Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit (Foto: SWR, Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit)

Kampf um Wohnraum

Wohnungsloser Ex-Unternehmer: Caritas-Zentrum Landau hilft

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AUTOR/IN
Birgit Baltes

In Landau herrscht Wohnungsnot. Vor allem für Familien und Alleinstehende mit wenig Geld ist es hart eine Wohnung zu finden. Günter Möller hat seine Wohnung bereits verloren. Seine letzte Hoffnung: Das Caritas-Zentrum Landau.

Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit (Foto: SWR, Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit)
Kinder drehen am Infostand des Caritas-Zentrums Landau an einem Glücksrad zur Wohnungssuche: Das Problem: Die Chance ist verschwindend gering, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Günter Möller ist studierter Weinbau-Ingenieur und war mehr als 30 Jahre lang als selbstständiger Unternehmer tätig, unter anderem hatte er für Pfälzer Weinbaubetriebe Sekt nach dem klassischen Verfahren der Flaschengärung hergestellt oder sie bei der Herstellung beraten. Sein Vater erledigte für den Pfälzer den Papierkram, Steuer, Buchhaltung und was sonst noch so anfiel. "Ich war zwar in meinem Job gut, aber war kein guter Geschäftsmann, erzählt Möller. Als sein Vater dann verstarb, sei es nach und nach bergab gegangen.

Dazu beigetragen hatte auch, dass Möller eine extreme Abneigung gegen alles hatte, was mit Bürokratie und Anträgen zu tun hat. Seine Post - Rechnungen, Mahnungen, amtliche Schreiben - alles habe er ungeöffnet liegen lassen, so Möller. Hinzu sei gekommen, dass er sich die Sanierung eines alten Bauernhauses aufgehalst hatte und darüber auch seine Ehe in die Brüche ging, so Möller. Auf die Betriebsinsolvenz folgte der Verlust der Krankenversicherung und dann - vor mehr als zwei Jahren - auch der der eigenen Wohnung.

Landau: Ex-Unternehmer landet in städtischer Unterkunft für Obdachlose

"Ich habe zwei Jahre lang versucht, mich bei Bekannten, Freunden immer mal wieder einzunisten - muss man so sagen." Irgendwann war das aber nicht mehr möglich und auch das Geld, das er sich von Freunden geliehen hatte, war ausgegeben, sagt der heute 68-Jährige. Und weiter: "Ich hatte nichts mehr."

Das Landauer Ordnungsamt habe ihn dann vor ungefähr neun Wochen in die Notunterkunft der Stadt eingewiesen. Möller lebt in der Containerunterkunft am Landauer Freibad mit vielen Menschen - jungen und alten - auf sehr engem Raum. Aber er sei heilfroh, dass er ein Dach über dem Kopf habe, denn sonst "hätte ich im Park oder unter Brücken schlafen müssen," so Möller. "So eine Containeranlage ist am ehesten vergleichbar mit der Bundeswehr, wo sie mit vielen Leuten im Zimmer sind oder vielleicht Wanderhütten. Es gibt Strom, Dusch- und Bademöglichkeiten, eine Mini-Mini-Mini-Küche, also ich kann mir da selbst was zu essen machen."

Caritas-Wohnraumsicherung: 150 Betroffenene 2021 beraten

In der Unterkunft habe er die Sozialberater des Landauer Caritas-Zentrums kennengelernt, die dort in einem kleinen Büro abwechselnd jeden Tag vor Ort seien. Die drei jungen Männer hätten ihm geholfen, wieder in die Krankenversicherung aufgenommen zu werden und endlich mal einen Rentenantrag zu stellen, so Möller. Allerdings habe er durch seine lange Selbstständigkeit nur Anspruch auf knapp 300 Euro Rente pro Monat.

Gunter Möller ist keine Ausnahme, sagt Steffen Mather, Fachberater für Wohnraumsicherung am Caritas-Zentrum Landau. Er habe allein im vergangenen Jahr etwa 150 Familien und Alleinstehende beraten. Davon lebten etwa 50 in viel zu engen und überteuerten Wohnungen, darunter zahlreiche Familien. Weitere 50 Familien und Alleinstehende seien kurz davor gewesen, ihre Wohnung zu verlieren. Und etwa 50 Menschen seien bereits ohne festen Wohnsitz gewesen.

Landau: Immer mehr Menschen droht Verlust der Wohnung

Die Situation auf dem Landauer Wohnungsmarkt sei aktuell mehr als prekär, so Mather. Wie im Fall Möller gebe es aktuell noch viel verdeckte Obdachlosigkeit, weil Betroffene bei der Familie oder bei Freunden unterkommen.

Die Stadt sei zwar bemüht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aber es daure viel zu lange, bis genug neue Wohnungen gebaut seien.

Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit (Foto: SWR, Caritas-Zentrum gegen Wohnungslosigkeit)
Solidarität, Respekt und Gerechtigkeit - Infobroschüren des Caritas-Zentrums Landau zum Thema "bezahlbarer Wohnraum".

Fachberater der Caritas suchen Gespräch mit Vermietern

Die drei Caritas-Mitarbeiter wissen, dass es in Landau leer stehende Wohnungen gibt und suchen deshalb auch das Gespräch mit Vermietern oder Hauseigentümern, die noch freien Wohnraum haben. Beispielsweise am vergangenen Samstag an einem Infostand auf dem Landauer Rathausplatz.

Dort hätten sich einige Vermieter oder Hausbesitzer gemeldet, die noch freie Wohnungen haben. Manche hätten aber schlechte Erfahrungen mit ihren Mietern gemacht und deshalb Bedenken, ihre Wohnungen an bedürftige Familien und Sozialhilfe-Empfänger zu vermieten. Hier gelte es, Überzeugungsarbeit zu leisten.

Energiekrise: Hunderten von Mietern drohen Stromsperren

Viele Mieter haben auch Angst, dass ihnen der Strom abgeschaltet wird, weil sie die hohen Rechnungen nicht mehr bezahlen können, sagt Mather. Die Caritas-Fachberater seien deshalb im Gespräch mit regionalen Energieversorgern, wie der Energie Südwest. Ziel sei, zu verhindern, dass die Mieter wegen ausstehender Stromrechnungen aus der Wohnung fliegen.

Der Fachberater für Wohnraumsicherung schätzt, dass in Landau Hunderte von Mietern von drohenden Stromsperren betroffen sind. Und die Zahl werde steigen, spätenstens wenn im kommenden Jahr die Jahresabrechnungen für Heizung und Strom ins Haus flattern.

Möllers große Hoffnung: eine eigene kleine Wohnung in Landau

Gunter Möller hofft unterdessen, dass die Sozialbehörde seine kärgliche Rente bald aufstocken wird und er auch Wohngeld bekommen wird. Sein Traum: Eine eigene kleine Wohnung, in der er zwar bescheiden, aber wieder selbstbestimmt seinen Lebensabend verbringen kann.

Und noch eines wünscht sich Möller: Dass die Arbeit der drei Cariats-Fachberater der Obdachlosenhilfe und Wohnraumsicherung in Landau weitergehen kann - zumal hier die Konkurrenz um Wohnraum auch wegen der vielen Studierenden groß sei. Denn die Drei würden vielen von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen helfen. Und sie würden alle Betroffenen mit viel Wertschätzung und Respekt behandeln. "Die haben ein echtes Herz für die Menschen," so Möller.

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