dort ins Goldene Buch der Stadt Mainz ein. Papst Johannes Paul II. war genauso darunter wie Queen Elizabeth II., der Schriftsteller Carl Zuckmayer, der letzte Staatspräsident der Sowjetunion, Michael Gorbatschow, oder auch US-Präsident Georg W. Bush bei seinem Besuch im Jahr 2005.
Geteilte Meinungen über Rathaus-Gebäude
Ebenfalls von Beginn an gingen die Meinungen über das Gebäude des dänischen Star-Architekten Arne Jacobsen in der Bevölkerung mächtig auseinander. Während die einen es als Meisterwerk der Nachkriegsmoderne lobten, war es anderen zu klotzig, zu monumental, zu bunkerartig.
Und auch weit über Mainz hinaus sorgte das Rathaus für Diskussionen, spätestens als klar wurde, dass es für viele Millionen saniert werden muss. So titelte etwa die Zeitung Die Welt im Dezember 2012: "50 Millionen, um ein hässliches Rathaus zu retten".
Debatte um Sanierung oder Neubau
Doch es war klar, dass etwas passieren musste. Die Fassade bröckelte, Marmorplatten waren gebrochen und verrutschten, die Klimaanlage defekt, kein Fenster ließ sich mehr öffnen.
Lange debattierten sich die Mainzer Stadtratsmitglieder in ihrem maroden Gebäude die Köpfe heiß, ob der markante Arne-Jacobsen-Bau tatsächlich für viel Geld saniert werden oder - so die andere nüchterne Forderung - einfach abgerissen werden sollte.
Inventar des Mainzer Rathauses wurde eingelagert
2014 erfolgte ein EU-weiter Ideenwettbewerb zur Sanierung des Rathauses. 2018 beschloss der Mainzer Stadtrat sie dann endgültig.
Anfang 2022 haben die Bauarbeiten schließlich begonnen. Die markanten Gitter an der Außenfassade wurden komplett abgebaut, alle denkmalgeschützten Teile im Rathaus eingelagert und dokumentiert. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Holzvertäfelungen, Schränke, Lampen und Türzargen.
All diese Dinge sollen später im erneuerten Rathaus wieder eingebaut werden. Wenn alles gut geht, könnte die Sanierung 2027 abgeschlossen sein.
Kosten für Sanierung mittlerweile bei rund 130 Millionen Euro
Die Kosten für die Rathaus-Sanierung sind unterdessen immer weiter angestiegen. War man ursprünglich im Jahr 2010 von 20 Millionen Euro ausgegangen, wurden sie schon zwei Jahre später auf 50 Millionen geschätzt. Mittlerweile ist von rund 130 Millionen Euro die Rede. Ob es dabei wirklich bleibt - man wird sehen.
Sanierungsarbeiten laufen nach Plan Nackter Beton und nasser Boden - Mainzer Rathaus ist entkernt
Seit mehr als zwei Jahren sind die Pforten des Mainzer Rathauses dicht - jetzt hat die Stadt einen Blick auf die Sanierungsarbeiten im Inneren zugelassen.
Bis die Arbeiten abgeschlossen sind, bleiben die Ämter und Büros jedenfalls in ihren neuen Quartieren im Stadthaus Große Bleiche und in der Malakoff Passage. Wie man hört, sind viele damit gar nicht so unglücklich. Eine intakte Fassade und Fenster, die sich öffnen lassen, haben eben auch ihren Reiz.