Die Geschichte der Pflegefamilie Ebert aus Mainz begann eigentlich schon in der Ausbildung der Eltern. Die Ergotherapeutin und der Förderschullehrer lernten sich im Kinderneurologischen Zentrum kennen und lieben. Der Wunsch, eigene Kinder zu haben, blieb aber unerfüllt - aus medizinischen Gründen. So entstand der Gedanke, ein Pflegekind aufzunehmen.
Im Sommer 2010 begann sich ihr Leben grundlegend zu ändern. Durch Svens Beruf in der Förderschule hatte er Kontakt zum Jugendamt Mainz. Dort suchte man händeringend Pflegeeltern, erzählt Alexandra Ebert. "Wir haben uns im August beim Jugendamt vorgestellt, danach zwei Vorbereitungswochenenden belegt und im Dezember war Melissa da."
Jugendamt Mainz testet Bewerber für Pflegefamilien
Was nach einer Kleinigkeit klingt, war für das Ehepaar Ebert ein Kraftakt. Denn in der kurzen Zeit mussten die Eberts dem Jugendamt glaubhaft machen, dass sie es ernst meinen und dass sie auch geeignet sind, ein Pflegekind aufzunehmen. Zig Fragebögen, Tests und Untersuchungen musste das Ehepaar durchlaufen. "Das war schon ein Abenteuer", erinnert sich Sven Ebert. Am 21.12.2010 war es dann endlich soweit. Die drei Monate alte Melissa wurde offiziell ihr Pflegekind.
Pflegefamilie Ebert hält Kontakt zu leiblicher Mutter
Heute - 14 Jahre später - wirken die Eberts wie eine glückliche Familie. Und warum sollten sie es auch nicht sein? Alle drei haben Kontakt zur leiblichen Mutter, die über die Entwicklung ihrer Tochter immer auf dem Laufenden ist. Pflegevater Sven bekräftigt: "Es war von Beginn an ein Miteinander, und im Mittelpunkt steht immer Melissa." Ehefrau Alexandra ergänzt lachend: "Sie (die leibliche Mutter, d. Red.) lässt ausrichten, dass sie sehr zufrieden ist mit uns."
Melissa selbst nimmt ihre leibliche Mutter lediglich als Freundin wahr. "Ich erzähle ihr, was bei mir so los ist", berichtet sie knapp. Ihr Leben spielt sich komplett im Hause Ebert ab. Probleme damit, dass Melissa ein Pflegekind ist, haben weder sie selbst, noch ihre Eltern.
Unschöne Begegnungen für Pflegetochter Melissa
Aber es habe im näheren Umfeld bereits unangenehme Momente gegeben. Beispielsweise beim Kinderarzt, wenn er die Eltern fragt, ob es Vorerkrankungen in der Familie gab. "Das weiß ich nicht", muss Papa Ebert dann antworten. Während solche Situationen schnell geklärt werden können, gibt es aber auch immer wieder mal sehr unpassende Reaktionen, die für die Familie nicht nachzuvollziehen sind.
Sowohl im Kindergarten als auch in der Schule hätten sie mit Familien zu tun gehabt, die kein Verständnis für Melissas Familiensituation hätten, berichtet Alexandra Ebert: "Da herrschen so viele Vorurteile über die Herkunftsfamilie, das ist nicht schön!"
Eine Klassenkameradin in der Grundschule beispielsweise habe sich völlig im Ton vergriffen: "Da sind Worte gefallen, die ich hier nicht wiederholen möchte", so Alexandra Ebert. Melissa kann sich heute nicht mehr daran erinnern, vielleicht auch deshalb, weil die Klassenkameradin kurze Zeit später aus der Klasse genommen wurde.
Eltern streben Melissas Adoption an
Das Sorgerecht für Melissa liegt immer noch bei der leiblichen Mutter. Angst, dass diese Melissa irgendwann zurück haben möchte, haben die Eberts nicht. "Sie hatte gleich geäußert, dass sie froh ist, dass Melissa bei uns ist. Und später hat sie selbst auch die Namensänderung vorgeschlagen." Melissa heißt seitdem auch Ebert.
In vier Jahren, wenn Melissa volljährig ist, soll sie selbst entscheiden, ob sie von den Eberts adoptiert werden möchte. Ihre Eltern haben diesen Wunsch bereits geäußert. Denn erst dann wäre sie auch dem Gesetz nach das, was sie gefühlt schon immer ist: Die Tochter von Sven und Alexandra Ebert.
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