Zifferblätter von Bahnhofsuhren (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/ dpa/ Federico Gambarini )

Gedanken und Gefühle acht Jahre lang konservieren

Zeitkapsel-Aktion in Koblenz bis zur Buga 2029

Stand
AUTOR/IN
Andreas Herrler
ONLINEFASSUNG
Stefan Eich

Was denken wir über unsere Gesellschaft im Jahr 2021? In Koblenz will man diese Gedanken konservieren, in sogenannten Zeitkapseln. Die ersten werden dem Stadtarchiv übergeben.

In acht Jahren, zur Eröffnung der Bundesgartenschau, werden die Kapseln wieder geöffnet. Clara Jung koordiniert für die Stadt Koblenz das Projekt "Demokratie leben!", zu dem auch die Zeitkapseln gehören. Sie hat im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Herrler erklärt, wie das mit den Zeitkapseln funktioniert.

SWR: Frau Jung, wie müssen uns diese Zeitkapseln vorstellen?

Clara Jung: Zeitkapseln an sich sind ja nichts Neues. Es geht darum, etwas für die Zukunft und für die folgenden Generationen zu bewahren, und eben nicht nur allgemeine Fakten und Informationen festzuhalten, sondern auch individuelle Erinnerungen, Einschätzungen von aktuellen Umständen, aber auch Wünsche, Erwartungen und Visionen für die Zukunft. Und einige Jahre später öffnet man dann diese Zeitkapseln, und es folgt der Rückblick: Haben sich die Dinge entwickelt wie erwartet - oder doch ganz anders?

Diese Vision, auch diese Wünsche, von denen Sie sprechen, von wem kommen die? Sind das Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Bildung, Politik, Zivilgesellschaft und so weiter? Oder sind es auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger?

Wir haben uns bemüht, die breite Gesellschaft abzubilden. Wir wollten keine Hunderte Zeitkapseln befüllen lassen. Da war eben das Problem, wo lagert man die? Wir haben Personen ausgewählt, die eine bestimmte Institution oder gesellschaftlichen Bereich vertreten, die auch bereits gewisse Gremienerfahrung haben und somit heute schon in Berührung mit der Kommunalpolitik und den demokratischen Strukturen unserer Stadt sind. Zum Beispiel haben wir eine Tierbeauftragte hier in Koblenz, die macht mit, aber auch eine Vertreterin des Beirates für Migration und Integration. Wir haben von den ASTen der Hochschule und der Uni jemanden dabei, vom Jugendrat aber auch zum Beispiel den Krankheitsvertreter der Behindertenbeauftragten.

Ist denn zu befürchten oder anzunehmen, dass diese Gedanken aktuell vor allen Dingen von der Pandemie überlagert werden?

Sicherlich spielt die Corona-Pandemie eine Rolle bei den Antworten. Wir haben sechs Leitfragen an alle gegeben, wo es eben auch darum geht: Was fällt Ihnen aktuell zur Demokratie ein? Was läuft gut, was nicht? Und da weiß ich zum Beispiel auch aus seiner Jugendpflegeeinrichtung hier, dass die Corona Pandemie eine große Rolle spielt, da einfach die Jugendarbeit auch vor große Probleme gestellt war, dadurch, dass persönliche Kontakte lange Zeit nicht möglich waren.

Diese Kapseln sollen in acht Jahren wieder geöffnet werden, also im Jahr 2029, 30 - so um den Jahreswechsel herum. Was erhoffen Sie sich von diesem doch sehr langen zeitlichen Abstand?

Wir möchten natürlich authentisch Ausschnitte der Gegenwart und Einschätzungen für die Zukunft festhalten. Und spannend wird einfach sein, einen Abgleich zu machen zwischen dem Heute und dann dem Ist-Zustand in acht Jahren. Was hat sich verändert? Was hat sich vielleicht bewahrheitet von den Wünschen oder Erwartungen, was ist aber vielleicht auch gleich geblieben? Und warum? Und wir hoffen natürlich sehr, dass diejenigen, die die Kapseln befüllen, auch selbst ihre Kapseln in acht Jahren wieder öffnen werden und dann die Inhalte im Rahmen einer Veranstaltung oder eines offenen Dialogs diskutiert werden. Dadurch, dass wir jetzt auch als Stadt von dem Bundesprogramm "Demokratie leben" gefördert werden, sind aber natürlich auch heute schon die Inhalte dieser Kapseln spannend für uns. Und es könnten sich eben auch weitere Projekte daraus ergeben, die vielleicht in den nächsten acht Jahren immer wieder auch auf dieses Projekt hinweisen, damit das nicht komplett in Vergessenheit gerät.

Stand
AUTOR/IN
Andreas Herrler
ONLINEFASSUNG
Stefan Eich