Booster-Impfungen und neuer Impfstoff Novavax

Klinikdirektor aus Ludwigshafen: Hoffen, an Katastrophe vorbeizuschrammen

Stand
INTERVIEW
Panja Schollbach

Im Klinikum Ludwigshafen werden mehr als 50 Corona-Patienten behandelt - darunter auch Corona-Leugner. Klinikdirektor Günter Layer sagt, warum er sich Sorgen wegen der Corona-Variante Omikron macht und was er Familien an Weihnachten rät.

Der Eingang des Klinikums Ludwigshafen (Foto: SWR)
Der Eingang des Klinikums Ludwigshafen

Im Klinikum Ludwigshafen werden derzeit (Stand 23. Dezember) mehr als 50 Corona-Patienten behandelt - der Großteil von ihnen ist ungeimpft. Auf der Intensivstation liegen aktuell 17 Patienten, 39 Erkrankte werden auf der Covid- Normalstation behandelt. In der Weihnachtswoche sind sechs Corona-Patienten gestorben. Außerdem sind nach Angaben des Klinikums zwei schwerkranke Corona-Patienten an eine ECMO, eine künstliche Lunge, angeschlossen.

SWR Aktuell: Herr Prof. Layer, Sie hatten im November befürchtet, dass an Weihnachten alle Intensivbetten im Klinikum belegt sein würden und Notfälle dann nicht mehr versorgt werden könnten. Ist das denn eingetroffen?

Prof. Günter Layer: Ja, es ist leider so, wie ich befürchtet hatte. Wir sind im Klinikum Ludwigshafen stark belastet. Und wir haben natürlich alle Sorge, wie es weitergeht, wenn jetzt noch die ansteckendere Corona-Variante Omikron auf uns zukommt.

"Ein Patient, der jetzt verstorben ist, war 82, nicht geimpft und glaubte auch nicht, dass es Corona-Erkrankungen und das Virus überhaupt gibt!"

SWR Aktuell: Sie haben aktuell 17 Patienten auf der Intensivstation und knapp 40 auf der Corona-Normalstation. Wie ist denn die Lage? Wen behandeln Sie aktuell?

Layer: Auf der Intensivstation liegen immer noch weitgehend ungeimpfte Patienten. Das zeigt eben, dass das Risiko, schwer zu erkranken, für die Ungeimpften deutlich höher ist – fünf bis zehnmal so hoch wie für Geimpfte. Und viele unserer Patienten sind zwar alt, aber trotzdem nicht geimpft.

Fast das gesamte Klinikpersonal in Deutschland hat sich gegen Corona impfen lassen.  (Foto: dpa Bildfunk, Andreas Arnold)
Fast das gesamte Klinikpersonal in Deutschland hat sich gegen Corona impfen lassen.

SWR Aktuell: Haben Sie auch Corona-Leugner unter den Patienten?

Layer: Ein Patient, der jetzt verstorben ist, war 82, nicht geimpft und glaubte auch nicht, dass es Corona-Erkrankungen und das Virus überhaupt gibt! Und die Geimpften auf der Intensivstation sind Patienten mit schweren Vorerkrankungen, Patienten mit Immuneinschränkungen, auch Diabetiker und oft sehr dickleibige Patienten, die auch ein höheres Risiko haben. Es handelt sich um die klassischen Vorerkrankungen, die wir jetzt schon seit fast zwei Jahren kennen.

Prof. Layer berät sich mit Mitarbeitern im Klinikum Ludwigshafen (Foto: SWR)
Prof. Layer berät sich mit Mitarbeitern im Klinikum Ludwigshafen

SWR Aktuell: Wer jetzt ungeimpft auf der Intensivstation landet, ohne vorerkrankt zu sein, nimmt in Kauf, möglicherweise schwer zu erkranken.

Layer: So sehe ich das auch. Ich verstehe es auch nicht, dass es Menschen gibt, die sich da einfach auch nicht drum gekümmert haben. Es gibt so eine Gruppe von Leuten, die sich einfach nicht impfen lassen wollen. Das ist eine kleine Minderheit, die einfach dieses Phänomen leugnen. Dann gibt es eine Gruppe, die den Impfstoffen, die ja in Deutschland weitgehend mRNA-Impfstoffe sind, nicht vertrauen.

SWR Aktuell: Aber jetzt gibt’s ja einen neuen – den Impfstoff Novavax

Layer: Da habe ich tatsächlich die Hoffnung, dass sich die Skeptiker durch diesen Novavax-Impfstoff noch impfen lassen werden. Es ist eine Impfstoff-Variante, wie wir es auch von klassischen anderen Impfungen kennen, ein sogenannter Totimpfstoff. Da werden sich sicherlich ein paar Leute noch umstimmen lassen!

SWR Aktuell: Wie ist denn die Stimmung beim Pflegepersonal am Klinikum?

Layer: Die Wut in der vierten Corona-Welle ist mittlerweile weniger geworden. Wenn man am Anfang von so einer Welle steht, dann ist es oft Wut: "Warum tun die mir das an?" Wenn das Pflegepersonal jetzt wochenlang wieder höchst belastet ist, dann glaube ich, bleibt bei den meisten nur so das Gefühl von Traurigkeit darüber, dass man das einfach nicht in den Griff bekommt.

SWR Aktuell: Einzelne Kliniken verschieben bereits wieder planbare Operationen wegen der Corona-Welle. Wie sieht es am Klinikum aus?

Layer: Wir operieren noch, wenn auch eingeschränkt. Zum einen sind es kleine Eingriffe, bei denen wir keine Intensivstation benötigen und kein besonderes Equipment, wie zum Beispiel in der Augen- oder Hautklinik. Das sind keine Hochrisiko-Eingriffe. Und dann gibt es schwere Operationen, Notfalloperationen z.B. bei Krebspatienten und Notfälle bei Herzerkrankungen, die man nicht aufschieben kann. Und die werden selbstverständlich auch weiterhin operiert. Verschoben werden die OPs, die wir jetzt nicht unbedingt machen müssen.

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SWR Aktuell: In der Vorder- und Südpfalz gibt es aktuell sechs Omikron-Verdachtsfälle. Hatten Sie schon mit Omikron im Klinikum zu tun?

Layer: Wir haben bislang keine Omikron-Fälle bei uns im Haus. Aber natürlich wird das kommen! Das wissen wir aus den anderen Ländern, wie den USA, da ist es explodiert. Natürlich haben wir eine gewisse Sorge, was da auf uns zukommen wird.

Günter Layer (links) ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Ludwigshafen (Foto: Klinikum Ludwigshafen)
Günter Layer (links) ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Ludwigshafen

SWR Aktuell: Die Inzidenz sinkt, trotzdem befürchten Experten, dass es da durch Omikron eine Trendwende geben wird. Stellt sich das Klinikum darauf ein und wenn ja, wie?

Layer: Wir müssen davon ausgehen, dass es diese Trendwende in den Inzidenzen gibt. In den Krankenhäusern haben wir einen Zeitverzug. Das heißt, wir merken noch nichts von einer Entspannung in der vierten Welle: Wir haben die Patienten noch, wir haben noch kein Abflauen. Bei Omikron werden zuerst die Inzidenzen wieder steigen und dann werden wir in den Kliniken das zwei bis vier Wochen später abbekommen.  Wir haben uns selbstverständlich mit Notfallplänen vorbereitet. Alles ist aber nicht planbar. Und eine der Fragen, die dann gestellt werden muss, ist: Wie schwer erkranken die Patienten mit Omikron, insbesondere die Geimpften? Und die zweite Frage: Wie viele Patienten haben wir dann zu dem Zeitpunkt noch im Krankenhaus? Haben wir es geschafft, dass die Zahlen auch in den Krankenhäusern runtergegangen sind, damit wir wieder Kapazität haben?

"Bei den meisten bleibt nur so das Gefühl von Traurigkeit darüber, dass man das einfach nicht in den Griff bekommt."

SWR Aktuell: Was, wenn nicht?

Layer: Das Schlimmste wäre, wenn die Omikron-Welle im Krankenhaus genauso ankommt, wie die Delta-Variante und wir genauso viele Patienten beklagen müssten. Wenn wir zusätzlich zu den aktuellen Patienten noch viele Omikron-Patienten versorgen müssen, dann ist zu befürchten, dass die Krankenhäuser das nicht verkraften können. Wenn dieses Worst-Case-Szenario eintritt - dann werden wir in eine schwierige Situation kommen, wo wir dann quasi alle Operationen absetzen und nur noch absolute Notfälle behandeln können. Wenn das passiert, stoßen wir sicherlich an unsere Grenzen.

SWR Aktuell: Was hoffen Sie?

Layer: Meine Hoffnung ist, dass die vierte Welle bis dahin abflaut und wir durch die vielen Booster-Impfungen derzeit vielleicht doch nicht so schwere Erkrankungen bekommen, wie bei den Delta-Wellen. Ich hoffe, dass wir knapp an so einer Katastrophe vorbeischrammen. Da müssen wir die Daumen drücken.

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SWR Aktuell: Was empfehlen Sie an Weihnachten - also jetzt auch für Geimpfte und Geboosterte?

Layer: Die Kontakte beschränken und sie auf den engen Familienkreis reduzieren. Und Familientreffen auf den Kreis beschränken, der sich auch sonst trifft. Also, jetzt nicht mit entfernter Verwandtschaft feiern, die man einmal im Jahr sieht. Ich würde dringend raten, das zu verschieben. Und diejenigen, die sich treffen, tun gut daran, wenn sie sich trotzdem auch testen.

SWR Aktuell: Wie glauben Sie, ist die Corona-Lage, wenn wir am, 23. Dezember 2022 - also in einem Jahr - miteinander sprechen?

Layer: Ich hoffe, dass die Pandemie durch die Impfungen bei uns so zurückgedrängt wird, dass sie quasi zu einer normalen Erkältungskrankheit mutiert ist. Und dass Corona dann eine "normale Krankheit" ist. Das wäre meine Hoffnung. Ob wir das nächstes Jahr schon hinkriegen oder ob es jetzt noch mal ein Jahr länger bis 2023 dauert - das würde ich, ehrlich gesagt, nicht beschwören wollen.

Das Interview führte SWR-Aktuell-Redakteurin Panja Schollbach

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