Die Deutsche Bahn befreit das Erdreich vom ausgelaufenen Diesel nach dem Zugunfall in Lahnstein (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Thomas Frey/dpa)

Verschiedene Sanierungsverfahren im Gespräch

Ein Jahr nach dem Bahnunglück: Immer noch Diesel in Lahnsteiner Boden

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Christina Nover
Autorin Christina Nover (Foto: SWR)

Am Montag jährt sich das Zugunglück bei Niederlahnstein. Bei dem Unfall entgleiste ein Güterzug und infolgedessen liefen rund 180.000 Liter Diesel aus. Die Sanierung wird noch viele Jahre dauern.

Ein Jahr nachdem am Bahnhof in Niederlahnstein acht Wagen eines Güterzugs entgleisten und sechs Kesselwagen umkippten, geht auf den Gleisen alles wieder seinen gewohnten Gang. Personenzüge öffnen am Bahnsteig ihre Türen, in regelmäßigen Abständen donnern Güterzüge vorbei.

Noch bis zu 90.000 Liter Diesel im Boden

Etwa 180.000 Liter Diesel waren nach letzten Angaben der Bahn bei dem Unglück am 30. August 2020 ausgelaufen und in den Boden gesickert. Ein großer Teil davon befindet sich immer noch dort. Bei den Sofortmaßnahmen wurden zwar laut Bahn auf rund 2.400 Quadratmetern 19.000 Tonnen Erde und Gestein ausgetauscht - 40 bis 50 Prozent des Diesels konnten aber nicht entfernt werden.

Feuerwehrleute sichern einen entgleisten Gefahrgutzug, der mit Diesel beladen ist. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Thomas Frey)
Warum der Zug am 30. August 2020 entgleiste, steht noch nicht fest.

Ein Grund dafür: Zahlreiche Liter waren in der Nähe von Oberleitungsmasten ausgelaufen. Um diese Masten war nach Angaben der Bahn ein großer Bogen gemacht worden, um deren Standfestigkeit nicht zu gefährden. Um den Rest des Diesels zu entfernen, sollte ein ausführliches Sanierungskonzept vorgelegt werden. Im Gespräch waren Brunnen, über die Diesel abgeschöpft werden sollte, ebenso wie chemische Verfahren.

Diesel im Boden stellt Gefahr für die Umwelt dar

Doch wie problematisch ist der Diesel im Boden überhaupt? Professor Hauke Harms, Leiter der Umweltmikrobiologe am Helmholtzzentrum für Umweltforschung, erklärt auf SWR-Anfrage: "Solange der Diesel da ist, besteht auch die Gefahr, dass er ins Trinkwasser und in wertvolle Ökosysteme gerät. Das kann dann möglicherweise zu einer toxischen Belastung führen." Im Diesel befinden sich demnach giftige Stoffe wie Benzol, die teilweise krebserregend sind.

Entfernung des Diesels noch in Planung

Die Stadt Lahnstein zeigte sich auf SWR-Anfrage enttäuscht vom Fortschritt der Sanierungsarbeiten. Es seien zwischenzeitlich viele Bohrungen, Maßnahmen, Untersuchungen und Überlegungen dazu erfolgt, wie eine Sanierung am besten vonstattengehen kann. Eine finale Entscheidung, welches Sanierungsverfahren zum Einsatz kommen wird, sei allerdings noch nicht erfolgt. Die Bahn hat dies bestätigt und mitgeteilt, dass zunächst die Grundwassersicherung im Vordergrund stand.

Über die blauen Leitungen läuft das geförderte Grundwasser zur Grundwasserreinigungsanlage  (Foto: Pressestelle, Deutsche Bahn AG)
Die Bahn arbeitet in Niederlahnstein zur Sicherung des Diesels mit mehreren Brunnen. Über die blauen Leitungen läuft das geförderte Grundwasser zur Grundwasserreinigungsanlage hinten links im Bild. Die blauen Filtertürme enthalten Aktivkohle, über die Schadstoffe aus dem Wasser entfernt werden.

Der Rhein-Lahn-Kreis, der als untere Bodenschutzbehörde die Sanierungsplanung der Deutschen Bahn begleitet, berichtet auf Anfrage des SWR, dass nach dem Zugunglück insgesamt fünf Sanierungsbrunnen und acht Grundwassermessstellen eingerichtet worden sind. Außerdem sei auch eine Grundwasserreinigungsanlage aufgebaut und in Betrieb genommen worden.

Spuren von Diesel im Grundwasser nachgewiesen

Bisher ist Diesel nach Angaben der Kreisverwaltung nur vereinzelt in Spurenkonzentrationen im Grundwasser nachgewiesen worden. In den Rhein wäre indes nichts gelangt. Die Bahn spricht selbst von einer erfolgreichen Sicherung des Grundwassers. Die Sanierungsbrunnen hätten sich sowohl beim Hochwasser im Februar wie auch während der hohen Wasserstände im Juli bewährt.

Lahnstein

Jahrestag von Zugentgleisung steht an Zwischenbericht zu Zugunglück bei Niederlahnstein gibt neue Hinweise auf Unfallursache

Die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung hat einen Zwischenbericht zum Güterzugunfall in Niederlahnstein vorgelegt. Dieser gibt neue Hinweise auf die Ursache des Unglücks.

Zur Entfernung des restlichen Diesels aus dem Boden prüft die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben derzeit zwei unterschiedliche Sanierungsansätze. Es handelt sich hierbei um ein Spezialtiefbauverfahren zum Aushub der belasteten Bereiche mittels Großlochbohrungen sowie alternativ um den Einsatz sogenannter In-situ-Verfahren. Bei letzteren wird der natürliche Abbau des Diesels gefördert.

Unklar, wie lange Sanierung dauern wird

Für die Sanierungsplanung führt die Bahn demnach seit dem 16. August weitere Erkundungsbohrungen durch. Dabei werden den Angaben zufolge Proben entnommen, Infiltrationspegel für die In-situ-Verfahren gesetzt und 30 weitere Messstellen gebaut. Alle Sanierungsvarianten würden demnach auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt, die Anwohner und den Bahnverkehr geprüft.

Wie lange die Sanierung andauern wird, dazu kann die Bahn nach eigener Aussage noch keine belastbare Schätzung abgeben - vor allem, weil die Art der Sanierung noch nicht feststeht. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass eine Sanierung mittels Spezialtiefbau innerhalb von einigen Jahren abgeschlossen werden könne, während bei den In-situ-Verfahren von einer längeren Zeitdauer auszugehen sei.