Antje Kahlheber von der Verbraucherzentrale Ludwigshafen hat täglich mit der sogenannten "Energiearmut" zu tun. Mit Menschen, die ihre Strom- und Heizkosten nicht mehr bezahlen können. Die von der Versorgung bereits gekappt wurden und daher abends Kerzen anzünden, Stromleitungen manipulieren, Behelfsheizungen aufstellen und deren Lebensmittel an heißen Tagen wie diesen verderben, weil ihr Kühlschrank nicht funktioniert.
Immer mehr Menschen können Strom und Heizung nicht mehr bezahlen
"Gefühlt werden es täglich mehr, die uns anrufen, weil sie ihre Abschläge nicht mehr zahlen können", erklärt die Beraterin für Energiekosten in Rheinland-Pfalz. Und in der Tat hat sich der Beratungsbedarf in diesem Jahr im Vergleich zu den ersten fünf Monaten des vergangenen Jahres bei der Verbraucherzentrale Ludwigshafen verdoppelt. "Und das ist erst der Anfang", prophezeit Antje Kahlheber. Sie vermutet, dass die Zahl der Menschen, die sich Strom und Heizung nicht mehr leisten können, im Herbst und Winter dieses Jahres weiter stark steigen wird.
Teurer Strom
Aktuell haben viele Menschen Probleme mit der Stromabrechnung des vergangenen Jahres und dem daraus resultierenden höheren Abschlag. "Viele Menschen waren durch Corona ungewöhnlich viel zuhause, haben deutlich mehr Strom verbraucht als vor Corona und das macht sich jetzt in saftigen Nachzahlungen bemerkbar", so die Beraterin.
Hohe Preise für Grund- und Ersatzversorgung
Hinzu kämen all jene, die zum Beispiel durch einen Umzug in die deutlich teurere Grundversorgung von örtlichen Energieversorgern geraten sind. Oder jene Verbraucher, die zuvor Verträge bei Billiganbietern hatten.
Diese Billiganbieter sind jetzt oft insolvent oder haben aus anderen Gründen ihren Kunden den Vertrag gekündigt. Auch diese Kunden zahlen jetzt deutlich mehr in der sogenannten "Ersatzversorgung" bei kommunalen Energieversorgern. Wenn sie zahlen können.
Mahnbriefe werden erst gar nicht geöffnet
Tamina Barth, Leiterin der Verbraucherzentrale Ludwigshafen rät allen Betroffenen, die in Zahlungsnot geraten, rechtzeitig zu handeln. "Oft werden Erhöhungen einfach ignoriert, Mahnbriefe erst gar nicht geöffnet, die Menschen stellen bezüglich der drohenden Kappung der Energieleitungen auf Durchzug", weiß die Verbraucherschützerin. Dann habe auch die Verbraucherzentrale nicht mehr viel Handlungsspielraum. "Wenn der Karren erstmal so tief im Dreck steckt, können wir nur noch wenig machen", bilanziert die Beraterin.
Hohe Energiekosten So leicht kann man im Haushalt Strom sparen
Schon mit einfachen Tricks lässt sich im Haushalt viel Strom sparen – und damit Geld. Ab wann sollten beispielsweise alte Stromfresser ausgetauscht werden?
Tipp: Abfrage aktueller Kosten vermeidet böse Überraschungen
Daher plane die Verbraucherzentrale eine Aufklärungsaktion zusammen mit dem Mieterverein. Manchmal gebe es auch Sprachbarrieren und die Erhöhungen würden schlicht nicht verstanden, weiß Tamina Barth.
Kollegin Antje Kahlheber verweist zudem auf ein neues Gesetz, dass Energie-Kunden helfen kann, den Überblick über die Kosten zu behalten und vor bösen Überraschungen schützt. Per Email könne man monatlich seine Zählerstände durchgeben und so schauen, ob der anberaumte Abschlag noch passe oder hohe Nachzahlungen drohen. Wer den Postweg nutze, habe alle drei Monate ein Recht auf Kosten-Auskunft beim Energieversorger.
Billiger werden Strom und Gas so auch nicht, aber immerhin weiß man, was man sich eventuell zur Seite legen muss, um die Jahresendabrechnung auch begleichen zu können.