1832 zogen etwa 30.000 Menschen auf das Hambacher Schloss und forderten Meinungs- und Pressefreiheit - ein Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte.
Gefeiert wurde auch auf dem Hambacher Schloss
190 Jahre später wurde dieses Ereignis an den Originalorten des Hambacher Festes von 1832 gefeiert: auf dem Neustadter Marktplatz, auf dem Weg zum Schlossberg und auf dem Hambacher Schloss selbst. Programm wurde hier wie dort geboten, vom Konzert über Straßenkunst und Diskussionsforen bis zum Weindorf im Rathaus-Innenhof. 40 Vereine, Institutionen, Privatpersonen und Künstlerinnen und Künstler beteiligten sich am Programm für das Fest.
Auszeichnung für Alt-Bundespräsident Joachim Gauck
Das Fest endete am Sonntagabend mit der erstmaligen Verleihung des "Hambacher Freiheitspreises 1832" an den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Gauck erhalte die Auszeichnung, weil er sich stets für die Demokratie einsetze und nie ein Blatt vor den Mund nehme, so der Neustadter Oberbürgermeister Marc Weigel (FWG). Der Preis wurde erstmals verliehen.
Demokratie-Preis auch für Förderschule in Neustadt an der Weinstraße
Aber nicht nur der frühere Bundespräsident, auch eine Förderschule in Neustadt an der Weinstraße erhielt eine Auszeichnung für ihr Engagement zugunsten der Demokratie. Die Schubert-Schule legt viel Wert auf politische Bildung. Was ist Demokratie, welche Rechte und Pflichten hat jeder Einzelne, und was ist während der NS-Diktatur passiert? Von der ersten Klasse an lernen die insgesamt 140 Kinder und Jugendlichen das demokratische Einmaleins. Dafür wurde der Schule am Sonntag auf dem Hambacher Schloss der erstmals ausgeschriebene "Johann-Philipp-Abresch-Preis" der Stadt Neustadt verliehen. Benannt ist der Preis nach einem Kaufmann aus Neustadt, der am 27. Mai 1832 eine schwarz-rot-goldene Fahne zum Hambacher Schloss trug, wo sie dann auf dem Turm gehisst wurde.
Im SWR sagte Gauck, er freue sich immer wieder, dass sich junge Leute für die Demokratie engagierten. "Wir erleben ja immer wieder, dass es nicht selbstverständlich ist, dass alle Leute die Demokratie gut finden. Und damit brauchen wir das Zusammenwirken von Zivilgesellschaft, Schule und von den offiziellen Stellen, die regieren oder im Parlament sitzen, wenn es um die Demokratie geht.“

Rund 3.000 Menschen bei nicht angemeldeten Demonstrationen
Insgesamt nahmen rund 3.000 Menschen am Samstag an Aufzügen teil, die von der Neustadter Innenstadt in Richtung Hambacher Schloss führten, und die nicht angemeldet waren. Die Versammlungsbehörde der Stadt entschied, die Demonstrationen zuzulassen.
Hambacher Schloss: Polizei sperrt am Samstagnachmittag Zugang
Nach Auskunft der Stadtverwaltung Neustadt nutzten die etwa 3.000 "Störer" verschiedenste Wege, um zum Hambacher Schloss zu gelangen. Sie alle seien weiß gekleidet gewesen, um sich bewusst vom Demokratiefest abzuheben. Das Programm auf dem Schloss sei durch sie am Samstagnachmittag so stark gestört worden, dass der Zugang zum Schloss vorübergehend geschlossen werden musste, so die Stadtverwaltung.
"Alleine durch das Tragen uniformer Kleidung und einer gewollten Spaltung der Festteilnehmer hat das Verhalten dem einigenden, weltoffenen und bunten Charakter des Demokratiefestes widersprochen“, so Marc Weigel, Oberbürgermeister von Neustadt (FWG). Und weiter: "Schön, dass rund 5.000 Menschen dennoch friedlich in der Innenstadt feiern konnten.“
Neustadt: Kritik der Gedenkstätte für NS-Opfer und des DGB
Anja-Maria Bassimir von der Gedenkstätte für NS-Opfer e.V. und Rüdiger Stein, Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) für die Region Pfalz kritisieren, dass die Stadt sich entschieden hatte, die unangemeldete Demonstration zuzulassen. Der Verein und der DGB waren auf dem Demokratiefest an der Gedenkstätte und mit einem Stand des Regionalen Bündnisses gegen Rechts vertreten. Die Ehrenamtlichen seien zunächst von der Polizei aufgefordert worden, ihre Banner einzurollen und die Stände abzubauen, um die "Weißgewandeten" nicht zu provozieren. Dennoch seien die Helferinnen und Helfer von den Demonstranten angefeindet und mit Müll beworfen worden.
Die Demonstranten hätten neben der Deutschlandfahne auch Flaggen und Symbole der Reichsbürgerbewegung auf dem Hambacher Schloss wehen lassen und antisemitische und holocaustrelativierende Parolen von sich gegeben. "Da unter diesen Bedingungen kein Demokratiefest zu feiern ist und keine Mitmachtaktionen für Familien möglich sind, haben wir uns nach langer Diskussion entschieden am 2. Festtag nicht mehr dabei zu sein", teilen Bassimir und Stein mit.
Schloss-Managerin prüft rechtliche Schritte
"Dies tut uns insbesondere für alle Künstlerinnen und Künstler und Programmbeteiligte leid, die für den Nachmittag und Abend das Demokratiefest mit ihren Beiträgen bereichern wollten. Da es sich um eine im Vorfeld angekündigte und vorsätzliche Störung einer Veranstaltung handelt, wird die Stiftung Hambacher Schloss prüfen, ob gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten sind“, so Schlossmanagerin Ulrike Dittrich.
Malu Dreyer: "Demokratie ist nicht geschenkt"
Das Demokratiefest, das Thema Demokratie, könne aktueller nicht sein, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Sonntag dem SWR. "Demokratie ist nicht geschenkt", man müsse sie immer wieder verteidigen. Menschen, die zum Beispiel das Demokratiefest störten, zeigten, dass bei uns Demokratie herrsche und diese stark genug sei, so etwas auszuhalten.
Demokratiefest soll alle zwei Jahre stattfinden
Organisiert wurde das "Fest der Demokratie" von der Stadt Neustadt und der Stiftung Hambacher Schloss. In den kommenden zehn Jahren, also bis zum 200. Jubiläum, soll das Neustadter "Fest der Demokratie" alle zwei Jahre stattfinden.