In ausgewählten Geschäften in Mainz soll Cannabis verkauft werden, wenn die Stadt Modellregion wird.   (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Cannabis-Legalisierung

Mainz will Cannabis-Modellregion werden – Mediziner warnen

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Lucretia Gather

Die Bundesregierung plant, Cannabis zu legalisieren. Mainz will so genannte Modellregion für den Verkauf in ausgewählten Geschäften werden. Ein Arzt aus Rheinhessen warnt vor der Gefahr für Jugendliche.

Der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) sieht es wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Cannabis-Konsum ist gesellschaftliche Realität. Deswegen will die Bundesregierung sowohl den kontrollierten Anbau, als auch den Verkauf von Cannabis erlauben. Die bundesweit geplanten Modellregionen sollen wissenschaftlich begleitet werden. Der Mainzer Stadtrat hatte mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Linken dafür gestimmt, sich als eine solche Cannabis-Modellregion zu bewerben.

Kontrollierter Verkauf von Cannabis in Geschäften

Genau diese wissenschaftliche Auswertung interessiere die Stadt Mainz, erläutert Sozialdezernent Lensch. Er sei gespannt, welche Erkenntnisse sich über den Konsum ergeben.

"Wir erhoffen uns, dass wir genauer erfahren, wie viel Cannabis in Mainz gekauft wird und von wem."

Zusätzlich hoffe er, dass die Legalisierung auch positive Auswirkungen habe. Er halte es etwa für möglich, dass der Konsum anderer, illegaler Drogen zurückgehe, wenn Cannabis nicht mehr verboten sei: "Das wäre ein Effekt, den wir uns wünschen würden, aber das muss man eben beobachten."

Zurückdrängen des Cannabis-Schwarzmarkts?

Außerdem könne er sich vorstellen, dass der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden könnte. Genau das sei auch das erklärte Ziel von Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Auf dem Schwarzmarkt kursiere verunreinigtes Cannabis, das negative Auswirkungen auf die Gesundheit habe. Und die gelte es zu schützen.

Psychiater aus Alzey warnt vor negativen Auswirkungen

Dr. Christoph Gerth, Chefarzt der Allgemeinpsychiatrie an der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey, warnt hingegen vor dem Cannabis-Konsum. Seit Jahren klärt er an Schulen über die Risiken auf. Vor allem über die negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Jugendlichen.

Deren Gehirn befinde sich noch in der Entwicklung, und diese könne der Drogenkonsum empfindlich stören: "Wenn ich in der mittleren Pubertät, zwischen 13 und 20 Jahren, Cannabis konsumiere, dann kann es sein, dass sich bestimmte Dinge im Gehirn nicht richtig entwickeln."

Cannabis kann Veränderungen des Gehirns hervorrufen

In der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey behandele Gerth sehr häufig junge Erwachsene, die wegen ihres Cannabis-Konsums medizinische Hilfe bräuchten. Die Patienten litten unter Depressionen, Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsstörungen. Auch könne die Droge die Denkleistung und das Gedächtnis negativ beeinflussen.

In vielen Fällen seien die Folgen behandelbar und würden sich zurückbilden, in einigen aber auch nicht. Bei seinen Vorträgen an Schulen zeigt der Arzt auch Aufnahmen von menschlichen Gehirnen. Unter anderem das Gehirn eines 25-Jährigen Cannabis-Konsumenten, das aussieht wie das eines 65-Jährigen.

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Drogeninduzierte Psychosen durch Cannabis

Immer wieder behandele er Menschen, die durch den Konsum von Cannabis sogar so genannte drogeninduzierte Psychosen erleiden. Psychosen seien Funktionsstörungen des Gehirns in bestimmten Arealen, die Wahnvorstellungen auslösten. "Die Betroffenen hören Stimmen, fühlen sich verfolgt und nehmen die Realität falsch wahr", erläutert der Mediziner.

Die Symptome könnten dazu führen, dass die Patienten sich selbst oder andere verletzten. Klar sei aber auch: Nicht jeder, der kiffe, erleide eine Psychose. Doch das Risiko sei wissenschaftlich belegt.

Ärzte warnen vor Legalisierung von Cannabis

Psychiater Gerth geht davon aus, dass durch die Legalisierung von Cannabis Krankenhauseinweisungen zunehmen werden. Dies hätten Daten aus anderen Ländern gezeigt. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) sieht die geplante Legalisierung kritisch. Es sei davon auszugehen, dass Jugendliche unter 18 Jahren leichteren Zugang zu den Drogen erhalten.

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