Pfälzer organisiert Klapprad-Tour für Blutplasma-Spende (Foto: Matthias Sinn, Initiator der Klapprad-Tour)

Blutplasma-Spenden-Aktion für junge Frau

Lustadt: Mit dem Klapprad vom Wasserturm zum Eiffelturm

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Birgit Baltes
Foto für Autorenseite (Foto: SWR, Birgit Baltes)

Linda Engel aus Lustadt (Kreis Germersheim) leidet an einem seltenen Immundefekt. Sie ist deshalb auf regelmäßige Blutplasma-Spenden angewiesen. Doch davon gibt es viel zu wenige - eine Klapprad-Tour soll das jetzt ändern.

"Ich habe den Immundefekt CVED. Das steht für variables Immundefektsyndrom und bedeutet, dass mein Körper die Immunglobuline IGG und IGA nicht produziert, was im Prinzip bedeutet, dass mein Körper nicht fähig ist, Antikörper aufzubauen." Wenn jemand an ihr vorbeilaufe und huste, sei eigentlich klar, dass sie drei Tage später eine Bronchitis habe. "Sehe ich jemanden mit Schnupfen, bekomme ich eine Mittelohrenzündung und Nasennebenhöhlenentzündung und so läuft das mit allem", erzählt die 26-jährige Linda Engel aus Lustadt. Die sympathische, junge Frau mit dem offenen Blick und dem herzlichen Lachen wurde mit einem seltenen Immundefekt geboren und hat einen langen Leidensweg hinter sich.

Linda Engel (Foto: SWR)
Linda Engel aus Lustadt leidet an einem seltenen Immundefekt. Dank eines Medikamentes, das aus Blutplasma hergestellt wird, kann sie ein fast normales Leben führen.

Linda braucht Blutplasma für ein normales Leben

So schlug der Immundefekt erst richtig durch, nachdem Linda mit 12 Jahren am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte. Ab da hatte sie ständig Infekte und musste Antibiotika nehmen. Die Ärzte hätten das dann immer auf das Drüsenfieber zurückgeführt. Es sollte elf Jahre dauern und einen Hausarzt-Wechsel erfordern, bis Linda in eine der wenigen Spezialkliniken für Immundefekte im bayrischen Erlangen überwiesen wurde und die Ärzte dort heraus fanden, was ihr wirklich fehlte.

Sie erinnere sich noch gut, wie der Anruf aus der Uniklinik Erlangen kam und sie endlich eine Diagnose erhielt, sagt die junge Südpfälzerin: "Es war eine ungemeine Erleichterung, auch wenn direkt klar war, die Diagnose schränkt mich ein Leben lang ein, aber ich war einfach nur froh und dankbar, dass eine Diagnose gestellt wurde."

Und Lindas Mutter, Melanie Engel erzählt, wie schlimm es war, in ständiger Sorge um ihre Tochter zu leben und gleichzeitig zu merken, dass kein Arzt sie richtig ernst nahm. Das Leben der Familie sei geprägt gewesen von Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten, sagt die Mutter. "Wenn ich jetzt zurück blicke, weiß ich gar nicht, wie wir das damals geschafft haben."

Blutplasma: Zu wenige Spender in Deutschland

Nun verabreicht sich Linda seit einigen Jahren regelmäßig selbst Infusionen mit einem Medikament, das aus Blutplasma gewonnen wird. Denn im Blutplasma ist der Immunstoff IGG enthalten, den ihr Körper nicht selbst bilden kann. Allerdings kann das Medikament anderen fehlenden Immunstoff IGA nicht ersetzen.

Deshalb muss die junge Frau immer sehr aufpassen, sich keine Infektion einzufangen. "Ich muss auch damit rechnen, dass die Infekte irgendwann mal die Organe angreifen und an die Lunge gehen."

Um ihr noch mehr zu helfen, brauche es mehr Forschung. Die rechne sich aber für die Pharma-Konzerne nicht, weil der Immundefekt nur selten festgestellt werde. Die Dunkelziffer liege allerdings bei etwa 100.000 Betroffenen in Deutschland, so Linda Engels.

Trotz allem sei sie sehr dankbar und froh, dass es das Medikament gibt. Das ermögliche ihr, ein relativ normales Leben zu führen, Sport zu treiben und zu studieren, sagt Linda. Leider gebe es sehr wenige Menschen in Deutschland und Europa, die Blutplasma spenden. Das Plasma für ihr Medikament müsse deshalb importiert werden. Dabei seien nicht nur Menschen mit einem Immundefekt, sondern auch Krebspatienten und Schwerstverletzte auf Blutplasma angewiesen.

Matthias Sinn Initiator der Klapprad-Tour für Blutplasma-Spenden (Foto: SWR)
Matthias Sinn aus Lustadt hat mit seiner "verrückten Idee", wie er sagt, eine Welle der Unterstützung losgetreten.

Lustadt: Klapprad-Tour für Blutplasma-Spenden

Matthias Sinn aus Lustadt ist mit der Familie Engel befreundet. Das Schicksal Lindas hat ihn tief berührt. Da muss man etwas tun, dachte sich der Südpfälzer. Jetzt will er helfen. Sinn ist Klapprad-Fan und Teilnehmer beim "World Klapp" - einem Klapprad-Rennen rund um die Kalmit.

"Warum nicht eine Tour mit dem Klapprad machen, um auf das Schicksal Lindas und vieler anderer Betroffener aufmerksam zu machen und für Blutplasma-Spenden zu werben?", dachte Sinn sich. Ein Freund brachte ihn auf die Idee, mit dem Klapprad nach Paris zu fahren. Und weil der Eiffelturm das Wahrzeichen von Paris ist und der Wasserturm das von Lustadt, war das Motto schnell geboren: "Vom Wasserturm zum Eiffelturm". Der Lustadter gewann über die sozialen Medien, aber auch durch Mund zu Mund-Propaganda schnell zahlreiche Mitstreiter für seine Idee.

Lustadt: Kampagne wird zum Selbstläufer

Inzwischen sei er förmlich überrollt von einer Welle der Hilfs- und Spendenbereitschaft, berichtet der 51-Jährige. Lindas Mutter, Melanie Engel, organisiert am Donnerstag eine große Abschiedsparty am Wasserturm in Lustadt für die "Turmbotschafter" - so nennen sich Sinn und seine Tourbegleiter.

Winzer haben dafür extra einen Turmbotschafter-Wein kreiert. 16 Weingüter, mehrere Caterer und Veranstalter werfen die Abschiedsparty, ohne dafür Geld zu verlangen. 250 Eintrittskarten wurden verkauft. Auch Unterkünfte, Verpflegung, ein Transporter für das Gepäck - alles wurde gespendet oder kostenlos zur Verfügung gestellt, so Sinn. Die Eintrittsgelder und Spenden kommen der "Patientenorganisation für angeborene Immundefekte (dsai)" zugute. Ein kleiner Teil fließt in die Klapprad-Tour-Kasse.

Von rechts Linda Engel, Matthias Sinn und Melanie Engel (Foto: SWR)
Mutter Melanie Engel und Tochter Linda sind "ungemein froh und dankbar" über das Engagement von Matthias Sinn.

Lustadt: Radsportlegende Udo Bölts fährt mit

Los gehts am Donnerstag um 13 Uhr am Wasserturm in Lustadt. Bei der ersten Etappe nach Straßburg wird ein etwa zehnköpfiges Team mitfahren - darunter Udo Bölts. Der Pfälzer Ex-Radprofi sei auch schon mal beim Kalmit-Klapprad-Rennen mitgefahren und habe sofort zugesagt, ein Stück weit mitzuradeln, um die Kampagne für Blutplasma-Spenden zu unterstützen, so Sinn.

Der Verbandsbürgermeister von Lingenfeld (Kreis Germersheim) Frank Leibeck (SPD) will die komplette Tour nach Paris fahren. Mit dabei ist neben Sinn auch die 18-jährige Fabienne Benra. Das sind mehr als 600 Kilometer, die das Trio in neun Etappen zurücklegen will. Alle drei spenden übrigens bereits regelmäßig Blutplasma, so Initiator Sinn. Der südpfälzische Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart (CDU) und die Europaabgeordnete Christine Schneider (CDU) haben die Schirmherrschaft für die Aktion übernommen

Unterwegs wollen sie einfach mit den Menschen sprechen, über Blutplasma-Spenden aufklären und sie ermutigen, selbst Spender zu werden. Am 26.6. um 16 Uhr wollen sie am Eiffelturm in Paris eintreffen.

Dort werde dann ein Empfangskomitee auf die Turmbotschafter warten, sagt Melanie Engel. Neben Südpfälzern seien das auch Freunde aus der französischen Partnergemeinde von Lustadt, Rosny sur Seine.

Und was sagt Linda Engel zur Tour?

Sie sei einfach überwältigt von dem Zuspruch, sagt Linda. Es berühre sie zutiefst, zu sehen, wie viele Menschen Matthias von der Aktion überzeugen konnte, wie viele Menschen bereit seien Blutplasma zu spenden für kranke Menschen. Und dann aber einfach auch die Unterstützung aus der Bevölkerung zu sehen. Jeder sei sofort bereit gewesen zu helfen und auch Geld zu spenden. "Es ist einfach unfassbar!", sagt Linda Engel.

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