Einige Eltern kennen das: Geht das Kind in den Kindergarten, hat man als berufstätige Eltern zumindest mal bis zum frühen Nachmittag sein Kind untergebracht. Doch wehe, es wird eingeschult! Die Jagd nach einem Hortplatz oder die Suche nach einer Tagesmutter geht los. Notfalls müssen Oma und Opa mit ins Betreuungsboot.
Der vom Bund ausgesprochene Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung der Grundschulkinder, der bereits ab dem Schuljahr 2026/2027 zumindest mal für die Erstklässler gilt, verspricht da die Rettung. Sukzessive sollen dann weitere Klassenstufen folgen, bis dann alle Grundschulkinder bis zum Schuljahr 2029/2030 acht Stunden am Tag bis 16 Uhr betreut sein sollen. Auch in den Ferien.
Drei Ganztagsangebote gibt's dann oder soll es für Grundschüler in Zukunft geben. Die Betreuung im Hort, die in kommunaler Trägerschaft ist. Die reine und tatsächliche Ganztagsschule, die selbst ihre Nachmittagsangebote organisiert und stemmt. Und eben dann ab 2026/2027 für alle Grundschulkinder, die sie brauchen. Die Nachmittagsbetreuung an den Grundschulen, die ebenfalls von den Kommunen und Kreisen zu organisieren und zu finanzieren ist.

Wirkliche Ganztagsschulen sind eher selten
Kompliziert? Ja, ist es. Denn geht das Kind in eine reguläre Ganztagsschule, bleibt es dort bis 16 Uhr. Es bekommt ein warmes Mittagessen, macht seine Hausaufgaben und hat dort jede Menge zusätzlicher Lern- und Förderangebote. Das ist alles von der Schule geregelt und völlig kostenlos für die Eltern, außer dem Mittagessen.
Aber solche "richtigen" Ganztagsschulen gibt es nicht so oft. In Ludwigshafen gibt es zum Beispiel drei Ganztagsschulen: die Blies-Grundschule im Stadtteil West, die Schillerschule in Oggersheim und die Ernst-Reuter-Schule in der Gartenstadt. Das sind drei von insgesamt 24 Grundschulen.
FAQ: Was Eltern wissen sollten Ganztagsbetreuung an Grundschulen in RLP – Was gilt ab 2026?
Ab August 2026 sollen Grundschüler in Rheinland-Pfalz ein Recht auf Ganztagsbetreuung haben. Was das bedeutet? Die Antworten dazu gibt's hier.
Woher soll das Betreuungspersonal kommen?
Im kommunalen Hort betreuen Fachkräfte die Kinder am Nachmittag, vergleichbar wie in den Kitas. Die Hortbetreuung ist kostenpflichtig. Und wer betreut in der zukünftigen Ganztagsbetreuung die Kids an den Grundschulen? Das weiß niemand so genau. Auch die Kommunen nicht. Denn sie haben, ähnlich wie teilweise bei den Kitas, keine Ahnung, woher sie das Personal für die Nachmittagsbetreuung kriegen sollen.
Unklar ist auch, wer die Nachmittagsangebote an der Schule machen soll. Vereine? Private Initiativen? Soziale Träger? Eltern mit ein paar Stunden Fortbildung? Rentner? Studierende? Klar ist nur, dieses Angebot wird auch kostenpflichtig.

Fest steht bislang auch: Alle Grundschulen brauchen eine Mensa mit entsprechend geeigneter Küche fürs warme Mittagessen, außerdem eine ausreichend große, grüne und beschattete Spielfläche im Freien und Räume, in denen die Betreuung am Nachmittag im Schulgebäude garantiert werden kann. Die Stadt Ludwigshafen muss aktuell 14 Grundschulen entsprechend aus- und umbauen. Die Kosten dafür liegen bei insgesamt über neun Millionen Euro.
Rechtsanspruch gilt ab Schuljahr 2026/27 Grundschule in Höhr-Grenzhausen zeigt, wie Ganztagsschule gelingen kann
Viele Grundschulen in RLP sind überfordert: Ab Herbst 2026 müssen sie eine achtstündige Betreuung anbieten. An der Goethe-Grundschule in Höhr-Grenzhausen im Westerwald ist das schon lange Alltag.
Kommunen und Kreise haben hohe finanzielle Aufwendungen
Für diese baulichen Maßnahmen an den Grundschulen bekommen Kommunen und Kreise eine Förderung von 70 Prozent seitens des Bundes. Die restlichen 30 Prozent müssen sie aus eigener Tasche zahlen. Denn das Land schießt keinen Cent dazu.
In Ludwigshafen sind das fast 3,5 Millionen Euro, die die Stadt für den Ausbau der Grundschulen aufbringen muss. In Neustadt an der Weinstraße kostet der Ausbau der Grundschulen über eine Million Euro. Der Kreis Bad Dürkheim erklärt in einer Stellungnahme, er fühle sich mit den Ausbau-Kosten überfordert und im Stich gelassen.
Rechtsanspruch ab 2026 Ganztagsbetreuung in der Grundschule: Ärger, hohe Kosten und viele Unklarheiten
Der 31. März ist ein wichtiger Tag für die Grundschulen in Mainz. Jetzt muss klar sein, in welcher Form Grundschüler künftig den ganzen Tag betreut werden sollen. Dieser neue Rechtsanspruch macht aber auch Probleme in ganz Rheinhessen.
Kreis Bad Dürkheim fühlt sich überfordert
"Die Hauptverantwortung für Baumaßnahmen liegt bei den Kommunen, die jedoch nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen", heißt es in der Stellungnahme des Kreises Bad Dürkheim. Und: "Ohne eine deutliche Verbesserung der personellen Ausstattung wird die Umsetzung des Rechtsanspruchs nicht gelingen".
Die Stadt Neustadt an der Weinstraße macht nicht nur auf den hohen finanziellen Eigenanteil aufmerksam, sondern betont auch, dass sie den Ausbau nicht bis 2026 schaffen wird. Die Zeit dafür sei einfach zu kurz bemessen.

Anspruch auf Ganztagsbetreuung auch in den Ferien
Besonders heikel ist bei dem Rechtsanspruch: Er soll auch in den Ferien gelten. Nur vier Wochen im Jahr sollen die Grundschulkinder unbetreut bleiben. Ansonsten gilt: An allen Tagen im Jahr haben die Kids einen Anspruch auf acht Stunden Betreuung am Tag.
Die Stadt Landau merkt dazu an: "Um die Schülerinnen und Schüler auch in den Ferien acht Stunden täglich betreuen zu können, werden wir unsere bereits vorhandenen städtischen Ferienangebote nutzen und ausbauen müssen. Dafür braucht es zusätzliches Personal und Räumlichkeiten". Auch die Stadt Neustadt weist daraufhin, dass unklar ist, wie eine acht Stunden Betreuung auch in den Ferien gelingen soll - sprich wer soll diese personell stemmen?
Die Zeit für die Umsetzung ist zu kurz
Fazit: Die Kommunen und Kreise in der Pfalz kämpfen an vielen Fronten, um dem gesetzlichen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung von Grundschülern Rechnung zu tragen. Dazu kommen viel zu kurze Fristen, bis Anträge ausgearbeitet und eingereicht werden und bauliche Maßnahmen umgesetzt werden müssen. Werden die Fristen nicht eingehalten, sind auch die finanziellen Zuschüsse vom Bund futsch.
Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung - zum Scheitern verurteilt?
Der Kreis Bad Dürkheim zieht daher das Fazit: "Ohne eine klare Verantwortungsübernahme durch das Land sowie angepasste Fördervoraussetzungen seitens des Bundes ist eine erfolgreiche Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes kaum realisierbar". Die Idee einer garantierten Ganztagsbetreuung für alle Grundschüler ist eine gute. Doch erneut werden überschuldete und überforderte Kommunen mit der Umsetzung dabei allein gelassen.