Julia Becker kam vor rund 20 Jahren der Liebe wegen nach Ludwigshafen. Zusammen mit ihrem Mann Klaus Jürgen, der Historiker beim Ludwigshafener Stadtarchiv ist, sitzt sie auf dem heimischen Sofa. An der Wand hängen Gemälde, die idyllische Landschaften aus der Region Mariupol zeigen. Doch die Bilder, die das Paar aktuell von dort in den Nachrichten sieht, zeigen nur Krieg und Zerstörung.

Wie geht es den Eltern?
Ihre Heimatstadt Mariupol ist eingeschlossen von russischen Truppen. Ob es die Eltern noch aus der Stadt rausgeschafft haben, wissen die Beckers nicht. Schon zu Beginn des russischen Angriffs sei der Kontakt nach Mariupol immer wieder abgebrochen. Seit rund einer Woche können sie ihre Angehörigen dort überhaupt nicht mehr erreichen.
"Ich bin hilflos. Ich will helfen, aber kann gar nichts tun. So viele Menschen dort sterben. Ich weiß nicht, wie es meinen Eltern, meiner Kusine, meiner Halbschwester geht. Ich weiß nicht mal, ob sie überhaupt noch leben“, sagt Julia Becker mit Tränen in den Augen.
"Ich weiß nicht, wie es meinen Eltern, meiner Kusine, meiner Halbschwester geht. Ich weiß nicht mal, ob sie überhaupt noch leben."
In seiner letzten Mail sei ihr Vater noch optimistisch gewesen, erzählt Julia Becker. Er hoffte, dass die ukrainische Armee doch noch siegt und er schrieb: "Wir schaffen das!“.
Befreundete Russen in der Pfalz solidarisieren sich mit Ukraine
Was den Beckers Hoffnung macht ist, dass sich auch viele ihrer russischen Freunde solidarisch gegenüber der Ukraine zeigen. Julia Becker würde sich jedoch wünschen, dass sich hier noch mehr gebürtige Russen zu Wort melden und auch Freunde und Angehörige in Russland überzeugen, sich gegen den Krieg auszusprechen.
Sie wünscht sich, dass der Krieg bald beendet wird und die Ukrainer ihre Heimat wieder aufbauen können. Aber die Ukraine dürfe keine Kolonie von Russland werden: "Die Menschen wollen in einer Demokratie leben".
"Die Menschen in der Ukraine wollen selbst entscheiden können, wo sie leben und in welchem System.“
Nur russische Bevölkerung kann Krieg beenden
Der Stadtarchivar beschäftigt sich als Historiker auch mit der russisch-ukrainischen Geschichte und hält dazu Vorträge. Er glaubt, die einzige Chance auf Frieden sei der Sturz von Putin durch die eigene Bevölkerung. Je mehr Kriegstote es auch auf russischer Seite geben wird, desto eher wird die Zustimmung in Russland für den Krieg schwinden und das System Putin zusammenbrechen, sagt Becker. Und fügt hinzu: In der Ukraine sei Putin bei Niemandem willkommen.
"In der Ukraine hat sich Putin 40 Millionen Menschen zum Feind gemacht.“
Das Ludwigshafener Ehepaar hofft, endlich bald ein Lebenszeichen von den Eltern in Mariupol zu erhalten. Sollten ihre Eltern oder andere Familienangehörige es schaffen, von dort zu flüchten, würden sie sich sofort ins Auto setzen, um sie an der polnisch-ukrainischen Grenze abzuholen.