Für Besucher ist es ein echter Überraschungsmoment, wenn sie aus der Einkaufsstraße "Römerpassage" in das Isis-Heiligtum hinabsteigen. Gerade mal ein Stockwerk tiefer und man taucht aus dem Trubel der Shoppingzone in eine geradezu mystische Atmosphäre.
Der Kontrast wird durch die schummrige Beleuchtung verstärkt, die einen in dem Ausstellungsbereich empfängt. Bodenstrahler setzen die Mauerreste dezent in Szene, an den Wänden warm beleuchtete Vitrinen mit Fundstücken und über allem ein mit winzigen Leuchten angedeuteter Sternenhimmel. Laura Müller von der Initiative Römisches Mainz macht regelmäßig Führungen durch den Isis- und Mater Magna-Tempel und bestätigt, dass viele Besucher von den Räumlichkeiten begeistert sind.
"Die meisten unserer Besucher haben so einen Wow-Moment, wenn sie hier reinkommen."
Isis-Tempel aus dem 1. Jahrhundert nach Christus
Bei dem Heiligtum handelt es sich um Teile eines Tempels für die altägyptische Gottheit Isis und die orientalische Mater Magna (lateinisch für Große Mutter) - das einzige Doppelheiligtum für beide Göttinnen gemeinsam nördlich der Alpen. Der Tempel wurde vermutlich im 1. Jahrhundert nach Christus errichtet und bis ins 3. Jahrhundert genutzt.
Neben Mauerresten von heiligen Gebäuden fanden die Archäologen damals unzählige Öllämpchen, Bronzefiguren, Zauberpuppen aus Ton, Altäre, Münzen, Miniaturäxte, kleine Statuetten und vieles mehr. Diese Funde ermöglichten eine relativ genaue zeitliche Zuordnung.

Liebespaar aus Bronze und Opfergaben
Unter den geborgenen Statuetten befinden sich beispielsweise ein eng umschlungenes Liebespaar, eine Venus, ein Stier mit einer Opferbinde und ein bronzener Merkur mit einem Geldsack in der Hand.
Aufsehenerregend waren nach Angaben der Initiative Römisches Mainz (IRM) auch die freigelegten Opfergaben: Neben Früchten wie Datteln und Feigen wurden offensichtlich Pinienkerne und Getreidekörner auf Altären verbrannt.
Hühnerknochen mit Verwünschungen und Voodoo-Puppen
Auch Tieropfer wurden dargebracht. Das zeigen zahllose Hühnerknochen, die beigelegt waren. Diese Knochen dienten laut IRM als magische Hilfsmittel. Um sie wurde ein Bleitäfelchen gewickelt. Dieses war mit Texten oder Zeichen beschriftet und beinhaltete eine Verwünschung gegen eine bestimmte Person, die meist auch namentlich genannt wurde.
Auch Zauberpuppen aus Ton dienten einer Art Voodoo-Zauber. Auf dem Körper einer Puppe sind mehrere Einstiche zu sehen. Vermutlich wurde sie durchbohrt, um eine bestimmte Person mit einer Art Liebeszauber einzufangen. Andere wurden in der Mitte durchgebrochen - das sollte der Zielperson vermutlich eher Schaden zufügen.
Bürgerengagement in Mainz rettet Heiligtum
Am 30. August 2003 wurde die Stätte mit all ihren Sehenswürdigkeiten für Besucher zugänglich gemacht und das ist schon fast eine weitere Sensation. Denn es war dem Engagement einiger Bürgerinnen und Bürger in der Initiative Römisches Mainz zu verdanken, dass dieses Heiligtum gerettet wurde. Sie sammelten 10.000 Unterschriften und erreichten so, dass der Tempel erhalten blieb und in einer modernen Inszenierung für die Allgemeinheit geöffnet wurde.
"Das Heiligtum ist heute ... ein Symbol für die Tatkraft der Mainzer Bürgerschaft und sie ist damit auch eine Verpflichtung, die uns in die Zukunft führt"
Kulturelles Erbe sei eine dauerhafte Aufgabe, sagt Christian Vahl, der Vorsitzende der Initiative Römisches Mainz. Die Stadt Mainz habe ein herausragendes historisches Erbe. Das Konzept der Römerstadt Mogontiacum dürfe man auch bei zukünftigen Funden nicht aus den Augen verlieren.
Festakt und öffentliche Führungen zu 20 Jahre Isis-Tempel
Jetzt, 20 Jahre später, wird die damalige Entdeckung groß gefeiert. Am Freitagabend, 1. September, gibt es einen großen Festakt mit wichtigen damaligen Protagonisten wie dem ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck und dem damals verantwortlichen Landesarchäologen Gerd Rupprecht.
Am Samstag, 2. September, folgen dann um 14 und um 16 Uhr öffentliche Führungen durch das Heiligtum für Isis und Mater Magna. Die Führungen sind kostenlos und dauern etwa eine Stunde. In der übrigen Zeit ist der Rundgang durch die Ausstellung in Info-Stationen aufgeteilt. An den einzelnen Stationen stehen Mitarbeitende des IRM-Teams, die vertiefende Informationen geben.
In unmittelbarer Nähe zum Heiligtum für Isis und Mater Magna informiert außerdem eine Diashow über die Grabungen in den Jahren 1999 bis 2001, zusammengestellt vom Team der Generaldirektion Kulturelles Erbe.