Der Andrang ist ungebrochen. Hunderte Menschen warten am Sonntagnachmittag vor einem Zelt auf einem Supermarkt-Parkplatz in Ahrweiler. Im Zelt stehen Tische für den Wahlvorstand, Wahlkabinen und die Wahlurne. Seit dem Morgen reihen sich hier Wählerinnen und Wähler aneinander, um ihr Kreuzchen zu machen.
Fast alle Wahllokale in Bad Neuenahr-Ahrweiler sind zerstört
"Hauptsache, man kann irgendwo seine Stimme abgeben. Wir sind froh, dass es das gibt", sagt eine Wählerin, die in der Schlange wartet. Lediglich an zwei Stellen konnte am Wahlsonntag im Stadtgebiet von Bad Neuenahr-Ahrweiler gewählt werden. Denn fast alle der 24 Wahllokale in Altenheimen oder Schulen, sind bei der Flutkatastrophe im Juli zerstört worden.
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Damit dennoch auch vor Ort gewählt werden konnte, hatten am Samstag rund 20 Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks die Zelte aufgestellt. In jedem Zelt gibt es zehn Wahlkabinen. "Unheimlich viele haben dieses Jahr von der Briefwahl Gebrauch gemacht", sagt der Ahrweiler Wahlleiter Jan Weidenbach. "Deshalb überrascht es umso mehr, wenn hier noch so viele Leute kommen."
Kreis Ahrweiler hatte um Briefwahl gebeten
Vor der Wahl hatten Kreis und Gemeinden die Menschen darum gebeten, per Brief abzustimmen. Nur wer keine Gelegenheit an der Teilnahme per Brief habe, solle ins Wahlbüro gehen. Viele Menschen im Flutgebiet sind auch bei Verwandten oder Bekannten in anderen Städten untergekommen, obwohl sie noch im Ahrtal gemeldet sind. Für den Fall konnte die Briefwahl auch online und ohne Wahlschein beantragt werden.

In der Verbandsgemeinde Altenahr konnte am Sonntag nur ein Wahlbüro seine Türen öffnen. In dieser Verbandsgemeinde hatten rund 67 Prozent der Wahlberechtigten Briefwahl beantragt, teilte der Landeswahlleiter mit. Im gesamten Kreis waren das nach Angaben der Verwaltung mehr als die Hälfte.
Wahlbusse im Ahrtal waren im Einsatz
Damit die Menschen entlang der Ahr ihre Stimme abgeben konnten, waren in den Tagen vor der Wahl auch Wahlbusse im Katastrophengebiet unterwegs. Seit dem 14. September konnten die Menschen in der Region auch dort an verschiedenen Stellen über mobile Urnen ihre Stimmen abgeben. Hier konnten sie auch Briefwahl beantragen. Insgesamt 120 Mal machten die Busse des Landesbetriebs Landesforsten für jeweils drei Stunden an unterschiedlichen Stellen im Ahrtal Station. An Bord waren Teams der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Mayen.
Nachbargemeinden unterstützen betroffene Gebiete
Damit alles reibungslos funktioniert, unterstützten die Stadt Koblenz und die Gemeinde Grafschaft die zerstörten Regionen, etwa bei der Vorbereitung der Wahl. Die benachbarten Gemeinden entsandten außerdem Wahlhelferinnen und Wahlhelfer.
Doch nicht nur die Bundestagswahl war in diesem Jahr anders als sonst. Auch der Wahlkampf war im Ahrtal ungewöhnlich: kaum Plakate, kein Klinkenputzen, keine klassischen Wahlkampfveranstaltungen. Im Ahrtal gab es dieses Mal nur ein Thema - die Flutkatastrophe, bei der alleine im Tal 133 Menschen ums Leben kamen.