Christin Stock aus Ludwigshafen ist Unternehmensberaterin, 39 Jahre alt und Mutter von zwei Kita-Kindern: Charlotte ist fünf Jahre alt und Theodor eineinhalb. Beide besuchen zwei städtische Kindertagesstätten. Doch die sind am Mittwoch wegen der Warnstreiks zu. Das sei einfach zu viel, sagt Stock. Nach zwei Jahren Corona mit eingeschränkten Betreuungszeiten, Kita-Schließungen und Quarantäne seien sie und ihr Mann am Limit.
In Ludwigshafen gibt es keine Notbetreuung
Es sei bereits der vierte Streiktag, an dem die Eltern eine Betreuung organisieren müssten. Denn die Stadt Ludwigshafen biete keine Notbetreuung an. Als die Kitas vergangene Woche wegen des Streiks geschlossen waren, habe sie im Homeoffice gearbeitet und der kleine Theodor sei auf ihrem Schoß herumgeturnt, sagt die berufstätige Mutter.
Allein während Corona sei sie dreimal mit ihren Kindern in Quarantäne gewesen. Und nun auch noch die Streiks. "Das zehrt schon an meiner Reputation als Arbeitnehmerin, das gefällt mir nicht, weil ich meinem eigenen Arbeitsethos auch nicht gerecht werde gerade", sagt die Unternehmensberaterin.
Weil sie und ihr Mann am Mittwoch berufliche Termine hätten, müssten nun die Eltern anreisen, um die Kinder zu betreuen - aus 200 Kilometern Entfernung.
Kita-Streiks: Eltern sind die falsche Adresse
Sie sei im Elternausschuss einer städtischen Kita und habe viel Verständnis für den Frust der Erzieher und Erzieherinnen, die würden gerne mit den Kindern arbeiten, aber zunehmend unter Personalmangel, Bürokratie und mangelnder Anerkennung leiden, so die Ludwigshafener Mutter. "Ich denke aber nicht, dass der Streik jemandem nützt, weil der Druck nur auf die Eltern ausgeübt wird."
Die Eltern könnten aber nichts an den harten Bedingungen für die Erzieher ändern. Diese Hilflosigkeit ärgert Stock. Sie habe auch schon E-Mails an das Innenministerium und das Familienministerium geschrieben – mit der Bitte, etwas gegen den Personalmangel in den Kitas zu tun und die Betreuungszeiten zu verbessern. Doch da kämen nur warme Worte zurück, so Stock.
Elternvertreter aus Ludwigshafen fordern Ende der Kita-Streiks
Yasemin Acar ist Mitglied des Stadtelternausschusses (Stea) in Ludwigshafen. Viele Eltern, vor allem Mütter, würden sich verzweifelt an den Stea wenden, weil sie nach zwei Jahren Corona einfach fertig seien und auch nicht wüssten, wie sie ihre Kinder während der vielen Streiktage betreuen sollen, sagt Acar.
Denn auch ohne Streiks gebe es oft Ausfälle und Teilschließungen in den Kitas, weil Erzieherinnen krank werden und es an Personal fehle. Das sei in Ludwigshafen besonders dramatisch, so Acar. Obwohl es 83 Kitas gebe – etwa ein Drittel davon kommunale – würden etwa 2.500 Kinder auf einen Betreuungsplatz warten, so Acar. Neu gebaute Kitas könnten nicht voll in Betrieb gehen, weil das Personal fehle.
Ludwigshafen: Kitas müssen offen bleiben
Die Streiks seien aber nicht zielführend, denn Leidtragende seien ja die Kinder und die Eltern und die könnten keine Lösung im Tarifstreit herbeiführen. Statt die Kitas zu bestreiken, sollten sich die Gewerkschaft verdi und die Arbeitgeberseite besser einen neutralen Vermittler an den Verhandlungstisch holen, fordern die Elternvertreter in Ludwigshafen.
"Von der Stadt Ludwigshafen fühlen wir uns als Stea nicht ernst genommen und allein gelassen", sagt Acar, selbst berufstätige Mutter von zwei Kita-Kindern. Etwa wenn es darum gehe, jetzt eine Notbetreuung während der Kita-Streiks zu organisieren. Die Elternvertreter versuchen nun selbst Erzieherinnen und Erzieher dafür zu gewinnen, damit der Streik nicht weiter auf Kosten berufstätiger Mütter geht.