Die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Nicole Steingaß, wird die Beauftragte des Landes für den Wiederaufbau in den Flutgebieten (Foto: SWR)

Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz

Innenstaatssekretärin Steingaß wird Landesbeauftragte für Wiederaufbau

Stand

Nicole Steingaß (SPD) ist als Landesbeauftragte für den Wiederaufbau in den Flutkatastropengebieten berufen worden. Das gaben Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) am Freitag bekannt.

Steingaß ist seit März 2019 als Staatssekretärin im Innenministerium tätig. Sie werde an der Spitze des Wiederaufbaustabes stehen und damit zentrale Ansprechpartnerin sein, sagte Dreyer nach einer Ministerratssitzung. Zudem werde der frühere Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Günter Kern (SPD), ein Verbindungsbüro im Ahrtal leiten. Er solle ein Ansprechpartner vor Ort sein. Innenminister Lewentz sprach von einer lokalen "Anpack- und Ansprechstelle".

Auf der Pressekonferenz in Bad Neuenahr-Ahrweiler verkündeten Dreyer und Lewentz neben den beiden Personalien auch die Aufgaben, die mit den Posten verbunden sein werden und äußerten sich zum geplanten Wiederaufbau. Vor der Veranstaltung hatte das Kabinett getagt, das sich Dreyer zufolge intensiv mit den nötigen Maßnahmen befasst hat.

Wiederaufbaustab beim Land, enger Austausch mit Bund

Die Aufräumarbeiten seien in vollem Gange, sagte Dreyer. Auch, wenn das Ahrtal derzeit im MIttelpunkt stehe, "im Blick haben wir natürlich auch immer die anderen Hochwassergebiete".

Fortschritte kündigte Dreyer im Bereich der pünktlichen Wiederaufnahme des Schulbetriebs nach den Sommerferien an. Diskutiert werde über Container, Ausweichquartiere und Schichtmodelle. "Wir können davon ausgehen, dass der Unterricht nach den Sommerferien beginnen kann." Auch viele Kitas befänden sich noch im Notbetriebe. "Aber auch da sind wir zuversichtlich, dass es da auch wieder funktionieren kann" - wie es eben nach einer solchen Katastrophe funktionieren könne.

Auch mit dem Bund stehe die Landesregierung in engem Kontakt: So soll am 10. August ein Beschluss gefasst werden, der im selben Monat noch den Bundestag und Bundesrat passieren solle, um in Gesetzesform gegossen zu werden.

Wiederaufbaustab im Innenministerium angesiedelt

Zum Wiederaufbaustab gehöre "eine ganze Abteilung Wiederaufbau, die wir im Innenministerium neu gründen", so Dreyer. Dort kämen unterschiedliche Experten aus verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Städtebau und Wasserversorgung zusammen.

"Wir haben vor, regelmäßig mit den Bürgermeistern und Ortsbürgermeistern Videokonferenzen abzuhalten", kündigte sie an. Das Kabinett habe außerdem beschlossen, noch vor der Sommerpause einen Klausurtag einzulegen.

Enger Austausch mit Ortspolitikern geplant

Nun würden zunächst Fragen etwa wasserrechtlicher und umweltrechtlicher Art geklärt. Danach werde es eine gemeinsame Runde mit Ortspolitikern geben, um "ganz klar einen Startschuss zu geben". Dreyer betonte: "Es liegt sehr, sehr viel Arbeit vor uns. Das weiß jeder, der vor Ort ist, weil er es jeden Tag sieht oder fühlt."

Innenminister Lewentz sagte, er sei "sehr froh", dass Kern als Leiter des Verbindungsbüros berufen worden sei. Kern war im Februar 2019 aufgrund einer Krebserkrankung in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Er ist nun Ansprechpartner für die Verantwortlichen auf Kreisebene. Nach überstandener Erkrankung befinde er sich noch in ärztlicher Betreuung, sei aber wohlauf, so der 64-Jährige selbst. "Ich sehe es als moralische Verpflichtung, den Menschen im Ahrtal und den vielen Helfern gegenüber an, mich zur Verfügung zu stellen."

"Ich liebe direkte Ansprachen und direkte Wege", so Kern weiter. "Ich weiß, dass das eine riesige Aufgabe ist." Ziel sei es, dass die Menschen im Ahrtal sich wieder wohl fühlten und dass die Region auch touristisch wieder attraktiv werde. Alle dafür erforderlichen Schritte wolle er in persönlichen Gesprächen mit den Bürgermeistern und Ortsbürgermeistern besprechen und unmittelbar an die Stabsstelle weitergeben.

Steingaß: Stabsstelle mit Expertenteam breit aufgestellt

Die enormen Schäden durch die Hochwasserkatastrophe stelle die Landesregierung beim Wiederaufbau vor sehr große Herausforderungen, sagte die designierte Landesbeauftragte Steingaß. Die Wiederaufbauabteilung habe ihre Arbeit selbstverständlich auch schon aufgenommen. "Wir ziehen dabei Experten aus dem Innenministerium, aus dem Finanzministerium, dem Bauministerium, dem Klimaschutzministerium und dem Verkehrsministerium zusammen und arbeiten eng abgestimmt auch mit den übrigen Ressorts." Einbezogen werden auch die Entwicklungsagentur RLP.

Bundeswehr bleibt "so lange wie nötig"

Bei einem Rundgang mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sei die gute Zusammenarbeit "ausdrücklich bestätigt" worden, sagte Lewentz außerdem. "Wir sind natürlich auch beim Rundgang durch die Gemeinde angesprochen worden." Die Anwohner hätten Angst, dass Bundeswehr und Technisches Hilfswerk bald abgezogen würden. Lewentz könne hier beruhigen: "Die Bundeswehr bleibt so lange hier, bis zivile Kräfte verfügbar sind."

Der Innenminister betonte außerdem die Bedeutung der ehrenamtlichen Helfer: Ihre Unterstützung sei von "unschätzbarem Wert", sie selbst "höchst willkommen". Er würdigte auch die "gewaltige Anzahl von Hilfsangeboten". Wer regelmäßig im Tal sei, sehe die Veränderung bereits, "und das gibt den Menschen dort auch Hoffnung".

Dreyer äußert sich nicht zu laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Ministerpräsidentin Dreyer äußerte sich nicht zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Landrat Kreises Ahrweiler Pföhler. Es sei nicht ihre Aufgabe und Rolle, zu kommentieren, was die Justiz tue, so Dreyer. Bei dem Ermittlungsverfahren geht es um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen am Abend des Hochwassers. Es sei allerdings "ganz klar", dass es mit dem Wiederaufbau nicht getan sei, sondern dass "selbstverständlich" allen noch offenen Fragen nachgegangen werde.

In Bezug auf den offenen Brief der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ahrtal sagte Dreyer: "Vieles, was an Forderungen vorgeschlagen worden ist, ist natürlich auf dem Weg." Mit dem Wiederaufbaustab gäbe es nun auch einen Zeitplan zum Wiederaufbaufonds. "Das sollten Zeichen ins Tal sein, dass niemand dort alleine gelassen wird." Im Moment gebe es viele Dinge, die gleichzeitig zu tun seien. Noch immer seien 30.000 Haushalte ohne Wasser und Strom: "Es geht um elementare Dinge."

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