Mit dem Frühjahr erwacht auch die Gastronomie im nördlichen Rheinland-Pfalz zu neuem Leben. Nach zwei Sommern mit erheblichen Einbußen durch die Corona-Pandemie setzen viele Betriebe ihre Hoffnung in den Tourismus. Dazu tragen auch die zahlreichen Lockerungen der Corona-Regeln des Landes bei.
Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) beobachtet, dass die Betriebe in der Gastronomie bereits stark frequentiert werden, sagt Landesbezirkssekretär Alexander Münchow im SWR-Interview. Viele Menschen seien froh, wieder Hotels, Gaststätten und Cafés besuchen zu können.
"Wir sehen regelrecht einen neuen Hedonismus in Richtung Gastgewerbe. Die Leute haben Lust, sich in Cafés, Restaurants und Hotels zu treffen."
Das bestätigt auch Dirk Zander, Inhaber des Königsbacher Biergartens am Deutschen Eck in Koblenz. Er hat seinen Betrieb vor Kurzem das erste Mal in diesem Jahr geöffnet und der Biergarten sei direkt voll gewesen, erzählt er. Gleichzeitig gebe es aber auch viele Aspekte, die ihm als Selbstständigen hier Sorgen bereiten.
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Steigende Preise auch in der Gastronomie
Einer dieser Punkte seien die gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Personal. Diese müssten die Betriebe auch an die Gäste weitergeben, so Alexander Münchow. Viel zu lange seien Lebensmittel quasi "verramscht" worden. Jetzt würden sich viele Gastronomen aber trauen, die Preise realistischer zu gestalten.
"Da ist man jetzt mutig und sagt: Wir passen die Preise an die Realität an."
Auch Dirk Zander hat seine Preise bereits angehoben. 50 Cent bis zu einen Euro seien die Gerichte jetzt teurer, berichtet er. Eigentlich sei das noch zu wenig, um die stetigen Preiserhöhungen seiner Lieferanten abzudecken, aber er wolle es jetzt erst einmal so versuchen.
Mitarbeiterschwund während Corona-Pandemie
Im Königsbacher Biergarten geht die Saison jetzt erst richtig los mit dem guten Wetter. Entsprechend sucht Zander aktuell nach Aushilfen für den Service. Und hier hat er festgestellt: Viele ehemalige Gastro-Mitarbeiter haben sich in den vergangen zwei Jahren anders orientiert. Sie seien beispielsweise zu Paketdienstleistern gewechselt.
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Mitunter mussten sich Betriebe deshalb umstellen, wie zum Beispiel der Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) im Kreis Mayen-Koblenz berichtet. Joachim Mehlhorn betreibt "Diehls Hotel" in Koblenz. Dort habe die Küche inzwischen mittags zu, weil es personell anders nicht möglich sei.
Die NGG spricht von 30 Prozent Mitarbeiterschwund in der Branche, seit die Corona-Pandemie begonnen hat. Die Gewerkschaft habe mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt - denn der einzige Anreiz für die Arbeit in der Gastronomie könne nur eine faire Bezahlung sein, so Alexander Münchow. Ab April sollen die Entgelte demnach um 36 Prozent steigen.
Arbeitskräfte aus der Ukraine als Hilfe
Die Gewerkschaft NGG sieht auch eine Chance darin, dass Schutzsuchende aus der Ukraine hier in der Region arbeiten wollen, so Alexander Münchow. Er betont aber, dass andere Probleme natürlich Vorrang hätten. Sollten Geflüchtete hier arbeiten wollen, sei allerdings wichtig, dass es nicht zu einer Arbeitsausbeutung komme.
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Die Restaurants und Hotels in der Region können sich gut vorstellen, Geflüchtete aus der Ukraine einzustellen. Der Dachverband Dehoga ist aber nur vorsichtig optimistisch.
Aber auch wenn die gesetzlichen Arbeitsbestimmungen alle eingehalten seien, gebe es noch weitere Herausforderungen, gibt Münchow zu bedenken. Vor allem die Sprache könne zum Problem werden, denn logischerweise spreche nicht jeder Mensch, der aus der Ukraine komme, Deutsch.
Sprachbarriere kann Problem darstellen
Vor allem im Service oder am Empfang eines Hotels oder Restaurants sei die Sprache eine große Barriere, betont Joachim Mehlhorn. Unproblematischer wäre dagegen beispielsweise die Arbeit in der Küche. Hier werde durch internationales Personal ohnehin bereits oft Englisch gesprochen.
Dirk Zander ist selbst vor Kurzem mit einem Hilfskonvoi unterwegs gewesen, um den Menschen in der Ukraine zu helfen. Er verdeutlicht dementsprechend auch: Die Gedanken der Schutzsuchenden drehen sich im Moment nicht unbedingt um das Thema Arbeit. Meist ginge es ihnen einfach darum, dass der Krieg schnell endet und sie wieder zurück nach Hause können.