Traktor auf Acker, zieht eine Staubwolke hinter sich her (Foto: SWR)

Ernährungssicherung in Ukraine-Krieg

Landwirte in RLP wollen auf Brachen Mais und Soja anbauen

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Die Ukraine gilt als Kornkammer Europas. Wegen des Krieges drohen vor allem in Afrika Hungersnöte. Landwirte in Rheinland-Pfalz fordern deshalb, stillgelegte Felder für die Produktion von Nahrungsmitteln freizugeben.

Da mit der Ukraine einer der weltweit größten Produzenten für Weizen ausfällt, hat der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) appelliert, stillgelegte Ackerflächen für die Produktion von Nahrungsmitteln freizugeben. In ganz Rheinland-Pfalz könnten etwa 10.000 Hektar aktiviert werden.

Unterstützung kommt von Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Brachflächen sollten ausnahmsweise und temporär zum Anbau von Nahrungs- und Futterpflanzen auch in Deutschland zugelassen werden, so die Ministerin.

"Jetzt zählt jeder Tag in Rheinland-Pfalz"

Landwirte in der Südpfalz könnten beispielweise Sonnenblumen, Mais oder Soja aussäen, sagte der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes der Kreisgruppe Germersheim, Roland Bellaire. Zuerst müsse jedoch sichergestellt werden, dass der Landhandel genug Saatgut bereitstellen könne. Außerdem müssten die stillgelegten Ackerflächen für die Aussaat vorbereitet werden. Laut Bauern- und Winzerverband zählt jeder Tag. Und in der Tat sind in Rheinland-Pfalz einige Supermarktregale leer, allerdings nicht, weil Öl, Mehl und Nudeln knapp sind, sondern weil die Kunden übermäßig große Mengen kaufen. Wie zu Beginn der Corona-Pandemie sind Hamsterkäufe wieder an der Tagesordnung.

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EU gibt grünes Licht für Ausnahmeregelung

Am Mittwoch hatte die EU-Kommission bekannt gegeben, dass stillgelegte Ackerflächen in diesem Jahr ausnahmsweise für die landwirtschaftliche Produktion freigegeben werden können. Auf diesen Flächen sollen nun vor allem Futterpflanzen wie Soja und Mais angebaut werden dürfen, die in der Tiermast eingesetzt werden. Bislang kam mehr als die Hälfte des Maises in der EU aus der Ukraine.

Ministerin Schmitt begrüßte die Entscheidung. "Es ist gut und richtig, dass sich die EU für diese Ausnahmeregelung zum Anbau von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen ausgesprochen hat und somit den Folgen der Ukraine-Krise und damit der Ernährungssicherung Rechnung trägt", erklärte sie.

Sie bitte den Bundeslandwirtschaftsminister, die Lösung für Deutschland kurzfristig und praxistauglich umzusetzen, sodass auch in Rheinland-Pfalz Ackerfrüchte wie Getreide und Mais auf den ökologischen Vorrangflächen angebaut werden können. "Die Zeit drängt, die Aussaat muss in Kürze erfolgen, die Betriebe zuvor Saatgut einkaufen."

Umweltverbände fürchten dagegen, dass damit die Umweltziele der EU für eine nachhaltigere Landwirtschaft untergraben werden könnten. Mehr als 80 NGOs, darunter Greenpeace und der BUND, forderten in einem offenen Brief das weitere Verfolgen dieser Umweltziele.

Ausnahmeregel soll Klimaschutz nicht in Frage stellen

Landwirtschaftsministerin Schmitt betonte, dass die temporäre Freigabe dieser Flächen nicht die grundlegende, an der Nachhaltigkeit und dem Klimaschutz orientierte Neuausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik in Frage stelle, sondern dem Getreidemangel aufgrund des Kriegs Rechnung trage. Eine solche Lösung sei als außergewöhnliche Ausnahmeregelung jetzt dringend geboten. Die EU komme damit ihrer Verantwortung als bedeutender Nahrungsmittelexporteur nach und könne zur Entspannung der sich abzeichnenden Notlagen in Drittländern – insbesondere in Nordafrika und dem Mittleren Osten – beitragen. Diese Regionen haben besonders unter dem Wegfall der Getreideexporte aus der Ukraine zu leiden.

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