Der Pfleger Marcus Weniger steht vor einem Gebäudeeingang. Er ist Mitarbeiter in einem Pflegeheim in Osthofen, wo viele Menschen am oder mit dem Coronavirus gestorben sind. (Foto: SWR)

Zwölf Corona-Tote in Altenheim

Altenpfleger aus Osthofen: "Es ist nie einfach, einen Menschen gehen zu sehen"

STAND
AUTOR/IN
Ilona Hartmann
SWR-Autorin Ilona Hartmann (Foto: SWR, Daniel Brusch)

In einem Altenheim im rheinhessischen Osthofen sind zwölf Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Hier erzählt ein Mitarbeiter, der auf einer der besonders stark von Infektionen betroffenen Stationen arbeitet.

SWR AKTUELL: Herr Weniger, wie haben Sie die Situation erlebt in den vergangenen Wochen?

Marcus Weniger: Es ist natürlich anstrengend, ganz klar. Man bekommt eine ganz neue Herausforderung, die man da bewältigen muss. Es ist anders als im gewöhnlichen Alltag, weil die Bewohner auf ihren Zimmern bleiben müssen. Das, was die Altenpflege meines Erachtens nach ausmacht, das Zusammensein und das gemeinsame Genießen des Alltags, kam da etwas zu kurz. Wenn man im Zimmer ist, versucht man aber natürlich trotzdem, dem Bewohner all das entgegenzubringen, was er benötigt.

SWR AKTUELL: Wie war das für Sie emotional?

Weniger: Es ist natürlich belastend, wenn man sieht, dass Menschen an einer Krankheit leiden, über die man so wenig weiß. Man fühlt sich auch ein bisschen ohnmächtig. Natürlich kann man mit den Menschen sprechen, kann Trost bieten. Aber es ist nicht so wie bei einem Knochenbruch. Da weiß ich genau: Ich kann nach Schema F verfahren und wenn alles gut läuft, verheilt es wieder.

"Es sterben natürlich Menschen, was nie schön ist. Aber der Unterschied dazu ist, dass es so geballt kam. Das sind wir natürlich auch nicht gewohnt."

Altenpfleger Marcus Weniger bei der Arbeit im Pflegeheim Haus Jacobus in Osthofen (Foto: Haus Jacobus Osthofen)
Altenpfleger Marcus Weniger bei der Arbeit im Pflegeheim Haus Jacobus in Osthofen

SWR AKTUELL: Sie waren auf einer Station eingesetzt, auf der es besonders viele Infektionsfälle gab. Sind bei Ihnen auch Personen gestorben, die Sie kannten?

Weniger: Das ist ja in der Altenpflege immer ein Thema. Es sterben natürlich Menschen, was nie schön ist. Aber der Unterschied dazu ist, dass es so geballt kam und so auf einmal. Das sind wir natürlich auch nicht gewohnt. Man kennt die Menschen ja nicht nur hier von der Einrichtung. Es gibt auch welche, die jetzt hier sind, die man früher auf dem Markt getroffen hat. Wir leben hier in Osthofen. Das ist keine Großstadt, wo es sehr anonym ist, sondern natürlich kennt man sich und es ist nie einfach, einen Menschen gehen zu sehen.

SWR AKTUELL: Welche besonderen Erinnerungen haben Sie da?

Weniger: Es gab eine Dame, die war 99 Jahre alt. Und man freut sich im Vorfeld: bald 100 Jahre. Das ist ja immer ein schönes Ereignis. Da war ich schon sehr erschrocken. Wochen vorher hatte ich sie noch lebhaft gesehen, wir hatten uns noch unterhalten. Und dann hieß es, die Dame ist verstorben. Da ist es schon passiert, dass man mal ein Tränchen vergießt.

SWR AKTUELL: Wie schaffen Sie es dennoch, positiv zu bleiben?

Weniger: Jeder hat ja so seine Möglichkeiten, Kraft zu schöpfen. In meinem Fall sind das mein Glaube, die Kollegen, meine Familie. Im Endeffekt sind wir für die Bewohner da. Und die brauchen uns als positive Menschen. Wir Pfleger arbeiten mit Herz. Nicht nur wir, sondern alle, die im Gesundheitswesen arbeiten. Wir machen das, um den Menschen zu helfen, und das geht einem ja nicht verloren, auch wenn die Situation schwierig ist. Letztendlich hat mir geholfen, mir immer wieder zu sagen, warum ich das eigentlich tue.

Osthofen

Mehr als 100 Infizierte 13 Tote nach Corona-Ausbruch in Altenheim in Osthofen

In einem Seniorenheim in Osthofen hatten sich mehr als 100 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. 13 Menschen sind inzwischen im Zusammenhang mit dem Virus gestorben.

Mainz

Unverständnis über Regelung Corona in Mainzer Altenheim - Quarantäne trotz Dreifach-Impfung

Nach mehreren Covid-Infektionen in dem Mainzer Altenheim "Zum Laubenheimer Ried" ist das Leben für viele Bewohner wieder sehr viel schwieriger geworden. Es gelten Besuchsverbot und Quarantäne.

Mainz

Immer mehr Infektionen 21 Corona-Fälle in drei Mainzer Senioreneinrichtungen

In zwei Seniorenheimen und einer Unterkunft für ältere Menschen in Mainz sind inzwischen 21 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das hat die Kreisverwaltung Mainz-Bingen bestätigt.

Rheinland-Pfalz

Aktuelle Informationen Kassen-Chef fordert Aufarbeitung der Pandemie

Nach drei Jahren Corona sind alle Regeln außer Kraft, die Zahlen relativ niedrig. Im Vordergrund stehen nun die Folgen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Alle News dazu in unserem Blog.

Feiertagmorgen SWR1

Rheinland-Pfalz

Entwicklung der Pandemie Sieben-Tage-Inzidenz in RLP steigt weiter

Das Landesuntersuchungsamt (LUA) hat am Montag 3.781 (Freitag: 2.588) neue bestätigte Corona-Fälle gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Rheinland-Pfalz ist im Vergleich zu vergangener Woche erneut gestiegen.