Behelfsbrücken an der Ahr sind nach dem Hochwasser aufgebaut. Straßen gibt es noch nicht. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Zweite Zukunftskonferenz nach Flutkatastrophe

Die meisten Häuser im Ahrtal dürfen wieder aufgebaut werden

Stand

34 zerstörte oder beschädigte Häuser dürfen im Ahrtal nicht mehr an Ort und Stelle aufgebaut werden. Das Land hat am Donnerstag in Grafschaft-Ringen die Pläne für den Wiederaufbau des Ahrtals vorgestellt.

Bei der zweiten Zukunftskonferenz präsentierte das Land die neuen vorläufigen Überschwemmungsgebiete. Sie zeigen an, wo Hausbesitzer ihr Haus sanieren und wiederaufbauen können und welche Gebiete künftig unbewohnt bleiben müssen. Im gesamten Ahrtal gibt es demnach 34 Häuser, die zerstört wurden und nicht mehr aufgebaut werden dürfen. Vier davon allein in Schuld. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord hat dafür Karten ausgearbeitet.

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"Die allermeisten Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen erhalten mit dieser Karte die Gewissheit, dass sie an Ort und Stelle sanieren können. Es gibt nur verhältnismäßig wenige zerstörte Häuser, die im besonderen Gefahrenbereich des Überschwemmungsgebietes liegen und an altem Ort nicht wiederaufgebaut werden können", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) während der Konferenz.

Betroffene vorab informiert

Mit den Betroffenen habe es bereits in der vergangenen Woche Gespräche gegeben - "mit dem Ziel, einen alternativen Bauplatz oder andere individuelle Lösungen zu finden", sagte Dreyer weiter. Ein nächster Schritt sind Einwohnerversammlungen in den betroffenen Orten. Sie sollen ab Montag stattfinden, sagte die Ministerpräsidentin.

15 Milliarden Euro stehen für den Wiederaufbau im Ahrtal bereit. Seit Montag können Betroffene ihren Antrag für die Gelder bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) einreichen. 5.032 Anträge seien seitdem eingegangen. Die allermeisten bezögen sich auf Zuwendungen für den Schadensersatz des Hausrates, so Dreyer. Der Wiederaufbau von Privathäusern kann mit bis zu 80 Prozent der Kosten gefördert werden, in Härtefällen mit bis zu 100 Prozent.

"Die Menschen denken wieder an den Wiederaufbau. Die Zeichen der Politik durch die Fördermaßnahmen haben Hoffnung gegeben", sagte der Beauftragte des Landes für den Wiederaufbau Günter Kern.

Die zweite Zukunftskonferenz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal (Foto: SWR)
Die zweite Zukunftskonferenz für das Ahrtal fand in der Mehrzweckhalle in Grafschaft-Ringen statt.

Beratung zum Wiederaufbau in Infopoints

Im Landkreis Ahrweiler soll es außerdem 16 Infopoints geben, wo Betroffene Beratung zum Wiederaufbau erhalten sollen. Dort soll es auch Hilfestellung bei der Antragstellung für Gelder aus dem Aufbauhilfefonds geben. Außerdem werde ein Hochwasservorsorgekonzept für das gesamte Ahrtal entwickelt, das auch Nordrhein-Westfalen einbezieht, sagte Dreyer. "Denn das Hochwasser hält sich nicht an Landesgrenzen."

Traumatherapiezentrum soll entstehen

Die Betroffenen sollen auch psychologische Unterstützung erhalten."Um belasteten Menschen auch eine direkte Anlaufstelle zu bieten, wird das Land zudem ein Traumatherapiezentrum in Trägerschaft der Dr. von Ehrenwall´schen Klinik fördern. Es soll noch in diesem Jahr seine Arbeit aufnehmen und als geschützter Ort der Begegnung und Heilung niederschwellig innerhalb kurzer Zeit psychotherapeutische Hilfe vermitteln", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

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Die zweite Konferenz wurde vom Land veranstaltet. Dabei gab es in der Mehrzweckhalle in Ringen neben der Rede von Dreyer auch noch mehrere Vorträge. So klärte unter anderem Prof. Dr. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz darüber auf, wie hochwasserangepasstes Bauen funktioniert. Danach gab es für die Menschen im Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Bürgermeisterin Weigand: "Gute Botschaften"

Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, sprach nach der Konferenz von "gemischten Gefühlen". Es habe gute Botschaften gegeben, sagte sie. Man wolle die ganze Ahr als Großraum denken, die Karte mit den Überschwemmungsgebieten sei ein wichtiger Startpunkt und auch die Antragsformulare für Hilfen seien inzwischen online. "Zumindest haben wir die Botschaft gehört, dass man willens ist, da auch unbürokratische Lösungen für die auftauchenden Probleme zu finden."

Auf der anderen Seite gebe es noch viel zu klären. Bei baulichen Veränderungen einzelner Häuser müsse es Sondergenehmigungen geben, das sei immer noch eine Einzelfallentscheidung. Für Menschen, die weiter auf ihrem Grundstück leben dürften, aber nicht wollten, gebe es nicht so viele Möglichkeiten, woanders hinzugehen und dafür Hilfe zu bekommen.

Erstes Treffen Anfang September

Bei einer ersten Konferenz Anfang September hatten Experten und Politiker Ideen und Vorschläge zum Wiederaufbau gesammelt. Auch Betroffene aus dem Ahrtal hatten an dem Treffen teilgenommen. Bei den Workshops seien mehr als 250 Ideen zusammengekommen, im Nachgang konnten über eine Online-Plattform noch weitere Vorschläge eingereicht werden.

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"Es darf keine Denkverbote geben."

Der stellvertretende Landrat des Kreises Ahrweiler, Horst Gies (CDU), sagte nach der ersten Konferenz: "Der Wiederaufbau der Infrastruktur muss strategisch, nachhaltig und zukunftsfest angegangen werden." Die Bewältigung der Krise erfordere eine nie gekannte Kraftanstrengung. Es dürfe keine Denkverbote geben.

Initiativen fordern einheitliche Vision für das Ahrtal

Mehrere Institutionen und Initiativen, die sich zusammengeschlossen haben, fordern, dass beim Wiederaufbau des Ahrtals auch ökologische, historische und baukulturelle Aspekte berücksichtigt werden. Man brauche eine einheitliche Vision, damit das Ahrtal nach der Flutkatastrophe zu einer Modellregion werden könne, heißt es in einem Positionspapier. Der Wiederaufbau stelle auch eine historische Chance dar.

Geröll und Schutt vor einem Fachwerkhaus, darauf ein Pappschild mit der Aufschrift "Wir suchen die Meinung eines Statikers". (Foto: SWR)
"Wir suchen die Meinung eines Statikers" - ein Hilferuf auf einem Pappschild im Ahrtal

Forderung: Erhalt statt Abriss historisch wertvoller Gebäude

Konkret gehe es zum Beispiel darum, so viele historische Gebäude wie möglich zu erhalten, um den Charakter des Ahrtals zu bewahren. Deshalb müssten die Schäden zügig erfasst und geklärt werden, was noch gerettet werden könne. Und zwar nicht nur an ausgewiesenen Denkmälern, sondern an allen Gebäuden, die seit langem das Orts- und Landschaftsbild an der Ahr prägen.

Zudem müsse geregelt werden, wie neu gebaut werden soll: Das Ahrtal lebe vom Tourismus. Deshalb müsse sich die Identität und der Charakter der Region beim Wiederaufbau auch in bewährten Haustypen, Bauformen und Materialien wiederfinden. Ziel sei ein "harmonisches, gewachsenes Gesamtbild im Ahrtal".

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SWR