"Wir brauchen kurzfristig eine deutliche Entlastung in unserem Jugendamt", sagte eine Sprecherin des Kreises Germersheim dem SWR. Viele Mitarbeiter seien stark belastet, weil sie immer mehr Aufgaben übernehmen müssten. Durch den Ukraine-Krieg und die Inflation gibt es deutschlandweit mehr junge Menschen, die von Jugendämtern betreut werden müssen. Es gebe einfach mehr Familien mit wirtschaftlichen Problemen, so die Sprecherin. Das bedeute zum Beispiel "mehr Gefährdungen des Kindeswohls, mehr Hilferufe bei der Erziehung, mehr Jugendhilfe in Strafverfahren und mehr Hilfe bei der Eingliederung in die Gesellschaft."
Dazu kommen immer mehr junge Geflüchtete, die ohne ihre Eltern nach Deutschland gekommen sind und betreut werden müssen. Vor allem Ludwigshafen habe viele solcher Fälle, sagt Lars Heene, Leiter des Jugendamts. 64 junge Geflüchtete betreut die Behörde - doppelt so viele wie der landesweite Durchschnitt der Jugendämter. Das entspreche dem Verteilungsschlüssel. Auch um mehr Jugendliche mit psychischen Problemen müssen sich die Ludwigshafener kümmern.
Viele Mitarbeiter gehen
Von diesen zusätzlichen Fällen fühlen sich viele Mitarbeiter der Jugendämter überlastet. Einige ziehen die Reißleine und kündigen - wodurch die übrigen Mitarbeiter noch mehr Aufgaben übernehmen müssen. Neue Fachkräfte zu finden, sei schwierig. Das Jugendamt Frankenthal sucht etwa seit längerem nach einem Leiter oder einer Leiterin.
Und wenn man Fachkräfte finde, sei es schwierig, sie zu binden. In Speyer versucht man deswegen, zum Beispiel durch unbefristete Verträge, attraktive Stellen zu schaffen. Das Germersheimer Jugendamt kann seit längerer Zeit nicht alle Stellen besetzen.
Ziel: Verhindern, dass das Jugendamt eingreifen muss
Der Leiter des Jugendamts Ludwigshafen Lars Heene. fordert von der Politik, mehr in Prävention zu investieren - beispielsweise in die Bildung. Dann könnten einige Probleme früh gelöst werden und würden gar nicht erst Aufgabe des Jugendamts werden. Auch mehr Beratungsangebote für Jugendliche und Familien könnten die Ämter entlasten.
Mehr Hilfe von der Politik gefordert
Die Politik müsse mehr investieren, fordern die Jugendämter. Außerdem fürchten sie durch neue Gesetze noch mehr Aufgaben. Ab dem nächsten Jahr müssen die Jugendämter sicherstellen, dass Kinder im Grundschulalter ganztägig betreut werden können. Aktuell nicht umsetzbar, fürchten die Bad Dürkheimer Beamten. Außerdem müsse die Betreuung von Flüchtlingen auf mehr Schultern verteilt werden, fordert Lars Heene aus Ludwigshafen. "Sonst müssen die Jugendämter den Versorgungsstandard senken. Das führt dazu, dass die Integration der jungen Menschen scheitert."