Erntehelfer in Weingarten (Foto: SWR)

Hitzeschlacht auf dem Salatacker?

Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft: Wie schützen sich Erntehelfer bei heißen Temperaturen?

Stand
AUTOR/IN
Linda Engel

Brütende Hitze bei 36 bis 40 Grad - Da versucht sich jeder bestmöglich zu schützen und im Schatten aufzuhalten. Wie schützen wir da die Erntehelfer auf den Feldern?

Morgens um 5 Uhr zeigt das Thermometer in Weingarten in der Pfalz (Kreis Germersheim) bereits 22 Grad an. Auf dem Gemüsebaubetrieb Steegmüller ist jetzt Arbeitsbeginn, denn der Salat ist erntereif und muss runter vom Acker und das möglichst am frühen Morgen, solange es noch nicht ganz so heiß ist.

Erntehelfer in Weingarten (Foto: SWR)

Kontrolle der Verpflegungstaschen zu Arbeitsbeginn

Josef Koltowski ist im Betrieb Steegmüller Teamleiter des Kopfsalattrupps, der gerade zur Salaternte auf einen Acker zwischen Weingarten und Lustadt fährt. Der gebürtige Pole kontrolliert an heißen Tagen, ob die Verpflegungstaschen der Erntehelfer, die seinem Team angehören, auch vollständig sind. Wichtig sei, bei den heißen Temperaturen neben ausreichend Getränken auch eine Kopfbedeckung, Sonnenmilch und etwas Süßes dabei zu haben.

"Etwas Süßes ist wichtig, um gegebenenfalls den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen“, erläutert Gemüsebauer Peter Steegmüller. Er habe morgens vor Erntebeginn Koltowski und die Leiter der anderen Ernteteams nochmals auf Schutzmaßnahmen wegen der Hitze aufmerksam gemacht.

Schichtarbeit auf dem Acker, um der Hitze zu entgehen

Koltowski, der bereits seit 2004 für Steegmüller arbeitet, hat seine Gruppe im Blick und achtet darauf, ob jemand Probleme mit der Hitze hat. Ist das der Fall, dann würde er den Erntehelfer zurück auf den Hof bringen. "Meine Leute wissen alle, wie es ist, im Heißen zu arbeiten“, erzählt Koltowksi, "aber wir arbeiten früh morgens oder spät abends, da ist es mit der Hitze nicht so schlimm.“

Um der Hitze zu entgehen, beginnen die Arbeitskräfte des südpfälzischen Gemüsebaubetriebs an heißen Tagen bereits eine Stunde früher mit ihrer Ernte. Am Abend wird die Ernte dann von anderen Ernteteams weitergeführt. Denn es müsse in Schichten gearbeitet werden, um die im Arbeitszeitengesetz vorgeschriebene Nachtruhe einhalten zu können, so Steegmüller.

Erntehelfer in Weingarten (Foto: SWR)
Teamleiter Josef Koltowski fährt durch die Hitze mit dem Traktor.

Verband: Gesetz zur Arbeitszeit und Hitze vertragen sich nicht

Dazu sagte Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd auf SWR Anfrage: "Wir vom Verband fordern eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten bei solch heißen Temperaturen, denn dem Hitzeschutz kann das Arbeitszeitengesetz entgegen stehen.“ Der Verband wolle erreichen, dass Erntehelfer, die in der Frühschicht arbeiten, auch nochmals nachmittags in der Spätschicht aufs Feld dürfen, um mehr arbeiten zu können. Aber nur wenn sie das wollten, so Köhr.

Pausen im Schatten, Abkühlen am Wasserfass

Auch wenn die Erntehelfer bewusst in den frühen Tagesstunden im Einsatz sind, ist die Temperatur auf dem Salatacker um 9 Uhr bereits auf 30 Grad angestiegen. Die Erntehelfer schneiden dabei der brennenden Sonne ausgesetzt kniend oder tief gebeugt Salatkopf für Salatkopf ab. Ist da auch nur ansatzweise an eine Abkühlung zu denken?

Um sich zu helfen, greifen die fleißigen Salat-Schneider rund um Teamleiter Koltowski jetzt häufiger zur Trinkflasche und freuen sich vor allen Dingen über die Pausen, sobald der Hänger zum Abtransport des Kopfsalats getauscht wird. "Alle eineinhalb bis zwei Stunden können wir für 15 bis 20 Minuten eine Pause machen“, erzählt der Teamchef.

In diesen Pausen halten sich alle im Schatten von Bäumen, Sträuchern oder Hängern und Fahrzeugen auf und nutzen gleichzeitig das Wasserfass zur Abkühlung. "Direkt morgens nehmen wir ein Wasserfass mit nach draußen, beim Tauschen des Hängers bringen wir dann auch immer ein neues mit“, erklärt Steegmüller.

In der Mittagszeit: Verarbeitung der Ware im Kühlen

Bei der Hitze und der stärksten UV-Strahlung in der Mittagszeit könne keinesfalls auf dem Feld gearbeitet werden, so Steegmüller weiter. Sowohl die Arbeitskräfte als auch das Gemüse müssten dann schnellstmöglich ins Kühle. In der Produktionshalle des Landwirtschaftsbetriebs ist es sowohl kühl als auch schattig.

Dort wird die Ware weiterverarbeitet und in Folien eingeschweißt. Zurzeit werden bei Steegmüllers unter anderem verschiedene Salate wie Kopfsalat und Lollo Bionda, Radieschen, aber auch weißer und roter Rettich geerntet.

Erntedruck durch Hitze

Auch das Gemüse und das Getreide habe bei der Hitze Stress, erklärt Stegmüller und weiter: "Bei der Hitze müssen wir den Salat einfach tagesaktuell ernten, tun wir das nicht innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage, ist er kaputt.“

Ein weiteres Thema sei die Trockenheit. So habe er mehrere Hektar Mais in diesem Jahr nicht retten können, weil es für die Pflanzen einfach zu trocken war. "Mit einer Beregnung hätte man den Mais retten können“ klagt Steegmüller. Die fest begrenzten Wassermengen, die ihm zur Verfügung stünden, habe er aber gebraucht, um den Salat und anderes Gemüse zu bewässern. Das macht den Landwirt wütend: "Ich bekomme es im Kopf einfach nicht zusammen, wir spülen die Scheiße im Klo mit Trinkwasser herunter und die Lebensmittel auf dem Feld vertrocknen und gehen kaputt.“

Erntehelfer in Weingarten (Foto: SWR)

Überdachung der Container, um Überhitzung zu vermeiden

Wasser ist derweil auch für die Erntehelfer auf dem Feld das Allerwichtigste. Drei Liter hat jeder von ihnen dabei, bis zum Feierabend sind die mit Sicherheit aufgebraucht.

Damit die Erntehelfer ihren Feierabend möglichst vor Hitze geschützt verbringen können, hat Landwirt Steegmüller die Containerunterkünfte mit einer weiteren Überdachung versehen. "Die Überdachung spendet vor und hinter den Unterkünften Schatten und sorgt gleichzeitig dafür, dass diese nicht überhitzen“ erklärt Steegmüller.

Stand
AUTOR/IN
Linda Engel