Neben den beiden Standorten im Westerwald hat Kempf seit Anfang der 1990er Jahre auch zwei Werke in der polnischen Stadt Kowary. Zwar investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben auch weiter im Westerwald, langfristig stehen aber vor allem Investitionen in Polen an. Das habe etwas mit den derzeitigen Bedingungen in Deutschland zu tun, sagt Geschäftsführer Manuel Kempf.
Auch andere Unternehmer, mit denen er spreche, seien frustriert von der aktuellen Politik und hätten aufgrund der Wirtschaftslage immer weniger Freude am täglichen Geschäft, sagt Kempf: "Wir wollen doch alle mit begeisterten Mitarbeitern ein tolles Produkt herstellen. Und es soll am Ende noch Geld übrig bleiben, um weiter ins Unternehmen investieren zu können."
Schlechte Stimmung bei Unternehmen in der Region
Diesen Trend bestätigt auch die Industrie- und Handelskammer Koblenz (IHK). Alle Branchen seien betroffen, die Lage sei so schlecht wie zu Beginn der Corona-Krise. Die Unternehmen nennen demnach die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an erster Stelle bei den Konjunkturrisiken. Das gab es laut IHK zuvor noch nie.
Fast ein Drittel der Industriebetriebe plane oder realisiere die Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland, besonders energieintensive Unternehmen, teilte die IHK mit. Auch mittelständische Unternehmen in der Region denken den Angaben zufolge verstärkt darüber nach. Sie kritisierten die Bürokratie in Deutschland und die EU-Regulierungslast. Die Unternehmen würden etwa Zuverlässigkeit, einen stabilen Ordnungsrahmen und Technologieoffenheit in Deutschland vermissen.
Bedingungen in Polen zum Teil besser
Bürokratie, Fachkräftemangel, Kostensteigerungen - das alles sind Dinge, die auch Manuel Kempf beschäftigen. Sein Unternehmen sei derzeit stabil am Markt, sowohl an den Standorten in Polen als auch im Westerwald. In Polen gehe man viele Dinge aber oft pragmatischer an. Während es in Deutschland immer schwieriger werde, zu investieren und voranzukommen.
Kempf sieht deshalb viele Entscheidungen der Politik kritisch: Zum Beispiel werden immer wieder Dinge beschlossen, die dann einige Monate später wieder revidiert werden müssten, etwa weil das Geld für die Umsetzung gar nicht da sei, beklagt der Chef des Familienunternehmens: "Unternehmen in Deutschland können deshalb überhaupt nicht mehr sicher planen."
Unternehmen fest im Westerwald verwurzelt
Der Westerwälder Unternehmer will trotzdem an den beiden Standorten in Rheinland-Pfalz festhalten. Das Familienunternehmen sei fest in der Region verwurzelt und beschäftige in Bad Marienberg und Nisterau etwa 250 Mitarbeiter. Außerdem fühle man sich der Heimatregion stark verbunden. Es sei trotz der schlechteren Bedingungen immer noch möglich, in Deutschland zu investieren und zu expandieren.
Kempf erwartet von der Politik jedoch, dass Unternehmer in Deutschland auch wieder mehr entlastet werden. Etwa durch Bürokratieabbau. "Die allgemeine Wahrnehmung ist, dass die Menge der Gesetze und Verordnungen viel mehr geworden ist." Statt Bürokratie abzubauen, reagiere die Politik aber mit Subventionen und Fördertöpfen, um die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Das ist aus Sicht des Unternehmers der falsche Weg.