Jüdischer Friedhof Mainz (Foto: IMAGO, IMAGO / epd)

Ein Jahr Weltkulturerbe in Mainz

Jüdischer Friedhof in Mainz noch kein UNESCO-Aushängeschild

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Der jüdische Friedhof versteckt sich in Mainz hinter einem alten Maschendrahtzaun an einer vernachlässigten Straße. Ein Jahr ist seit seiner Aufnahme in die UNESCO Welterbeliste vergangen. Bis das jüdische Erbe angemessen präsentiert wird, dauert es noch.

Sichtbar hat sich wenig getan in dem Jahr nachdem die Stadt Mainz stolz verkündet hatte "Wir sind Welterbe". Nur mehrere Werbebanner am Zaun weisen darauf hin, dass sich dahinter ein UNESCO-Welterbe verbirgt.

Der Friedhof bleibt auch künftig abgeschlossen, das haben die Stadt Mainz und die Jüdische Gemeinde vereinbart. Begehen kann man ihn nur, wenn man eine Führung bucht.

Angebote zu Führungen schwer auffindbar

Wer die allerdings im Internet sucht, sieht zunächst nur einen Termin pro Monat, angeboten vom Verein "Geographie für Alle". Zwischen November und Februar gibt es gar keine Termine. "Zweimal im Monat gibt es weitere Angebote von der Touristik-Zentrale" sagt Elke Höllein, die Leiterin des Mainzer Stadtmarketings. Allerdings sind die auf der Internetseite der Touristik-Zentrale genauso versteckt, wie der Friedhof selbst.

Zurzeit kann man allenfalls als Gruppe eine Führung anfragen. Die Stadt stellt Verbesserungen in Aussicht. "Wir sind dabei, alle Angebote über Führungen auf dem alten jüdischen Friedhof zusammenzufassen" sagt Elke Höllein.

Nachfrage nach Führungen steigt seit UNESCO-Ernennung

Seit der Anerkennung durch die UNESCO sei die Nachfrage so groß, dass Mainz jetzt fünf weitere Gästeführer ausbilde. Im vergangenen Jahr hätten bereits 3.000 Menschen den Friedhof am Judensand im Rahmen von Führungen besucht.

Es sei im vergangenen Jahr einiges parallel geschehen: So werde ein Flyer über den Friedhof mit Bildern vorbereitet und eine Neuauflage der Broschüre "Magenza", die die Orte jüdischen Lebens in Mainz vorstellt.

Besucherzentrum bis Ende 2023

Das wichtigste Projekt ist jedoch die Umgestaltung am Friedhof selbst. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen, um das grüne Gelände mit den roten Sandsteinen aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken, oder es sichtbarer zu machen.

Ein Besucherzentrum wird am Rand des Friedhofs entstehen, durch die Hanglage soll es einen weiten Blick über das Gelände ermöglichen. Hierzu gab es bereits 2020 einen Architektenwettbewerb. Der Siegerentwurf sieht einen Bau mit viel Glas vor und einer Terrasse.

Jüdischer Friedhof in Mainz: Hecke statt Maschendrahtzaun

Statt des alten Zauns soll eine Eibenhecke die jüdischen Grabstätten umgeben, unterbrochen von schmalen Öffnungen, die einen Blick von außen auf das Gelände erlauben.

"Es ist kein einfaches Projekt, bei dem man einfach mal so einen Pavillon baut. Wir müssen auch im Hinblick auf die ewige Totenruhe besondere Rücksicht nehmen."

Teil der SchUM-Städte: Es muss viel abgestimmt werden

Der Mainzer Oberbürgermeister sagt, alle Schritte müssten mit der Denkmalbehörde und der Jüdischen Gemeinde besprochen werden. Zur inhaltlichen Gestaltung des Projekts sei Mainz in enger Abstimmung mit den anderen SchUM-Städten Worms und Speyer.

Der Name "SchUM" setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen, hebräischen Namen Schin (Sch) für Schpira, Waw (U) für Warmaisa und Mem (M) für Magenza. Zu den besonderen Orten aus dem 11. Jahrhundert zählen neben dem Jüdischen Friedhof in Mainz (Magenza), der Judenhof in Speyer (Schpira) und der Synagogenbezirk in Worms (Warmaisa).

Werbebanner für Weltkulturerbe am Alten jüdischen Friedhof Mainz (Foto: SWR, Sabine Steinbrecher)
Werbebanner für Weltkulturerbe am Alten jüdischen Friedhof Mainz

Mainzer kannten ihren Jüdischen Friedhof nicht

Die Jüdische Gemeinde Mainz freut sich, dass der Friedhof künftig angemessen aufgewertet wird. Es sei tragisch, sagt Peter Waldmann vom Vorstand, dass bis zur Ernennung zum Welterbe noch nicht mal die Mainzer selbst den Jüdischen Friedhof kannten. Jetzt hoffe er, dass die Schönheit des Erbes aus dem Mittelalter sichtbar werde: Mehr als 180 der 1.800 Grabsteine stammen aus der Blütezeit von SchUM.  

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SWR