Blick auf Altenahr ein Jahr nach der Flutkatastrophe (Foto: SWR)

Wiederaufbaufonds finanziert oft nur Status Quo

Wiederaufbau an der Ahr: Kein Geld für neue Projekte?

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Michael Lang

Die Städte und Gemeinden an der Ahr wollen besser, größer und schöner wieder aufbauen. Aber für viele Ideen ist laut Land im Aufbaufonds von Bund und Ländern kein Geld vorgesehen.

Ein Brief der Landesbeauftragten für den Wiederaufbau in den Flutkatastrophengebieten sorgte Mitte September für Aufregung in vielen Planungsbüros an der Ahr. In dem Schreiben, das dem SWR vorliegt, und unter anderem an die Verwaltungen des Kreises Ahrweiler, des Eifelkreises Bitburg-Prüm und die Stadtverwaltung Trier ging, heißt es unter anderem, dass "aus der Aufbauhilfe lediglich die Wiederherstellung von Schäden finanziert werden (kann), die unmittelbar durch die Naturkatastrophe am 14./15. Juli 2021 verursacht worden sind."

Aufbauhilfe für Wiederherstellung der Flutschäden gedacht

Auf Anfrage des SWR erklärte das rheinland-pfälzische Innenministerium dazu, dass der "Aufbaufonds von Bund und Ländern (...) im Kern für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe zur Verfügung steht." Das Ministerium verweist auf die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern. Dort heißt es, dass in begründeten Fällen auch Maßnahmen der Modernisierung, soweit hierfür eine Rechtspflicht bestehe oder sie zwingend erforderlich sei, gefördert würden.

Diese Vorschrift wird voraussichtlich beim Wiederaufbau Modernisierungen ermöglichen. Ein Beispiel: Hat die Flut eine Jahrzehnte alte Schule an der Ahr zerstört, muss diese nicht eins zu eins wiederaufgebaut werden, sondern nach aktuellen Vorschriften und Gesetzen. Also zum Beispiel mit mehrfachverglasten Fenstern und Dämmungen, die dem heutigen Gebäudeenergiegesetz entsprechen.

Wenn aber eine Kommune die Schule erweitern oder umbauen möchte, müssen die Gelder dafür oft aus anderen Quellen kommen. Die Kommunen an der Ahr könnten neben der Wiederaufbauhilfe dafür auch bereits bestehende Förderprogramme nutzen und mit der Wiederaufbauhilfe kombinieren, schreibt das Ministerium. Dies könnten beispielsweise auch Förderprogramme zur Modernisierung von Gebäuden sein.

Kaum Personal in den Ahr-Kommunen für zusätzliche Förderprogramme

Genau das sei aber oft nicht möglich, heißt es in der Stadtverwaltung von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Allein die Stadtverwaltung soll nach eigenen Angaben bis Mitte kommenden Jahres schon mehr als 1.400 Förderanträge für den Wiederaufbau stellen. Bürgermeister Guido Orthen (CDU) hatte hierfür eine Verlängerung der bisherigen Antragsfrist um mindestens eineinhalb Jahre, also bis mindestens Ende 2024 gefordert. Zusätzliche Förderanträge neben den Anträgen für den Wiederaufbau könne Bad Neuenahr-Ahrweiler wegen der Personalnot in der Verwaltung kaum stellen.

"Das kostet Zeit und nicht selten auch Nerven."

Außerdem, so Orthen, würden sich bei der Kombination von verschiedenen Förderanträgen, die Antragsverfahren häufig verlängern und sich so der gesamte Wiederaufbau verzögern. Die Stadtverwaltung schreibt, dass die Kommunen bei zahlreichen Maßnahmen in Einzeldiskussionen mit den an der Förderung beteiligten Behörden gezwungen würden. "Dies kostet Zeit und die beteiligten, ohnehin überlasteten Kolleginnen und Kollegen nicht selten auch Nerven."

Als Beispiel nennt Orthen den Wiederaufbau einer Flutlichtanlage eines Sportplatzes in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dabei würde der Aufbau komplett neuer LED-Masten gefördert, die Umrüstung der beiden alten Masten, die die Flut überstanden hatten aber nicht.

Forderung: Förderprogramme für den Wiederaufbau zusammenfassen

Der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler wünscht sich deshalb, dass alle bestehenden Programme zur Förderung von Barrierefreiheit über Energiesparen bis Umweltschutz automatisch bei den Anträgen zum Wiederaufbau an der Ahr berücksichtigt werden. Das könnte aus seiner Sicht den bürokratischen Aufwand senken und den Aufbau des Ahrtals schneller möglich machen und zwar so, wie es sich viele Menschen wünschen: besser, moderner und schöner.

Bad Neuenahr-Ahrweiler

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