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Gentrifizierung: Wer kann sich das Leben in der Mainzer Neustadt noch leisten?

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Autor/in
Stefan Schmelzer
Stefan Schmelzer ist Reporter im SWR Studio Mainz

Wenn es ums Mieten geht, gehört Mainz zu den teuersten Städten in Deutschland. Die Stadt ist beliebt, der Wohnraum knapp. Besonders deutlich wird das im Stadtteil Neustadt.

Die einstige Arbeitergegend ist in den vergangenen Jahren zu einem angesagten Viertel mit hippen Cafés und Bars geworden. Im ehemaligen Containerhafen kann man nun zum Beispiel in schicken - und vor allem teuren - Wohnungen mit Blick auf den Rhein wohnen.

Private Investoren haben hier prestigeträchtige Gebäude aus dem Boden gestampft. Und auch sonst haben Angebot und Nachfrage die Mieten in der Neustadt in den letzten Jahren drastisch steigen lassen. Wer keinen alten Mietvertrag hat, wird bei Neueinzug ordentlich zur Kasse gebeten.

WG-Zimmer-Mieten in der Mainzer Neustadt stark gestiegen

Das trifft Familien mit Kindern, Alteingesessene und Studierende. Gerade bei kleineren Wohnungen und WG-Zimmern sind die Mieten in den vergangenen Jahren explodiert.

Lana studiert in Mainz Innenarchitektur. Sie erzählt, dass sie für ein 15 oder 16 Quadratmeter großes WG-Zimmer 500 Euro bezahlen muss. "Leisten kann ich mir das auch nur, weil mich meine Eltern unterstützen."

Studentin Lana: Gentrifizierung: Wer kann sich das Leben in der Mainzer Neustadt noch leisten?
Lana studiert in Mainz und lebt gerne in der Neustadt.

Natürlich sagt Lana, hätte sie auch etwas außerhalb günstigere Alternativen finden können, es sollte aber die Neustadt sein. "Ich wollte eigentlich mittendrin sein. Der Bahnhof ist in der Nähe und ich bin schnell an der Hochschule." Und es sei schon praktisch, wenn man, um einen Kaffee zu trinken, einfach nur vor die Tür gehen könne.

Teure Wohngegend rund um den Mainzer Zollhafen

Direkt am Zollhafen ist in den vergangenen Jahren in der Neustadt ein neues Wohngebiet gebaut worden. Hier gibt es vor allem Luxuswohnungen am Rhein, die natürlich auch dementsprechend teuer sind.

Jörn lebt mit seiner Lebensgefährtin seit gut einem Jahr in einer solchen Wohnung. "Wir haben gut 100 Quadratmeter und die Miete liegt so um die 2.500 Euro. Wir haben eine Terrasse und einen Balkon. Das Haus, das wegen seiner Fassade auch Goldenes Haus genannt wird, ist jetzt etwas über zwei Jahre alt und prima eingerichtet. Es kostet natürlich einiges, aber wir sind sehr glücklich", erzählt er.

Ein neu gebautes Wohnhausn am Zollhafen: Gentrifizierung: Wer kann sich das Leben in der Mainzer Neustadt noch leisten?
Direkt am Zollhafen in Mainz steht unter anderem dieses neue Haus, in dem es viele teure Wohnungen gibt.

Leisten könnten sich die beiden das, weil seine Freundin sehr gut verdiene, so Jörn. Aber es sei halt auch sehr schön. "Du kannst am Rhein hier spazieren gehen und bist in der Neustadt sehr schnell überall. Ob Einkaufsmöglichkeiten oder irgendwo nett einen Wein trinken, alles ist sehr nah."

Hohe Mieten vertreiben Leute aus der Neustadt

Aber, und genau das ist das Problem, viele können sich das nicht leisten. Bernd Thewes ist ein Künstler aus Mainz. Jahrelang hatte er sein Atelier am Gartenfeldplatz, zur Miete. Dann wurde das Haus verkauft und saniert. Freiwillig wollte er sein Atelier aber nicht aufgeben, erzählt er.

Künstler Bernd Thewes: Gentrifizierung: Wer kann sich das Leben in der Mainzer Neustadt noch leisten?
Bernd Thewes hatte sein Atelier in der Neustadt, musste es aber aus Kostengründen aufgeben.

"Ich musste raus, mir wurde gekündigt. Das hatte sich aber vorher schon angebahnt. Und wenn ich jetzt da versucht hätte, drin zu bleiben, hätte ich es einfach nicht bezahlen können."

Früher, erzählt er, lebten in dem Haus noch mehrere Familien mit kleineren Kindern. "Die hatten alle nicht viel Geld, konnten sich das nicht mehr leisten und sind weggezogen." In Bernds ehemaligem Atelier ist jetzt übrigens ein Architekturbüro.

In der Mainzer Neustadt wohnen also arm und reich zusammen - noch. Denn immer mehr Alteingesessene werden durch die hohe Mieten verdrängt, der Nachteil der Gentrifizierung.

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