Landgericht Frankenthal: Angeklagter im Armbrust-Mord-Prozess (Foto: SWR)

Motiv bleibt im Dunkeln

Nachbarin in Neustadt getötet: Knapp sieben Jahre Haft

Stand
AUTOR/IN
Leon Ahnesorg
ONLINEFASSUNG
Panja Schollbach

Weil er seine Nachbarin brutal erschlagen hat, muss ein 69-Jähriger aus Neustadt für 6 Jahre und 9 Monate wegen Totschlags ins Gefängnis. Die Tat sei zwar grausam, aber kein Mord gewesen, sagte der Richter.

Landgericht Frankenthal von außen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Uwe Anspach)
Das Landgericht Frankenthal

"Was ist gerecht? Kann der Schmerz der Angehörigen der Maßstab sein?", fragte der Vorsitzende Richter des Frankenthaler Landgerichts bei der Urteilsbegründung am Montag. Dabei blickte er in Richtung des Bruders der getöteten Frau im Zuschauerraum. "Selbst wenn ich ihm 15 Jahre gegeben hätte, der Schmerz wäre der gleiche gewesen."

Nachbar soll Frau auf den Kopf geschlagen haben

Das Gericht sah es als erweisen an, dass der 69 Jahre alte Angeklagte aus Neustadt vor einem Jahr im Februar 2021 seine 50 Jahre alte Nachbarin getötet hat. Dabei soll er mehrfach mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf der Frau eingeschlagen haben. Das bestätigte auch das Gutachten: Die Frau erlitt zahlreiche Verletzungen am Kopf. Die Todesursache war ein offenes Schädel-Hirntrauma, so der Autopsiebericht.

Gericht sieht Mordmerkmal der Grausamkeit nicht

Das Gericht sah bei der Tat das Mordmerkmal Grausamkeit allerdings nicht erfüllt und verurteilte den Angeklagten wegen Totschlags. Zuvor hatten Staatsanwaltschaft und Nebenanklage sieben Jahre Haft und die Verteidigung sechs Jahre gefordert. "Er würde die Tat rückgängig machen, wenn er könnte", beteuerte die Verteidigerin des Angeklagten.

Der Angeklagte müsse "mit der Schuld leben, einem anderen Menschen das Leben genommen zu haben", so der Richter. Das Geständnis des Angeklagten wertete er als wichtig für den Prozess, denn die Blutspuren am Tatort hätten keine eindeutigen Belege für die Schuld des Angeklagten geliefert.

Nebenklage: "Wie sie sterben musste, war bestialisch"

"Die Art und Weise wie sie sterben musste, war bestialisch", sagte am Montag der Anwalt, der im Prozess den Vater des Opfers als Nebenkläger vertritt. Bis zum Schluss habe die Verhandlung keine Erkenntnisse gebracht, warum die 50-Jährige sterben musste. Die Tat bleibe letztlich unbegreiflich.

Der 69-Jährige soll seine Nachbarin getötet haben. Das Motiv blieb während des Prozesses im Dunkeln. (Foto: SWR)
Der 69-Jährige soll seine Nachbarin getötet haben. Das Motiv blieb während des Prozesses im Dunkeln.

Psychiater: Keine Hinweise für psychische Störung des Angeklagten

Wie konnte es dazu kommen? Der psychiatrische Gutachter sagte am Montag im Zeugenstand, es gebe keine Hinweise auf eine psychische Störung des Angeklagten. Der Mann habe bis zur Tat ein unauffälliges Leben geführt ohne Vorstrafen. Allerdings weigerte sich der Angeklagte, mit dem Psychiater selbst zu sprechen. Er habe sich nur durch die Gerichtsakten ein Bild des Mannes machen können.

Bruder des Opfers verliest emotionales Statement

Der Bruder und der Vater der getöteten Frau verfolgten den Prozess im Gerichtssaal. Zum Abschluss verlas der Bruder am Montag ein emotionales Statement: "Wir wünschen uns nichts mehr, als dass sie noch unter uns weilen würde", sagte er. "Wir werden nie wieder die Gelegenheit bekommen, sie in den Arm zu nehmen." Der Angeklagte habe mit der Tat zwei Kindern die Mutter genommen. Die Familie sei aber froh, dass der Prozess zu Ende sei. Die Frau wurde damals in einem Keller eines Mietshauses in Neustadt im Stadtteil Mußbach gefunden. Der 69-jährige Angeklagte war ein Nachbar des Todesopfers.

Prozessbeteiligte verständigten sich über Strafmaß

Nach Gerichtsangaben hatten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter im Vorfeld allerdings bereits auf eine Haftstrafe zwischen sechs und sieben Jahren verständigt. Der Bruder des Opfers kritisierte den Deal der Prozessbeteiligten. Er habe kein Verständnis dafür: "Wir sprechen von einer Tat, bei der er 20 Mal auf das Opfer eingeschlagen und es dann wie Müll abgelegt hat." Nach seinem Statement im Gerichtssaal konnte er die Tränen nicht zurückhalten.

Staatsanwaltschaft: Angeklagter empfand Nachbarin als "zu laut"

Im Plädoyer der Staatsanwalt hieß es, der Angeklagte sei als eine Art Hausmeister wahrgenommen worden, weil er öfter im Haus half. Er habe aber auch ungefragt geholfen, was offenbar zu Problemen führte. Um das zu erkennen, habe ihm das Gespür gefehlt. Der Angeklagte habe vor der Tat gesagt, dass die Nachbarin "zu laut" sei.

Angeklagter und Opfer gerieten wohl in Streit

Am Tag der Tat seien beide zufällig im Keller des Mietshauses aufeinander getroffen und es sei zum Streit gekommen. "Er schlug vermutlich mit einem Alurohr auf sie ein", so die Anklage. Der Mann hörte auch nicht auf, als die Frau am Boden lag. Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann nach der Tat die Blutspuren beseitigt und die Frau in einem der Kellerräume abgelegt haben.

Ludwigshafen

Jetzt die SWR Aktuell App runterladen Aufs Handy: Nachrichten aus Ludwigshafen, der Süd- und Vorderpfalz

Die SWR Aktuell App bringt Ihnen kurz und knapp alles Wichtige auf Ihr Smartphone. Sie bekommen auch gezielt Nachrichten aus Ludwigshafen und der Pfalz. So funktioniert's:

Stand
AUTOR/IN
Leon Ahnesorg
ONLINEFASSUNG
Panja Schollbach