Die Mitglieder des Wormser Jugendparlaments sind ein gutes Team und zufrieden, mit dem was sie erreicht haben.  (Foto: Kinder- und Jugendbüro der Stadt Worms)

Viel erreicht

Jugendparlament Worms: Sportplatz gerettet und Obdachlosen geholfen

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Andreas Neubrech
Andreas Neubrech (Foto: SWR)
Christiane Spohn
Christiane Spohn ist Reporterin im SWR Studio Mainz (Foto: SWR, Daniel Brusch)

Das Jugendparlament in Worms wird im Sommer neu gewählt. Die noch amtierenden Mitglieder des Jugendparlaments ziehen Bilanz und sind zufrieden mit dem, was sie erreicht haben.

Die 15 Mitglieder des Wormser Jugendparlaments stehen vor dem Ende ihrer Amtszeit. Der Blick zurück zeigt: In den zwei Jahren haben sie einiges bewegen können, zum Beispiel einen Sportplatz gerettet.

Basketballplatz bleibt für Kinder offen

"Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Basketballplatz an der Westend Grundschule geöffnet bleibt, obwohl er geschlossen werden sollte“, zählt Taran Veer Kaur Singh ein Beispiel für ihre Aktivitäten auf. Die 20-jährige Studentin ist Pressesprecherin des Parlaments.

Der Basketballplatz an der Grundschule Westend in Worms darf offen bleiben.  (Foto: SWR, Jürgen Wolff)
Das Jugendparlament Worms hat es erreicht, dass dieser Basketballplatz an der Westend Grundschule für die Kinder offen bleibt.

"Die Anwohner hatten sich beschwert, dass das Dribbeln des Balls zu laut ist oder zu laute Musik gespielt wird. Wir verstehen die Anliegen der Anwohner und es war uns möglich, hier einen Kompromiss zu finden und die Anlage geöffnet zu lassen.“

Pfandringe an Wormser Mülleimern eingeführt

Ebenfalls auf das Konto des Jugendparlaments gehen die Pfandringe, die seit kurzem an Mülleimern der Wormser Innenstadt zu sehen sind. In diese Ringe können Menschen Pfandflaschen oder -dosen stellen anstatt sie in den Mülleimer zu werfen.

Ein Pfandring an einem Mülleimer in der Wormser Innenstadt hilft Bedürftigen Pfand zu sammeln.  (Foto: SWR, Jürgen Wolff)
Solche Pfandringe an Mülleimern in der Wormser Innenstadt hat das Jugendparlament eingeführt.

Bedürftige Menschen müssen dann nicht im Müll nach Flaschen wühlen, sondern können sie einfach an sich nehmen und das Pfand einlösen.

U-18 Wahl in Worms organisiert

"Ein weiterer Punkt, der mich sehr glücklich gemacht hat: Wir haben es geschafft, zur Bundestagswahl 2021 eine U-18-Wahl in Worms zu organisieren. Da konnten Schüler an drei Schulen von der siebten Klasse bis zum Wahlalter von 18 Jahren wählen und schon mal Demokratie leben“, sagt Daniel Usner, der Vorsitzende des Parlaments.

Junge Parlamentarier haben viel gelernt

Die Beispiele zeigen: Die Arbeit des Parlaments hat viele Gewinner. Zum einen die Jugendlichen, für die sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier einsetzen. Zum anderen haben auch sie selbst in den vergangenen beiden Jahren viel durch ihre Aufgaben gelernt.

Taran Veer Kaur Singh sagt, sie habe auf diesem Weg zum ersten Mal erfahren, dass auch Jugendliche eine politische Stimme haben können und gehört werden.

"Ich habe gelernt, dass ich meine Meinung äußern kann, dass man untereinander spricht und Kompromisse findet."

Selbstbewusster sei sie auch geworden, sagt sie. Daniel Usner ergänzt: "Ich habe gelernt, wie man sich nach außen hin präsentiert und verkauft – gerade auch, wenn man um verschiedene Zielgruppen bemüht ist.“

Nicht alles hat geklappt

Auch ein Lernprozess: Nicht alles, was sich die Jugendlichen für die beiden Jahre vorgenommen haben, konnten sie umsetzen. Sie haben sich zwar in Arbeitsgruppen aufgeteilt und so versucht, möglichst viele ihrer Ideen umzusetzen, aber „wir haben uns mit dem Arbeitspensum übernommen“, bilanziert die 16-jährige Laura Kraft, die Schriftführerin des Parlaments.

"Man muss auch bedenken, dass wir neben ehrenamtlichen Politikern auch noch Schüler und Studenten sind und eventuell noch andere Ehrenämter haben. Da muss man die goldene Mitte finden.“

Auch politischen Widerstand gespürt

Manchmal scheiterte das Jugendparlament aber auch an inhaltlich – an politischem Widerstand. Daniel Usner erinnert sich an einen Fall aus der vorigen Legislatur: "Es ging um eine Innenstadtschule in Worms, die keinen Schülerparkplatz hat. Da hatten wir einen Prüfantrag im Stadtrat gestellt, ob man über eine Art Schul-Parkausweis in dieser Sache etwas bewegen kann. Das ist damals abgeschmettert worden mit dem Verweis, es würden auch Jugendliche bei Fridays for Future mitlaufen, verbunden mit der Frage, warum man jetzt Parkplätze brauche. Es kommt also schon auch vor, dass einen Stadtratsmitglieder abspeisen, weil ein Antrag nicht mit ihrem Bild von Jugendlichen zusammenpasst. Aber im Großen und Ganzen haben wir den Eindruck, dass sie uns positiv gegenüberstehen.“

Treffen mit Bundespolitikern

Zur Amtszeit der Jugendlichen gehören auch Ausflüge in den rheinland-pfälzischen Landtag und in den Bundestag nach Berlin. Dort treffen sie Landes- und Bundespolitikerinnen und -politiker und lernen von deren Arbeit. In dieser Legislatur haben die Jugendlichen auch die Wormser Bundestagskandidaten interviewt, sie zu ihren Ansichten befragt und die Videos anschließend ins Netz gestellt.

Die Mitglieder des Wormser Jugendparlaments stehen vor dem Bundestag in Berlin. (Foto: Kinder- und Jugendbüro Worms)
Das Wormser Jugendparlament war zusammen in Berlin und hat sich mit Bundespolitikern getroffen.

Jugendparlament wird im Sommer neu gewählt

Die 20-jährige Taran Veer Kaur Singh und die 16-jährige Laura Kraft haben sich bereits für die nächste Amtszeit beworben. Ihnen macht die Arbeit so viel Spaß, dass sie sich weitere zwei Jahre im Jugendparlament engagieren möchten. Für Daniel Usner endet diese Zeit. Er ist 22 Jahre und damit zu alt für dieses Gremium. Er sagt, er werde sich trotzdem weiter politisch engagieren – über die Jugendorganisation einer Partei. Ein weiterer Gewinner dieses Parlaments liegt also auf der Hand: Es ist die Demokratie.

MEHR ZU JUGEND UND POLITIK

Jung. Politisch. Aktiv

„Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist jugendlich. Uns nicht anzuhören, geht nicht.“
Nikolas ist Jugenddelegierter bei den Vereinten Nationen. Auch die Klimaaktivistin Ronja und die Jugendbetreuerin Sarah wollen, dass junge Menschen mehr Gehör finden.
Die Ziele von Ronja, Sarah und Nikolas sind unterschiedlich, gemeinsam aber ist ihnen ihr politisches Interesse und ihr Enthusiasmus.
Für Freunde, Schule und Ausbildung bleibt ihnen wenig Zeit. Aber die drei lernen über ihr Engagement viel Neues, knüpfen Kontakte und entwickeln Selbstbewusstsein.
Nikolas, 20 Jahre alt, reist quer durch Deutschland und fragt Jugendliche, was sie von der Politik erwarten. Ihre Forderungen trägt er in New York vor, in einer Rede vor den Vereinten Nationen. Ronja ist 16 Jahre alt und engagiert sich in der Klimabewegung. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören für sie zusammen. Für beides kämpft sie mit großem Einsatz. „Ich denke, die Zeit drängt“, sagt Ronja. Sarah ist 19 Jahre alt und auf dem Dorf aufgewachsen. Die junge Frau will ihre Heimatregion nicht den Rechtsradikalen überlassen, die dort sehr aktiv sind. „Wir brauchen Angebote für die Jugendlichen auf dem Land“, fordert sie. Sie engagiert sich für ein selbstverwaltetes Jugenddorf und wehrt sich gegen Rassismus und rechte Parolen.
Ein Film über junge Menschen und ihre Leidenschaft für Politik.

Ich und die Anderen SWR