Ein ausgetrocknetes Biotop bei Mendig (Foto: SWR)

Seltene Tiere könnten aussterben

Dürre-Drama: Biotope in Eifel und Westerwald trocknen aus

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Mike Roth

Der Dürresommer hat dramatische Folgen für Biotope und Feuchtwiesen in der Eifel und im Westerwald. Biologen fürchten, dass zum Beispiel seltene Schmetterlinge aussterben könnten.

Nach der wochenlangen Dürre erschüttert Biologe Jörg Hilgers der Anblick, den ihm die Thürer Wiesen bieten. "Das Biotop ist klinisch tot. Es fliegt nichts. Es sind kaum Vögel da. Es sind keine Schmetterlinge da. Und das macht dann sehr nachdenklich und tut auch weh."

Hilgers kümmert sich im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz unter anderem um das Naturschutzgebiet Thürer Wiesen bei Mendig im Kreis Mayen Koblenz. Die Thürer Wiesen zählen zu den Feuchtwiesen und Biotopen, die einen wertvollen Lebensraum für Schmetterlinge, Libellen, Frösche oder seltene Pflanzen darstellen - auch Wasserbüffel lebend dort. Im Westerwald und in der Eifel gibt es viele solcher Gebiete, die unter Naturschutz stehen.

"Dieses Biotop ist klinisch tot."

Thürer Wiesen: Tiefe Risse im Boden, wo sonst ein kleiner See ist

In der Feuchtwiese bei Mendig leben normalerweise bis zu 20 Libellenarten, unzählige Amphibien wie Frösche und Unken oder viele, teils sehr seltene Schmetterlingsarten. Doch wo das Wasser normalerweise mehr als einen Meter steht, ziehen sich nun Risse durch den getrockneten Schlick. Das gut 15 Hektar große Feuchtgebiet wird üblicherweise von einem Bach mit Wasser gespeist, der aber in den vergangenen Wochen versiegt ist.

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"An der tiefsten Stelle ist nur noch ein trauriger Rest von Wasser vorhanden. Und wenn das so weiter geht, wird der auch noch verschwinden", meint Biologe Jörg Hilgers. Was in dem Schlick überlebt hat, wird der Biologe erst im kommenden Jahr feststellen können, wenn z.B. die Larven der Schmetterlinge schlüpfen.

"Es gibt nur noch wenige Flächen, auf denen etwas Wasser steht."

Ausgetrocknete Biotope auch im Westerwald

Eine ähnlich dramatische Entwicklung beobachtet auch der Biologe Markus Kunz rund um die Fuchskaute oder im Nistertal im Westerwald. Dort gebe es großflächige Feuchtwiesen, die jetzt teils völlig trockengefallen seien, schildert der Biologe. "Es gibt nur noch wenige Flächen, auf denen etwas Wasser steht", sagt Markus Kunz im SWR-Interview.

Der Biologe beobachtet nun schon seit mehr als 40 Jahren die Feuchtwiesen im Westerwald. "Einen so trockenen Sommer habe ich noch nicht erlebt. Da ist etwas in Bewegung geraten. Das ist keine Eintagsfliege", sagt Kunz.

Der Goldene Scheckenfalter ist auch im Westerwald vom Aussterben bedroht. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Der Goldene Scheckenfalter ist vom Aussterben bedroht. Im nördlichen Rheinland-Pfalz konnte der seltene Schmetterling zuletzt noch in den Feuchtwiesen rund um die Fuchskaute und der Breitenbach-Talsperre nachgewiesen werden.

Seltene Schmetterlinge verschwinden aus dem Westerwald

Besonders große Sorgen bereitet dem Naturwissenschaftler derzeit der Goldene Scheckenfalter, ein seltener Schmetterling, der auf der roten Liste der weltweit vor dem Aussterbenden bedrohten Arten steht. Im Norden von Rheinland-Pfalz hat Markus Kunz ihn nur noch in den Feuchtwiesen rund um die Fuchskaute und der Breitenbach-Talsperre bei Waigandshain nachweisen können.

"Dort wollen nun Anfang September Naturschützer einzelne Larven des Goldenen Scheckenfalters einfangen, um sie auch in Nordrhein-Westfalen und Hessen wieder anzusiedeln", erzählt Biologe Kunz: "Aber dafür müssen wir erstmal schauen, ob von den Larven überhaupt noch welche übrig sind."

"Da brechen ganze Nahrungsketten zusammen."

Biologen: Weitere Dürrejahre verkraftet die Natur nicht gut

Die Biologen hoffen jedoch, dass sich die meisten der Feuchtwiesen im Norden von RLP wieder regenerieren können, wenn es bald ausgiebig regnet. Doch sollte es in den kommenden Jahren erneut zu einer Dürre kommen, sieht Biologe Jörg Hilgers schwarz für die Flora und Fauna in vielen Feuchtgebieten.

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"Wir werden dann wahrscheinlich seltene Orchideen, Vögel, Libellen oder Schmetterlinge nicht mehr retten können. Die sterben dann einfach aus", sagt der Biologe. Dies habe noch unbekannten Folgen für das gesamte Ökosystem, meint er: "Da werden dann ganze Nahrungsketten zusammenbrechen."

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