Das Verpflegungszentrums des Deutschen Roten Kreuzes  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Thomas Frey)

Gegen Hunger und Durst im Flutgebiet

So werden die Menschen im Ahrtal verpflegt

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Mehr als 10.000 Portionen drei Mal täglich: Das Rote Kreuz verpflegt die Menschen im Ahrtal - aber die Helfer nach der Hochwasser-Katastrophe werden langsam knapp.

Mitten in der Nacht beginnen die Helfer mit den Vorbereitungen für das Mittagessen im Katastrophengebiet an der Ahr. Zwischen 10.000 und 13.000 Portionen werden in 15 Küchenzelten auf einem riesigen Parkplatz in der Gemeinde Grafschaft im Kreis Ahrweiler vorbereitet und gekocht. "Vier Sattelzüge mit Lebensmitteln kommen am Tag an", sagt Einsatzleiter Uwe Mauch vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). "Das ist das erste Mal, das in Deutschland so ein Verpflegungszentrum aufgebaut wird", berichtet der international erfahrene DRK-Fachmann aus Mannheim.

Personal ist Mangelware

Rund 110 ehrenamtliche DRK-Helfer aus ganz Deutschland sind auf dem Parkplatz des Süßigkeitenherstellers Haribo seit dem 1. August mit der Essensversorgung für die Menschen beschäftigt. Dazu kommen etwa 60 Helfende im Fahrdienst und zehn Verwaltungskräfte. "Es wird von Woche zu Woche schwerer, genug Personal zu bekommen", sagt Mauch. Viele Ehrenamtliche wollten zwar länger bleiben und gingen mit Tränen in den Augen, würden aber wegen der Belastungen nach einer Woche erstmal ausgetauscht.

"Wir fangen um 2 Uhr an und kochen bis etwa 8 Uhr", sagt Mauch. Nach dem Kochen und Verladen wird geputzt. "Von 14, 15 Uhr bis morgens um 2 Uhr haben die Helfer Zeit, um zu regenerieren." Sie übernachten in einer Jugendherberge oder einer Reha-Klinik. Die Kosten für das Verpflegezentrum lassen sich laut DRK nicht genau beziffern. Ein Großteil davon werde mit Spenden abgedeckt und sei für die Lebensmittel. Viele Arbeitgeber berechneten aber auch den Verdienstausfall ihrer Beschäftigten. (Hinweis: Der SWR hatte die Höhe der Kosten auf Grundlage eines ersten dpa Berichts auf etwa 250.000 Euro pro Tag beziffert. Diese Zahl konnte jedoch so vom DRK nicht bestätigt werden. Sobald dem SWR eine konkrete Zahl vorliegt, wird sie hier veröffentlicht).

Wer sind die Freiwilligen?

Eine 22 Jahre alte Krankenpflegerin-Azubi aus Düsseldorf etwa ist ihrem Arbeitgeber dankbar für zwei freie Tage. Ein Helfer kommt aus dem Sportvertrieb und ist betriebsbedingt ohnehin freigestellt. Ein anderer ist pensionierter Berufsschullehrer, ein Beamter bei der Kreisverwaltung in der Nähe von Heilbronn hilft. Ebenso eine Schulsekretärin aus Unterfranken, die gerade Ferien hat.

Die Küchencrew des Verpflegungszentrums des Deutschen Roten Kreuz im Ahrta kocht schon am Morgen das Mittagessen.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Thomas Frey)
Die Küchencrew des Verpflegungszentrums des Deutschen Roten Kreuz kocht schon am Morgen das Mittagessen.

Das fertig gekochte Essen wird in sogenannte Thermophore gefüllt, verladen und mit 25 Fahrzeugen an die 42 Ausgabepunkte im Katastrophengebiet im Ahrtal gebracht. Trinkwasser bringe eine andere Abteilung des DRK in großen Mengen. Die Strecken verlaufen sich im Osten auf 20 und im Westen auf 65 Kilometer Luftlinie, wie Einsatzleiter Mauch sagt. "65 Kilometer Luftlinie sind aber 143 Kilometer entfernt."

"Keiner muss hungern"

Putengeschnetzeltes mit Nudeln und Salat stand am Vortag auf dem Speiseplan für das Mittagessen. Am nächsten Tag soll es - dank einer größeren Spende von Nürnberger Bratwürsten - Currywurstpfanne geben - und für die Vegetarier Kartoffelgulasch. "Wir arbeiten nach internationalen Vorgaben", erklärt Mauch. Daher gebe es auch immer eine vegetarische Variante.

An der Essens-Ausgabe am Bahnhof im Stadtteil Ahrweiler warten um kurz vor 12 Uhr schon zwei Rentner und eine Frau mit ihrer kleinen Tochter. Die beiden Männer, denen es noch immer an Wasser und Strom fehlt, waren schon öfter da. "Eine kleine warme Mahlzeit mittags ist wichtig", sagt einer der beiden, Fritz Hardes. "Das Essen ist in Ordnung und schmackhaft", findet der neben ihm wartende Manfred Schmitz. "Ich bin sehr dankbar, was man alles bekommt. Keiner muss hungern", sagt der 80 Jahre alte Rudolf Siegmund, der dazukommt.

Helfer im Verpflegungszentrums des Deutschen Roten Kreuzes geben Essen an die Opfer der Flutkatastrophe aus. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Thomas Frey)
Helfer im Verpflegungszentrums des Deutschen Roten Kreuzes geben Essen an die Opfer der Flutkatastrophe aus.

Wie soll die Verpflegung weitergehen?

Innerhalb kürzester Zeit bildet sich eine lange Schlange - darunter sind viele Helfer aus dem In- und Ausland, viele sprechen kaum Deutsch. Paul Janssen aus der Nähe von Wien stellt sich mit einem Freund auch an. Die beiden Österreicher sind für einen zweitägigen Hilfseinsatz angereist - statt Urlaub. "Das bringt mehr, als zu Hause rumsitzen und nur darüber zu reden, wie arg das hier ist", sagt der 25-Jährige. Rentnerin Katharina Kluth aus Wachtberg bei Bonn hilft einem Winzer im Weinberg.

Der Bedarf nach Verpflegung geht laut Mauch inzwischen leicht zurück. Viele hätten inzwischen zumindest wieder Notstrom, die Wasserversorgung solle bis Mitte Oktober wieder funktionieren. "Am Oberlauf an der Ahr wird das aber noch eine Weile dauern." Das DRK prüfe, wer in Zukunft die Aufgaben übernehmen könne. "Viele Caterer wollen Geld verdienen, wissen aber nicht, was es bedeutet", berichtet Mauch. Vielleicht könne aber Personal aus der Gastronomie angestellt werden, das wegen der Flut arbeitslos geworden sei.

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