5G statt 2G - gegen einen besseren Handyempfang haben die Bürger des urigen Weinorts Bechtolsheim (Landkreis Alzey-Worms) eigentlich nichts einzuwenden. Allerdings soll der etwa 50 Meter hohe neue Funkmast ausgerechnet am Ortseingang der rheinhessischen Ortschaft stehen. Eine potenzielle Bedrohung für den Tourismus?
"Wir haben eine Dorferneuerung durchgeführt, mit allem Wenn und Aber, und haben wirklich Tolles geschaffen - und würden jetzt unser Ortsbild durch so einen Funkmast verschandeln", sagt Anne Wieland, Gemeinderätin und Betreiberin einer Ferienwohnung. Wie sie fürchten auch andere, dass der Anblick Besucher des Petersbergs, der denkmalgeschützten Langgasse oder des Pilgerwegs, der von Biebelnheim in den Ort führt, abschrecken könnte.
Warum ein neuer Funkmast kommen soll
Der Gemeinderat stimmte deswegen gegen den Standort. Dennoch könnte es sein, dass die Kreisverwaltung den Bau des Turms genehmigt. Bauen will den Sendemast auf dem Acker vor Bechtolsheim das Unternehmen Vantage Towers im Auftrag von Vodafone. Denn das sei der beste Standort für den Funkmast, so Unternehmens-Vorstand Christian Sommer.
Bislang betreibt Vodafone sein Funknetz über eine Anlage an einem anderen Turm. Doch der Besitzer des Turms hat den Mietvertrag gekündigt und auch die Mobilfunkbetreiber Telekom und Telefónica mussten sich nach Alternativen umschauen.
Das sorgt besonders für Ärger
Was Ortsbürgermeister Dieter Mann (CDU) und den Gemeinderat nun besonders ärgert: Von den Funkturm-Plänen erfuhren sie erst, als Vantage Towers die Bauanträge schon eingereicht hatte. Da hatte sich das Unternehmen längst mit dem Besitzer des Ackers geeinigt. "Telekom kam auf uns zu und hat das Gespräch gesucht. Vantage Towers hat kein Gespräch gesucht. Die haben uns vor vollendete Tatsachen gestellt", so Mann.

Das stimme so nicht, sagt Vorstand Sommer. So habe die Verbandsgemeinde Alzey-Land bereits von Anfang von der Suche nach einem Standort gewusst. Ob diese ihre Informationen dann auch an den Ortsbürgermeister und den Gemeinderat weitergegeben habe, könne er jedoch nicht sagen.
Die Bechtolsheimer Politiker haben dem Sendemastbetreiber derweil Gegenvorschläge gemacht. Denn auch die Telekom hat einen neuen Standort gefunden - auf einem Getreidesilo im Ort. "Ich habe mit dem Architekten von Vantage Towers telefoniert, habe ihm gesagt, dass der Standort unglücklich ist", sagt Mann. Zusammen habe man sogar am Telefon nach anderen Standorten gesucht. "Aber trotz alledem ist momentan nichts rausgekommen."
Mobilfunkausbau sticht schöne Landschaft?
Nun hoffen die Bechtolsheimer, dass der Kreis als Genehmigungsbehörde das Bauvorhaben stoppen kann. Eine Entscheidung steht zwar noch aus. Aber viel Hoffnung macht auch Kreisbauamtsleiterin Jana Hempel nicht: "Unsere Einschätzung wäre, dass das Orts- und Landschaftsbild an dieser Stelle nicht so stark gestört ist, dass es ein öffentlicher Belang ist, der dem Vorhaben entgegensteht." Denn der 5G-Mobilfunkausbau ist ein sogenanntes privilegiertes Vorhaben - auch gegenüber einer schönen Landschaft.
Unterschiedliche Interessen beim Mobilfunkausbau wie in Bechtolsheim gibt es häufig in Rheinland-Pfalz. Im Land gibt es dafür seit März 2020 eine Clearingstelle. Rund 100 Mal hat sie bereits vermittelt. Der für Digitalisierung zuständige Minister Alexander Schweitzer (SPD) sieht das als Erfolg - unzureichende Kommunikation sei nämlich die häufigste Ursache für Probleme.
Man wolle daher künftig früher mit den Mobilfunkunternehmen ins Gespräch gehen und "dabei begleiten, die örtliche Kommunikation frühzeitig anzugehen", so Schweitzer.
Zeigt Vodafone Gesprächsbereitschaft?
Im Zuge der SWR-Recherche kam tatsächlich Bewegung in den scheinbar festgefahrenen Konflikt: So signalisierte Vodafone laut Vantage Towers Gesprächsbereitschaft. Vielleicht gibt es also doch noch einen Kompromiss, der alle Beteiligten zufrieden stellt.
Denn auch die Bechtolsheimer sind offen: "Ich glaube, hier ist auch keiner gegen den Funkturm an sich", sagt Ortsbürgermeister Mann. "Wir wollen das ja. Wir wollen den Ausbau der Telekommunikation." Nur der Standort - der sei eben sehr unglücklich gewählt. "Ich setze jetzt all meine Kraft in die Vermittlungsgespräche ein, damit da was passiert."
